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Ort des „Empowerments“Ministerin Paul besucht landesweit erste „Schwarze Bibliothek“ in Köln

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Zu sehen sind die NRW-Gleichstellungsministerin Josefine Paul und Glenda Obermuller, Leiterin der Theodor Wonja Michael Bibliothek.

NRW-Gleichstellungsministerin Josefine Paul (rechts) besuchte die Theodor Wonja Michael Bibliothek und ihre Leiterin, Glenda Obermuller (links).

Anlässlich des „Black History Month“ sprach die NRW-Gleichstellungsministerin Paul mit der Leiterin der „Schwarzen Bibliothek“ in Köln.

Vor rund zwei Jahren wurde an der Victoriastraße die erste „Schwarze Bibliothek“ in Nordrhein-Westfalen eröffnet. Die „Theodor Wonja Michael Bibliothek“ unter dem Dach des Vereins „Sonnenblumen Community Development Group“ hat sich zum Ziel gesetzt, ein vorurteilsfreies Bild von Afrika und den Menschen mit afrikanischen Wurzeln zu vermitteln.

In den Medien werde vor allem die dunkle Seite des Kontinents voller Armut und Krankheit gezeigt, so Vorstandsmitglied Glenda Obermuller: „Dem wollen wir entgegenwirken.“ Die Bibliothek mit Büchern vor allem von schwarzen Autoren solle auch ein Ort des „Empowerments“ sein, der Ermächtigung für schwarze Menschen.

Am Donnerstag stattete NRW-Gleichstellungsministerin Josefine Paul der Einrichtung einen Besuch ab. Anlass war der „Black History Month“, der vor allem in den USA und Kanada immer im Februar begangen wird, um die schwarze Kultur und Geschichte zu feiern. Dies sei auch eine Geschichte einer Diskriminierung, so Paul: „Es ist wichtig, dass es solche Initiativen gibt, damit sich eine Gesellschaft damit auseinandersetzt.“

Köln: 6000 Bücher in der ersten „Schwarzen Bibliothek“ NRWs

Glenda Obermuller bedankte sich für die „Wertschätzung unserer Arbeit“, die mit zehn ehrenamtlichen Kräften geleistet werde. Das Angebot werde insgesamt gut angenommen, Schulen, Integrationskurse oder Lesekreise nutzten die Bibliothek. Eine Kooperation gebe es mit der Uni Köln und der TH Köln. Mittlerweile würden jedoch größere und zudem barrierefreie Räumlichkeiten benötigt.

Aus den anfänglich 200 Büchern seien aktuell 6000 geworden, darunter Kinderbücher, geschichtliche Quellen, Lyrik und Belletristik. Unter anderem sei leihweise die „stimmen afrikas“-Bibliothek des Allerwelthaus Köln e.V. übernommen worden, der in seinem neuen Domizil keinen Platz mehr dafür habe. Glenda Obermuller hofft nun auch auf die Unterstützung der Stadt.

Köln: Bibliotheksgründung als Reaktion auf Tötung von George Floyd

Trotz der Massenproteste gegen die AfD müsse die Gesellschaft stärker über Rassismus aufgeklärt werden, sagte die aus dem südamerikanischen Guyana stammende Pädagogin im Gespräch mit der Ministerin. Derzeit finde eine Art Wettbewerb statt, welche Stadt am meisten Menschen auf die Straße bringe.

Fraglich sei, wie sich die Leute außerhalb der Menge verhielten, „in einzelnen Beziehungen und am Arbeitsplatz“: „Wissen die Menschen, was Rassismus ist, und machen sie den Mund auf, wenn etwas passiert ist?“ Viele, auch vermeintlich Liberale, müssten noch dazulernen. In politischen Gremien seien Schwarze zudem unterrepräsentiert: „Wir haben nur einen schwarzen Mann im Rat“, so Obermuller: „Die Leute, die entscheiden, sind überwiegend weiße Männer.“

Zu sehen sind die NRW-Gleichstellungsministerin Josefine Paul und Glenda Obermuller, Leiterin der Theodor Wonja Michael Bibliothek in der Seitenansicht.

Josefine Paul (links) und Glenda Obermuller (rechts) im Gespräch.

Initialzündung für die Bibliotheksgründung war die Tötung des US-Amerikaners George Floyd im Mai 2020 bei einer Polizeikontrolle in Minneapolis. Danach kam es vielerorts zu Protesten, auch in Köln. In der Merheimer Heide trafen sich im Sommer 2020 zahlreiche schwarze Menschen, um zu überlegen, was gegen Rassismus zu tun sei. „Wir wussten nicht, wohin mit der ganzen Traurigkeit und Wut“, sagt Glenda Obermuller. Dabei kam auch die Idee einer Bibliothek auf, um der schwarzen Community zu mehr Sichtbarkeit zu verhelfen.

Den Grundstock für die Schwarze Bibliothek bildete der Nachlass von Theodor Wonja Michael, der 1925 als Sohn eines Kameruner Kolonialmigranten und dessen ostpreußischer Frau in Berlin geboren wurde und schon früh mit Rassismus konfrontiert wurde. Als Kind trat er unfreiwillig in Völkerschauen auf.

Während der NS-Zeit arbeitete er als Komparse in Propagandafilmen, wo er „den Primitiven“ darstellen musste. Im Zweiten Weltkrieg hatte er Zwangsarbeit zu leisten und wurde in einem Arbeitslager interniert. Danach studierte er, wurde Journalist und machte schließlich Karriere beim Bundesnachrichtendienst. Bis zu seinem Tod 2019 engagierte er sich gegen Rassismus und trat für eine andere Erinnerungskultur ein.