Köln – Es ist ein Fall, der als Musterbeispiel dafür gelten kann, worum es in der #MeToo“-Debatte geht. Am Montag hatte sich Herbert G., ein Mann in den Fünfzigern, der bei der Berufsfeuerwehr eine leitende Funktion hat, vor dem Kölner Amtsgericht wegen sexueller Belästigung zu verantworten. Zwar wurde das Strafverfahren eingestellt, allerdings nur gegen eine gewichtige Auflage: Herbert G. (Name geändert) muss der 35-jährigen Frau, die als Nebenklägerin auftrat, zusätzlich zu den 500 Euro, die bereits geflossen sind, 2500 Euro Schmerzensgeld zahlen.
Dieser Betrag war zuvor zwischen den Prozessparteien als Vergleichssumme ausgehandelt worden. In einem so genannten Adhäsionsverfahren, bei dem zivilrechtliche Ansprüche unmittelbar im Strafprozess geltend gemacht werden können, hatte die Anwältin der Frau mehr Geld gefordert, unter anderem die Erstattung der Kosten, die ihrer Mandantin durch Gespräche mit einer Psychologin entstanden seien.
Opfer wehrt sich gegen Umarmung
Aus der Begründung des Adhäsionsantrags ging hervor, was am 2. November des vergangenen Jahres passiert sein soll. Damals machte die 35-Jährige bei der Berufsfeuerwehr eine Ausbildung, die Herbert G. leitete. Der Vorwurf: Am Vormittag jenes Donnerstags bat er sie unter einem Vorwand in sein Büro. In dem engen Raum stellte er sich so vor sie, dass sie nicht zurückweichen konnte, fragte, was sie in den nächsten Tagen vorhabe, und schlug ihr vor, zusammen eine Sauna zu besuchen. Peinlich berührt lehnte sie ab. Nun fasste er sie am Arm und zog sie zu sich heran. Sie wehrte sich gegen die beabsichtigte Umarmung. Das hinderte ihn nicht daran, ihr einen Kuss auf die rechte Wange zu geben. Soweit das Geschehen, wie es im Antrag geschildert ist.
Die Anwältin prangert darin an, Herbert G. habe das hierarchische Verhältnis zu ihrer Mandantin ausgenutzt, die als Ausbildungsbeamtin noch keine Zusage gehabt habe, übernommen zu werden. Die Folgen für die Frau seien gravierend gewesen. Sie sei aus dem Ausbildungsgang „entfernt“ worden und habe nur dadurch den entsprechenden Ausbildungsabschnitt erfolgreich beenden können, dass sie sich den Lernstoff alleine angeeignet habe.
Für eine „einfache Lösung bereit”
Als Folge des Übergriffs sei ihre Leistungsfähigkeit beeinträchtigt gewesen, und sie habe die Abgabefrist für ihre Facharbeit verlängern müssen. Die „erheblichen Auswirkungen auf die Laufbahn“ seien einhergegangen mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen.
Herbert G. sagte kein Wort zur Sache. Stattdessen redete sein Verteidiger. Nachdem die Geldforderung im Raum stand, sagte er, man sei „für eine einfache Lösung bereit“, und es sei „denkbar“, sich auf halbem Weg zu treffen. Dem Vergleich stimmte dann auch die 35-Jährige zu; diese wolle „endlich einen Schlussstrich ziehen“, sagte ihre Anwältin. Die Einigung erspare es ihr, als Zeugin auszusagen, merkte der Amtsrichter an: „Das wäre nicht unbedingt eine schöne Situation für Sie geworden.“