Zur Förderung der DemokratieKölner Ehepaar spendet dem EL-DE-Haus 100.000 Euro
Köln – Werner Jung ist ein unaufgeregter Mensch. Dabei hat der Direktor des Kölner NS-Dokumentationszentrums Anlass genug zu Wut und Empörung – über extremistische Gewalt bis hin zum Mord, Bagatellisierung und Leugnung des Holocaust, Antisemitismus, Rassismus, in Deutschland, in Köln – in der Geschichte und in der Gegenwart. Das EL-DE-Haus dokumentiert, was Menschen Menschen antun, aus Hass, Eigennutz oder Gleichgültigkeit. Aber auch wie Menschen Menschen schützen, aus Anstand, Mut und Mitgefühl.
Geld für das EL-DE-Haus zur Stärkung der Demokratie
In seiner Haltung ist Jung entschieden und darf sich ermutigt fühlen: Die Zahl derer, die sich im ehemaligen Kölner Gestapogebäude geistig ertüchtigen lassen gegen die braune Vergiftungsgefahr, sie wächst. Und es gibt Menschen, denen Jungs Haltung derart imponiert, dass sie dem EL-DE-Haus kurzerhand 100.000 Euro bereitstellen – zur Stärkung der Demokratie.
Als Barbara Schuster und ihr Mann Ludwig Engels im „Kölner Stadt-Anzeiger“ von Werner Jungs Plänen lesen, das NS-Dok zu einem „Haus für Erinnern und Demokratie“ weiterzuentwickeln und von seiner Zuversicht, dass die noch fehlenden 450.000 Euro „schon irgendwie zusammenkommen“, da melden sich die beiden spontan bei ihm. „Diese Zuversicht hat uns gefallen.“
Schuster und Engels möchten etwas zurückgeben
Barbara Schuster und Ludwig Engels kennen das EL-Haus seit Jahren. Sie sind bekennende Kölner, auch wenn ihr Berufs- und Lebensweg sie erst spät zusammen- und zurück nach Köln geführt hat, wo sie in den 60er Jahren beide Wirtschaftswissenschaften studierten. Nach ihrem Berufsleben schauten sie zurück und stellten fest: „Wir hatten ungeheures Glück und die Gnade der späten Geburt“.
Nach dem Krieg geboren, zum Studium ermutigt, beruflich erfolgreich – „wir haben alles gehabt: Frieden, Freiheit, Wohlstand“, sagen sie. Und die beiden sind sich einig: „Etwas möchten wir zurückgeben. Dankbarkeit ist für uns ein sehr starkes Motiv. Die Töchter sind beruflich erfolgreich und versorgt. Als wir ihnen erklärten, was wir machen wollen, haben sie gesagt: Prima, macht das!“
Spendenbereitschaft des Kölner Ehepaars ist groß
Vor zwölf Jahren gründeten sie bereits die „Engels-Schuster-Stiftung für starke Kinder“, eine Treuhand-Stiftung unter dem Dach der Caritas, die sich für die Förderung von Kindern engagiert, die in schwierigen Lebensverhältnissen leben und die Chance erhalten sollen, ihr Selbstwertgefühl und ihr Selbstbewusstsein durch Musik oder Tanz zu entwickeln.
Auch das Haus der Offenen Tür in der Elsass-Straße erhält ihre Zuwendungen, insbesondere die Hausaufgabenhilfe und das Tonstudio, in dem junge Rapper ihre Auftritte vorbereiten. „Da gibt es Kinder, die Zuhause keinen Platz oder keine elterliche Hilfe haben, sich in Ruhe auf die Schule vorzubereiten. Die Kinder können drei Stunden am Nachmittag unter fachlicher und pädagogischer Anleitung ihre Aufgaben machen.“
EL-DE-Haus mit Bedacht ausgewählt
Für das Ehepaar ist nun die Unterstützung der demokratischen Entwicklung junger Menschen ein weiterer, folgerichtiger Schritt, so Barbara Schuster: „Das haben wir mit Bedacht ausgewählt“, auch vor dem Hintergrund dessen, was sich in Deutschland derzeit politisch breit macht. „Wenn wir unsere Demokratie schützen wollen, müssen wir die Jungen von ihr überzeugen. Als wir gelesen haben, wie sich das EL DE-Haus weiterentwickeln will, haben wir gesagt, dazu wollen auch wir einen Teil tun.“
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Für Zeitgeschichte und die aktuelle politsche Entwicklung haben sich beide schon in ihrer Schulzeit interessiert. „Meine Schuldirektorin war Mitbegründerin der Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit“, sagt Barbara Schuster. „Wir haben uns schon in 50er Jahren mit dem Holocaust und auch mit dem Schicksal Kölner Juden beschäftigt.“ Ludwig Engels ging in Eschweiler zur Schule: „Unsere Lehrer waren alle Kriegsheimkehrer, die ihre Geschichten erzählten. Aber ich erinnere mich auch, wie mein Großvater mal sagte: »Ich weiß nicht, wie ich mich verhalten hätte, wenn ich Sekretär bei der Stadt gewesen wäre.«“ Heute müssen sie hin und wieder feststellen, „wie wenig Kölner unserer Generation tatsächlich über diese Zeit wissen“.
Werner Jung ist der Stadt und den Bürgern dankbar
Barbara Schuster war im Bundesumweltministerium Leiterin der Naturschutz-Abteilung und ehrenamtlich aktiv in der Flüchtlingshilfe. Ludwig Engels managte international tätige Maschinenbau-Unternehmen. Sein Denken und Handeln ist christlich geprägt.
Für das EL-DE-Haus spielen Stifter wie das Ehepaar Schuster-Engels eine große Rolle, sagt Werner Jung. Wirtschaftsunternehmen, Banken oder Versicherungen scheuten offenbar ein Engagement. „Wir werden vor allem von der Stadt und der Bürgerschaft gefördert, von unserem Förderverein, von der Bethe- und der Imhoff-Stiftung.“ 2018 konnte so eine Spendenaktion mit 17 kölschen Bands und Künstlern einen erheblichen Betrag einsammeln, der dann vom Stifterehepaar Bethe auf 143.538 Euro verdoppelt wurde.
Und natürlich ist die hohe Zuwendung von Barbara Schuster und Ludwig Engels „mehr als willkommen“, so Werner Jung. Das Erinnern an die NS-Zeit soll in den oberen beiden Stockwerken des EL-DE-Hauses mit der verstärkten Förderung der Demokratie verzahnt werden. Ein Angebot, das sich in erster Linie an Jugend-Gruppen richtet. Junge Menschen sollen dort demokratische Prozesse und Strukturen selbst verhandeln, durch spielerisches, selbstforschendes Lernen.
Jung: Jugendliche brauchen die richtigen Angebote
„Ich bin fest davon überzeugt, dass Jugendliche auch an diesen schwierigen Themen wirklich interessiert sind“, sagt Jung. „Wir müssen uns nur bemühen, ihnen das richtige Angebot zu machen.“ Nein, er sei – bei allen aktuellen Problemen der Demokratie – keineswegs defätistisch. „Wir Demokraten sind die Mehrheit!“ Und was, wenn man fragen darf, fehlt ihm denn nun noch in der Kasse? „Ach fragen Sie nicht. Es wird sich schon finden.“ Jung lächelt hinüber zu Barbara Schuster und Ludwig Engels. „Ich setze auf selbstbewusste Leser des »Kölner Stadt-Anzeiger«“.