Kirsten Jahn tourt diese Woche durch die Kölner Grünen. Wird die frühere Fraktionschefin im Rat am Wochenende zur Co-Parteichefin gewählt?
Kölner Grüne „gespalten“Lob für Jahns Auftritt vor Mitgliedern – aber auch Sorge um Beschädigung

Im Jahr 2018: Der damalige Grünen-Fraktionsgeschäftsführer Jörg Frank und die damalige Fraktionschefin Kirsten Jahn.
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Die wegen ihrer Beteiligung an der Stadtwerke-Affäre im Jahr 2018 umstrittene Kandidatin für den ehrenamtlichen Co-Parteivorsitz der Kölner Grünen, Kirsten Jahn (48), will aktuell öffentlich nichts sagen. Das teilte sie am Mittwoch auf Anfrage mit.
Jahn stellt sich diese Woche in zehn Terminen mit unter anderem den Kandidaten Cyrill Ibn Salem (Co-Vorsitz, 32) und Sarah Brunner (politische Geschäftsführerin, 39) den Fragen der Ortsverbände.
Die frühere Fraktionschefin Jahn (2014 bis 2019) will so vor der Mitgliederversammlung am Samstag und Sonntag die Vorbehalte gegen ihre Person ausräumen — denn rund 50 Mitglieder haben offiziell die Vertagung der Wahl gefordert. Sie begründeten ihren Antrag damit, dass Jahn ihre Kandidatur erst 17 Tage vor dem Wahltermin bekannt gegeben hat.
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Ex-Parteichef Schwanitz untersützt Vertagungsantrag
Unter den Initiatoren sind auch drei Grünen-Mitglieder des Stadtrates — und zwar Derya Karadag, Sandra Schneeloch und Hans Schwanitz, der von 2012 bis 2016 selbst Parteichef war. Am Ende entscheiden die Mitglieder auf dem Parteitag, ob sie der Vertagung zustimmen.
Auf die Frage, ob eine Vertagung Jahn beschädige, sagte Sabine Ulke: „Ja, das könnte sie beschädigen. Aber durch die vielen Berichte zu ihrer Kandidatur kann man sie eigentlich nicht noch mehr beschädigen.“ Ulke sitzt für die Grünen in der Bezirksvertretung Mülheim und gehört zu den Mitgliedern, die mit dem Antrag eine Vertagung gefordert haben. Sie bezeichnet die Grünen in der Frage als „gespalten“.
Kölner Grüne: Lob für Jahns Auftritt
Am Dienstagabend stellten sich unter anderem Jahn, Salem und Brunner dem Ortsverband Rodenkirchen. Dessen Sprecher Karsten Heppner bescheinigte Jahn einen „überzeugenden Auftritt“. Heppner gehört wie Ulke zu den Initiatoren der möglichen Vertagung. Die Frage, ob er die Vertagung nach Jahns Auftritt immer noch fordert, wollte Heppner nicht beantworten.
Wie berichtet, unterstützt die Partei-Prominenz Jahns mögliches Comeback in führender Position. Dazu zählen unter anderem Bundestags-Fraktionschefin Katharina Dröge oder Bundestagsmitglied Sven Lehmann.
Viele Fragen in der Partei?
Vor der terminierten Wahl am Wochenende stellen sich mehrere Fragen und mehrere Szenarien sind denkbar, die zu hören sind: Zieht die Parteispitze die Wahl durch oder setzt sie sie vorher ab? Hält Jahn an ihrem Plan fest?
Lassen die Initiatoren des Antrags auf Vertagung ihr Ansinnen fallen, weil Jahn die Vorbehalte diese Woche ausräumen konnte? Oder kommt es tatsächlich zur Abstimmung über die Vertagung? Und: Lehnen die Mitglieder die Vertagung ab, riskiert Jahn dann ein schlechtes Ergebnis bei der folgenden Vorstandswahl?
Drei Kritikpunkte an Jahns Kandidatur
Wie berichtet, gibt es drei Kritikpunkte an Jahns Kandidatur. Erstens: Sie verantworte mit den Spitzen der Fraktionen von Grünen, CDU und SPD 2018 die Stadtwerke-Affäre. Im Zentrum stand die Schaffung des Posten des neuen hauptamtlichen Geschäftsführers der Stadtwerke für den damaligen Chef der SPD-Fraktion im Stadtrat, Martin Börschel – ohne Ausschreibung. Doch der Deal wurde öffentlich und platzte.
Zweitens: 2019 wechselte Jahn als Geschäftsführerin zum überwiegend aus Steuergeld finanzierten Lobbyverein Metropolregion Rheinland, bei dem die Stadt Köln Mitglied ist. Es bewarben sich zwar mehrere Interessenten, doch laut Jahn gab es keine Ausschreibung für den hoch dotierten Posten.
Und drittens: Jahn sitzt seit 2020 im Stadtentwicklungsausschuss des Stadtrates, seit 2022 arbeitet sie aber beim Immobilienunternehmen Osmab, das in Köln viel baut. Einen Interessenskonflikt wies die Grünen-Fraktion damals zurück.
Vorige Woche hatte Jahn über die Stadtwerke-Affäre gesagt: „Ich bin jetzt gefestigter als damals. Ich hoffe, die Mitglieder nehmen mein Angebot an, aber am Ende ist es eine demokratische Wahl.“