AboAbonnieren

Bewegende SchicksaleNeustart für Flüchtlinge in Ehrenfelder Kleiderkammer

Lesezeit 3 Minuten
Neuer Inhalt (8)

Wolodomyr Daydovich und seine Mutter Moiceepa

Köln – Marian weiß genau, was sie will. In der Ehrenfelder Kleiderkammer des Blau-Gelben Kreuzes läuft die Vierjährige schnurstracks zum Regal mit dem Plüschtier-Drachen und nimmt das Kuscheltier in den Arm. Ein bisschen Trost in einer trostlosen Zeit. Eine Woche lang war sie mit ihrer Mutter Victoria (42) aus dem umkämpften Charkiw in der Ostukraine nach Köln unterwegs. Was sie in Charkiw und auf der Flucht erlebt haben, wollen sie nicht erzählen.

Franziska, die wie die anderen ihren Nachnamen nicht nennen möchte, begleitet Marian und Victoria. Die Ehrenfelderin (42) war am Mittwoch in der Innenstadt unterwegs gewesen, um sich den Dom anzugucken. Am Breslauer Platz, wo Feuerwehr, Hilfsorganisationen und freiwillige Helfer Flüchtlinge aus der Ukraine im Ankunftszentrum unterstützen, traf sie eine Bekannte, die sich für die Geflüchteten engagiert.

Deutsch-Ukrainischer Verein eröffnet Kleiderkammer

„Sie sagte mir, dass es eine Mutter mit Kind gebe, die noch keine Bleibe gefunden hatten“, sagt die Ehrenfeldern. Franziska überlegte nicht lange und nahm Marian und Victoria bei sich auf.

Alles zum Thema Feuerwehr Köln

Man trifft das Trio in der Kleiderkammer des Blau-Gelben Kreuzes, die der deutsch-ukrainische Verein am Donnerstagvormittag im Bürgerzentrum Ehrenfeld (Büze) eröffnete. Hier lagern Hemden, T-Shirts, Hosen, Jacken, Schuhe und vieles mehr, dass in den vergangenen Tagen zahlreiche Kölner dem Verein gespendet haben.

Neuer Inhalt (5)

Fabian Rhiel (v.l.), Linda Mai und Jonathan Sieger

Damit die Menschen nicht mehr ins Logistikzentrum des Vereins an der Marktstraße fahren müssen, hat das Team um die Vorsitzende Linda Mai die Kleiderkammer in Ehrenfeld eröffnet. Hier lässt es sich angenehmer stöbern als in den Lagerhallen in Raderberg.

Zusammenarbeit von Blau-Gelben Kreuz und Bürgerzentrum Ehrenfeld

Fabian Rhiel, der sich als Freiwilliger beim Blau-Gelben Kreuz einsetzt, hatte den Kontakt zwischen Verein und Bürgerzentrum hergestellt. Der Leiter des Bürgerzentrums Jonathan Sieger ist ein Freund Rhiels. Rhiel selbst hatte in den Jahren 2019 und 2002 selbst in Kiew als Mitarbeiter der Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit gelebt. Er hat Freunde in Kiews Nachbarstadt Irpin, wo Russen und Ukrainer kämpfen und die Zivilbevölkerung leidet. „Fabian, es ist der Horror“, hatte ihm ein Bekannter über die sozialen Medien nach dem russischen Überfall geschrieben.

Mit Frau und seinen Töchter (3 und 6) saß der Freund tagelang im Keller und hörte wie die Raketen über das Haus flogen. Vor kurzem kam die gute Nachricht, dass es zumindest Frau und Kinder über die rumänische Grenze geschafft haben.

Neuer Inhalt (2)

Die Regale sind voll mit gespendeten Pullovern und T-Shirts.

In die Kleiderkammer kommt auch Wolodymir Davydovich (14) und seine Mutter Moiceepa (41). Der Junge erzählt in gutem Englisch, dass sie aus einer Stadt in der Nähe von Odessa kommen, von Bombenangriffen und toten Freunden und dass sie vier Tage lang auf der Flucht waren. Über die moldawische Grenze, den Balkan und Österreich haben sie es nach Köln geschafft. Ihren gesamten Besitz mussten sie zurücklassen, haben nur noch einen Koffer mit den nötigsten Dingen.

Die kleine Familie ist nun froh, dass sie sich mit Kleider eindecken können. Es dauert nicht lange, bis sie drei Taschen mit Hemden, T-Shirts und Schuhen vollgepackt haben. Nachdem sie nun das Wichtigste für einen Neustart zusammenhaben, erzählt der Junge von seinen Plänen. „Ich will wieder zur Schule gehen.”

Das könnte Sie auch interessieren:

Vorsitzende Linda Mai freut sich, dass mit der Kleiderkammer die Flüchtlinge nun einen Ort haben, wo sie sich versorgen können. „Die Menschen müssen nicht mehr frieren“, sagt sie. Besonders das Schicksal der Kinder bewegt sie. „Viele haben ihr Lachen verloren. Es ist traurig zu sehen, wie schnell sie erwachsen werden müssen.“ Derzeit seien die Lager des Vereins allerdings voll, so dass keine Sachspenden abgekommen werden. Gesucht werden dagegen noch freiwillige Helfer, die in der Kleiderkammer arbeiten.

Kleiderkammer des Blau-Gelben Kreuzes, Bürgerzentrum Ehrenfeld, Venloer Straße 429; www.bgk-verein.de