Kölner Corona-Protokolle„Ich habe schon einige Insolvenz-Unterlagen ausgefüllt“
Köln – Vor ein paar Wochen war ich kurz davor, Insolvenz anzumelden, einige Unterlagen hatte ich schon ausgefüllt. Meine Steuerberaterin hatte mir zum wiederholten Male dazu geraten. Eine Insolvenz ist allerdings kompliziert und muss gut überlegt sein: nur Geschäftsinsolvenz oder auch gleich eine Privatinsolvenz? Für die eine hätte ich erst einmal 3000 Euro haben müssen, um die Gerichts- und Verfahrenskosten zu decken – die habe ich aber nicht. Woher soll ich sie nehmen? Mein Vermieter stundet schon die Miete, trotzdem wächst der Schuldenberg weiter. Außerdem weiß ich nicht, was dann werden würde. Das Café war und ist mein Lebenstraum. Nach langem Überlegen habe ich den Insolvenzantrag noch einmal verschoben.
Nächste Augen-Operation steht an
Dass die Einnahmen hinten und vorne nicht reichen, liegt nicht nur am Lockdown, der nicht enden will, sondern inzwischen auch an den Öffnungszeiten: Ich mache das Café seit vier Wochen nur noch samstags und sonntags auf. Weil der To-go-Betrieb sich unter der Woche kaum noch gelohnt hat – und auch, weil es mir gesundheitlich nicht besonders gut geht. Zum einen steht eine weitere Augen-Operation an, mein rechtes Auge hat noch fünf bis zehn Prozent Sehkraft, die Netzhaut hat sich schon mehrfach abgelöst – und jetzt gibt es unterschiedliche Meinungen darüber, was Sinn macht, um einen Rest Sehkraft zu retten. Am 18. Mai gibt es nochmal eine Untersuchung, danach muss ich mich entscheiden.
Gedankenkarussell und Schlafstörungen
Zum anderen kann ich seit vielen Wochen nicht richtig schlafen, wache nachts auf, und dann kreisen die Gedanken. Wie kann es weitergehen? Was wäre, wenn der Laden kaputt geht? Was kannst du noch probieren? Im Moment versuche ich es mit Fruchtlikören und Marzipantörtchen mit Obst. Vor allem die Törtchen kommen sehr gut an. Bald will ich Smoothies machen.
Es ist ja nicht so, dass keine Leute kämen: Sonntags steht manchmal eine lange Schlange vor dem Laden, das Geschäft mit Kuchen und Torten läuft gut. Aber das reicht eben bei weitem nicht, um die Kosten zu decken. Nur ein paar Beispiele: Schon vor Monaten habe ich eine Bestellung bekommen für eine riesige Hochzeitstorte, für 350 Euro. Wurde natürlich storniert, weil die Feier nicht stattfinden darf. Fast alle Bestellungen für Geburtstagsfeiern oder Hochzeiten fallen weg. Die Kaffeetafeln am Wochenende, für die man sich mit acht oder zehn Leuten getroffen hat – gibt es gerade nicht. Der Kaffeeverkauf, der eine relativ hohe Marge bringt: Ist auf ein Minimum zurückgegangen.
Impfung als Hoffnungsschimmer
Natürlich ziehen sich die Kunden im Lockdown auch immer mehr zurück. Wenn man im Homeoffice ist, holt man sich nicht mal schnell einen Kaffee und geht mittags auch nicht mehr essen – was unser Mittagstischangebot eigentlich überflüssig macht. Wenn ich nach links und rechts gucke, sieht es natürlich ganz ähnlich aus.
Leider macht es mich auch nicht optimistisch, dass die Außengastronomie bei einer Inzidenz unter 100 wieder öffnen darf – und Geimpfte und Schnellgetestete dann irgendwann wieder Kaffee trinken dürfen. Wer will schon auf Dauer einen Schnelltest machen, um einen Kaffee zu trinken? Normalität kehrt erst zurück, wenn der ganze Spuk vorbei ist – und das wird, glaube ich, nicht sobald der Fall sein, auch wenn gerade viel geimpft wird. Ob es unser Café dann noch gibt, ist total offen.
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Dafür spricht, dass ich gern weitermachen würde und weiß, dass es mir ohne das Café und eine andere Perspektive vermutlich schlechter gehen würde. Dagegen sprechen die Situation, die sich nicht entscheidend bessert, und meine Gesundheit. Eigentlich bräuchte ich dauerhaft noch eine Festangestellte – dafür müsste das Geschäft so gut laufen wie vor der Krise. Immerhin bin ich zum ersten Mal geimpft worden und fühle mich in dieser Hinsicht sicherer. Ein kleiner Hoffnungsschimmer.