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Kölner Bürgerzentrum„In der Pandemie haben wir viele Jugendliche verloren”

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Der Gartenbereich des Quäker Nachbarschaftsheims

Köln – Eines will Bernd Naumann gleich zu Beginn des Gesprächs feststellen. „Wir sind keine Sekte.“ Zu oft assoziiere man mit dem Namen des Bürgerzentrums Quäker Nachbarschaftsheim die Mitglieder der religiösen Gemeinschaft, mit denen das Haus im Grüngürtel im Schatten des Fernsehturms nur indirekt etwas zu tun hat. Es waren britische Quäker, die das Zentrum kurz nach dem Zweiten Weltkrieg gründeten. Den Namen habe man als Erinnerung behalten. „Denn ohne diese Menschen gäbe es uns heute nicht.“ Am kommenden Wochenende feiert das Bürgerzentrum nun seinen 75. Geburtstag.

1947 wurde das Heim am Venloer Wall gegründet. Tagsüber war das Haus ein Erholungsheim für unterernährte Kinder, abends kamen Jugendliche, die Abwechslung von der in Trümmern liegenden Stadt suchten. Das Konzept der Offenen Tür war neu in Deutschland. Niemand musste Mitglied im Haus werden, es verstand sich als überkonfessionell und unpolitisch. Die Leitung war international: Einige Engländer, ein Norweger, ein Amerikaner und ein Deutsche gehörten zum Team. Sie wohnten in einem Holzhaus auf dem Gelände.

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In den folgenden Jahren wurde eine Schusterei eingerichtet, ein Kindergarten für die Kinder aus der nahe gelegenen Körnerstraße eröffnet, es begannen Umschulungskurse, in denen Fabrikarbeiterinnen zu Näherinnen ausgebildet wurden. In den 70er und 80er Jahren erweiterte sich die Bandbreite des Angebots insbesondere für Kinder, Jugendliche und Senioren um zahlreiche Aktivitäten: Sport, pädagogische Angebote, Einschulungshilfen, Ferienprogramme, um nur einige zu nennen.

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Leiter Bernd Naumann

1974 zog das Heim um an den heutigen Standort im Grüngürtel. Warum das einst erlaubt wurde, kann Leiter Bernd Naumann nicht nachvollziehen. „Die heilige Kuh Grüngürtel war damals offenbar noch nicht ganz so heilig.“

Neubau im Grüngürtel

Heute zählt das Quäker Nachbarschaftsheim neben dem Bürgerhaus Stollwerck und der Alten Feuerwache zu den drei Bürgerzentren in der Kölner Innenstadt. Es gibt ein Familienzentrum, eine Kita, eine Übermittagsbetreuung und eine Offene Tür für Kinder und Jugendliche und einen Generationentreff. Im Haus stehen den Nutzern unter anderem ein Kraftraum und ein Computerraum zur Verfügung, auf dem Außengelände gibt es einen Blühstreifen und einen Garten.

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Das Quäker Nachbarschaftsheim

Man bietet zudem ambulante Hilfen zur Erziehung an und ist in den Seniorennetzwerken Ossendorf und Vogelsang sowie im Rahmen des Ganztagsangebots des Gymnasiums Kreuzgasse aktiv. Räume können von Gastgruppen wie Selbsthilfegruppen und Chören gemietet werden. Wie auch in der Flüchtlingskrise nach 2015 engagiert sich das Haus auch für ukrainische Geflüchtete. So wird etwa unbürokratisch Kleidung gesammelt, zum offenen Treff kommen bis zu 20 Menschen.

Pandemie war eine Herausforderung

Die Pandemie-Zeit war für das Nachbarschaftsheim eine Herausforderung. Das Bürgerzentrum musste für Wochen und Monate schließen. „Wir haben in dieser Zeit viele Jugendliche verloren“, sagt Naumann. Die Pandemie habe besonders in ärmeren Familien Spuren hinterlassen. Homeschooling und Homeoffice auf begrenztem Raum und fehlende digitale Endgeräte hätten ihnen zu schaffen gemacht. Immerhin habe sich die Stadt als verlässlicher Partner erwiesen und habe Ausfälle aus Vermietungen aufgefangen.www.quaeker-nbh.de