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Kölner GastronomenGroße Sorgen und offene Fragen vor dem Neustart

Lesezeit 5 Minuten
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Josef Rayes bereitet seinen Biergarten am Aachener Weiher auf die eingeschränkten Möglichkeiten zum Ausschank vor.

  1. Von Montag an dürfen Biergärten, Restaurants und Cafés in Köln wieder öffnen.
  2. Die Auflagen sind streng, die Möglichkeiten begrenzt. Und wer überprüft überhaupt, ob die Regeln eingehalten werden?
  3. Wir haben mit Kölner Gastronomen über ihre Sorgen, offene Fragen und Herangehensweisen gesprochen.

Köln – „Es wird sehr schwierig“, sagt der Kölner Gastwirt Josef Rayes. Gerade hat er mit seinen Mitarbeitern überlegt, wie es ab Montag losgehen kann. Auch wenn die Landesregierung am Donnerstag „wenig belastende Vorgaben“ versprach, wird die Wiedereröffnung der Restaurants und Cafés in der Praxis eine komplizierte und wenig lukrative Angelegenheit.

Rayes betreibt den Biergarten am Aachener Weiher in Köln. 900 Plätze konnte er in Vor-Corona-Zeiten besetzen. Von Montag an werden es erst einmal nur 300 sein können. Die Abstandsregel zwingt zur drastischen Reduzierung. Jeden Gast mit Namen zu registrieren, wird eine weitere Herausforderung. „Da muss ich eine Sekretärin einstellen“, so Rayes.

Wie man da schnell wieder zu Umsatzzahlen aus alten Zeiten kommen kann, wie es NRW-Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart hofft, bleibt offen. Er versuchte in seiner Medienkonferenz am Donnerstagnachmittag, Optimismus zu verbreiten. Begeisterung löste er damit nicht aus. „Der logistische Aufwand, den wir betreiben müssen, wird enorm sein“, sagt Maureen Wolf, die Wirtin des Restaurants „Bei Oma Kleinmann“ im Kölner Studentenviertel. Hier hat man viele kreative Ideen für den Neustart, aber auch viele offene Fragen. Was muss wie gespült werden? Besteht Mundschutzpflicht für die Mitarbeiter? Können Plexiglasscheiben zwischen den Tischen die Abstandsregel ersetzen? Und wenn ja: Wo bekomme ich das Plexiglas her? Der Markt ist offenbar leer gefegt, sagt Wolf.

Kölner Gastronomen stehen vor organisatorischen Problemen

„Prozesse, die sich in den letzten Jahren etabliert haben, werden komplett über den Haufen geworfen“, sagt Tim Forschbach vom Wirtshaus am Brühler Kaiserbahnhof. „Unser Job ist es ja eigentlich, Service zu bieten. Aber jetzt kriegen wir Anspruch und Umsetzung nicht vereint.“ Oliver Röder und Johannes von Bemberg, die Inhaber des Restaurants „Landlust“ und der Sterne-Gastronomie „Bembergs Häuschen“ auf Burg Flamersheims sehen ein weiteres Problem: Bis Montag alle Lieferketten zu den ausgewählten regionalen Produzenten wieder aufzubauen, sei kaum möglich. „Dafür brauchen wir eigentlich zwei Wochen.“

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Mehr Aufwand, weniger Tische – da wird das Geschäft schnell unwirtschaftlich. „Von dem, was eingenommen wird, können wohl nur die Pächter der Lokale leben“, glaubt Wolf. Die meisten Mitarbeiter, die in Kurzarbeit geschickt oder als Aushilfen entlassen wurden, könnten angesichts dieser Vorgaben wohl nicht wieder beschäftigt werden.

Für Lokale, die nicht allein von der abendlichen Kundschaft leben, wird es noch schwieriger. Das Land lockert zwar die Kontaktsperre, doch da Geschäftspartner nur selten in häuslicher Gemeinschaft leben dürften, bleiben hier die Möglichkeiten doch stark eingeschränkt. Josef Rayes ist auch Wirt des „Consiliums“ am Kölner Rathaus: Hier sitzen sonst Politiker zusammen. Wichtige Einnahmequellen sind auch Hochzeitsgesellschaften, die hier feiern. Beides ist weiterhin schwierig oder nicht erlaubt.

