Die Rettung des SchmuddelkindesSo sah der Kölner Hauptbahnhof vor 20 Jahren aus
- Drei Jahre lang mussten Bahnreisende durch Schutt und Baustellen geschleust werden, bis der neue Kölner Hauptbahnhof fertiggestellt war.
- Er wurde beworben als „größter und schönster Bahnhof Deutschlands“.
- Doch vor 20 Jahren sah der Kölner Hauptbahnhof noch ganz anders aus. Eine Zeitreise.
Köln – An diesem Tag vor 20 Jahren sammelte Köln so viel Lob und Superlative wie kaum an einem anderen. Bundesverkehrsminister Reinhart Klimmt, Ministerpräsident Wolfgang Clement und der damals neue Bahnchef Hartmut Mehdorn waren gekommen, um den „größten und schönsten Bahnhof Deutschlands“ einzuweihen – ein glänzendes Vorbild für weitere 50 Bahnhöfe in ganz Deutschland sollte er sein.
Drei Jahre hatte der Umbau gedauert, drei Jahre lang waren die Fahrgäste durch Schutt und Baustellen geschleust worden, 200 Millionen Mark hatte das Projekt verschlungen.
Großer Sprung für Köln
Aus dem Schmuddelkind mit den vielen toten Ecken war eine lichte Halle mit Geschäften und sauberen Imbissen geworden. Plötzlich gab es Chopsuey und Cappuccino unter den Gleisen – wehte da nicht ein Hauch von weiter Welt, wie es auf einem Bahnhof doch gerade sein muss?
Was dem Besucher heute ganz normal erscheint, war damals tatsächlich ein großer Sprung. Denn bis dahin war die Bahnhofshalle wirklich zum Fürchten. Beton- und Kachel-Tristesse, bedrückende 70er-Jahre-Zwischendecken, blinde Fenster ins Nirgendwo. Alles wirkte, als sei es seit Jahren nicht gesäubert worden. Das ganze Gebäude schien zu schreien: „Alle bitte so schnell wie möglich wieder hier heraus. Was kümmert mich schon der Fahrgast!“
Jahrzehntelang war der Hauptbahnhof vernachlässigt worden. Die Menschen schlichen durch dunkle, zu schmale Gänge, während riesige Seitenflächen von der Bahn für Baumaterial und Maschinen genutzt wurden. Die denkmalgeschützte Eingangshalle, die 1957 eröffnet worden war und durch ihre markante, schalenförmige Dachkonstruktion und die hohe, voll verglaste Fassadenfront zum Bahnhofsvorplatz glänzen sollte, konnte das Gesamtbild da nicht retten.
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Der „Kölner Stadt-Anzeiger“ schrieb damals: „Wer in die Eingeweide dieses Tempels hinabstieg, fühlte sich gleich weniger erhaben. Er geriet hinein in einen muffigen Menschenstrom, der sich träge durch zu enge Gänge schob, auf schäbige Kacheln, triste Schließfächer stierte und von Neonlicht beschienen wurde. Oben luftig und himmelwärts strebend, unten gedrängt und geduckt, so präsentierte sich der Kölner Hauptbahnhof.“
Nebengänger im Kölner Bahnhof wurden heller
Durch den Umbau wurde vor allem die Hauptachse des Gebäudes lichter gestaltet und die Nebengänge ihrer Schrecken beraubt. Plötzlich wandelte man über hellgrauen Granit aus Brasilien, die Wände waren mit Sandstein verkleidet.
Es zogen nicht nur Restaurants, sondern auch viele Läden ein – Mode, Schuhe, Geschenke, Drogerieartikel. Colonaden nannte man das – eine Wortschöpfung aus Colonia und den Kolonnaden, den nun sichtbaren gemachten Stahlträgern.
In NRW war Köln ein Vorreiter
Und um noch einmal zu den Superlativen zu kommen: Köln bekam die erste vollautomatischen Gepäckaufbewahrungsanlage Europas: An Terminals konnte und kann der Reisende per Chipkarte sein Gepäck abgeben und abholen. Gelagert werden die Koffer in computergesteuerten Hochregalen im Keller. Am Anfang hakte das System allerdings, das Gepäck musste nachgeschickt werden.
Köln bekam als erster Bahnhof in NRW eine Lounge für Erster-Klasse-Fahrgäste. Die befindet sich noch immer an Gleis 1. Und auch ein besonders heikles Problem wurde angegangen. Die Toiletten hießen nun „McClean“, kostete zwei Mark statt vorher 50 Pfennig, waren dafür aber wirklich sauber. Außerdem wurde ein modernes Reisezentrum für die Beratung eingerichtet. Der Hauptbahnhof hatte seinen schmierigen Trauerschleier verloren. Auch wenn Nostalgiker monieren, nun sehe es aus wie auf einem Flughafen.
Mit (in normalen Zeiten) täglich etwa 350.000 Reisenden und Besuchern sowie rund 1200 An- und Abfahrten ist Köln einer der meistfrequentierten Fernbahnhöfe Deutschlands. Heute geht man auch in die Halle, wenn man gar nicht mit der Bahn fahren muss – zum Beispiel, um noch schnell etwas einzukaufen.
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Das Angebot ist über die Jahre relativ stabil geblieben. Zuletzt macht die Schließung der Blumengeschäfts Pitschak in der Eingangshalle Schlagzeilen – die Miete war einfach zu hoch. Und auch die Traditionsbuchhandlung Ludwig war kurz in Gefahr, weil sie Platz für die Bundespolizei machen sollte. Ludwig hatte schon 1947 im Hauptgang seinen ersten Verkaufsstand eröffnet. Zuletzt hieß es, im Herbst 2020 werde Ludwig nicht aus-, sondern an einen anderen Standort im Bahnhof umziehen.
Die große Buchhandlung musste wegen der Corona-Krise wie auch einige andere Geschäfte in der Halle schließen, zur Zeit ist nur das Pressegeschäft geöffnet. Nach den Lockerungen werden wohl ein paar weitere Läden wieder aufmachen – das liegt aber ganz in der Entscheidung der Mieter, wie ein Bahnsprecher sagte. Denn noch fehlt der gewohnte Menschenstrom in den Colonaden.