Unklar bleibt die Lage für die Lokale, die vor allem vom Getränkeverkauf leben. Im oberbergischen Marienheide hat Heike Pahle in ihrem „Türmchen“ den Tresen mit einem Klebeband so aufgeteilt, dass dort nur noch sechs Gäste mit mindestens anderthalb Meter Abstand nebeneinander stehen. „An der Theke wird es künftig nicht mehr so gesellig zugehen wie gewohnt“, sagt sie. Knapp 40 Gäste haben normalerweise im „Türmchen“ Platz, vorerst dürfen es nur noch 15 sein. „Ich bin trotzdem froh, dass ich loslegen darf, wenn auch unter strengen Hygienevorschriften.“

Unklarheit über Kontrolle der Auflagen

Wie die Vorschriften kontrolliert werden, weiß noch keiner so genau. Wer nicht den Zugang über die Platzzuweisung an Tischen regeln kann, darf nicht öffnen. Alle anderen Vorgaben sind schwieriger zu überprüfen: Kommt das Ordnungsamt mit dem Zollstock vorbei? Prüft das Gesundheitsamt die Spülwasser-Temperatur? Solange es keine rechtsverbindlichen Regeln gibt, könne man zu diesen Fragen nichts sagen, so ein Sprecher der Stadt Köln.

Angesichts der Probleme wundert es nicht, dass der Hotel- und Gaststättenverband in NRW seine Forderung nach finanziellen Hilfen für die Gastronomie erneuerte. Die Lockerungen ohne ein begleitendes Rettungspaket seien nichts wert. Die Mehrwertsteuersenkung und Erleichterungen wie der in Köln geplante Gebührenerlass für die Außengastro seien gut, aber nicht ausreichend. Wirtschaftsminister Pinkwart machte keine Zusagen. In der Bundesregierung werde über Hilfen für Härtefälle nachgedacht.

Was Lokale ab Montag sicherstellen müssen

Am kommenden Montag können Gaststätten in NRW wieder öffnen. Die Wirte müssen zuvor ein „Hygiene-Konzept“ erarbeiten. Welche Anforderungen es gibt, war am Donnerstag noch unklar. Sie werden vom Gesundheitsministerium festgelegt. Die Städte und Kreise müssen kontrollieren.

Für den Betrieb der Lokale müssen weitere Bedingungen erfüllt werden, damit sich die Gäste nicht zu nah kommen. Zwischen den Tischen muss anderthalb Meter Abstand sein – gemessen von Rückenlehne zu Rückenlehne. Die Sitzplätze werden am Eingang des Lokals zugewiesen, nachdem der Platz desinfiziert wurde. Die Namen der Gäste müssen registriert werden, damit sie gegebenenfalls informiert werden können, falls sich herausstellt, dass ein anderer Besucher infiziert war. In den Lokalen gelten die gleichen, etwas gelockerten Kontaktsperreregeln wie im öffentlichen Raum: Menschen aus zwei verschiedenen Haushalten können zusammen an einem Tisch sitzen. Größere Feiern bleiben verboten. (fra)

Die Opposition im Landtag kritisierte, dass die Landesregierung keine fertigen Pläne vorlegen konnte: „Es wäre die Aufgabe des Landes gewesen, in der zurückliegenden Wochen wirksame Konzepte zu entwickeln, die die Rahmenbedingungen verlässlich klären“, sagte Mehrdad Mostofizadeh, gesundheitspolitischer Sprecher der Grünen, dem „Kölner Stadt-Anzeiger“.

„Die Gastronomen warten nicht nur händeringend auf eine Wiederöffnung, sondern genauso auf klare Konzepte unter klaren Bedingungen. Diese Konzepte hätten längst auf dem Tisch liegen können, damit die Gastwirte Zeit gehabt hätten, sich vorzubereiten.“ Frank Sundermann, wirtschaftspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion, sieht das ähnlich: „Das geht jetzt mal wieder alles holterdiepolter. Es ist ja nicht damit getan, ein paar Tische auseinanderzuschieben. Wenn immer erst der Termin gesetzt wird und erst danach über ein Konzept nachgedacht wird, dann ist das einfach schlecht.“ (mit ag, nip, sli)