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Wegen geplanter Designer- MöblierungProtestaktion mit Ikea-Sessel vor WDR-Filmhaus in Köln

Lesezeit 3 Minuten
Zu sehen sind zwei Männer, die vor dem WDR-Filmhaus in Köln stehen.

Joachim Ropertz (l.) und Volkmar Kah vom Deutschen Journalistenverband präsentierten einen Stuhl von Ikea für 129 Euro als Alternative zu den geplanten Käufen des WDR.

Mitglieder des Deutschen Journalistenverbandes kritisierten den WDR für die teuren Möblierungspläne und die Tarifpolitik.

„The Spanish Chair“ heißt der Lounge-Sessel des Herstellers Fredericia, der aus Eichenholz und Naturleder gefertigt ist und 4499 Euro kostet. „Själsö“ nennt sich der Ikea-Sessel aus Kiefernholz, dessen Bezugsstoff aus einem Mischgewebe aus Leinen und Polyester besteht und für den 129 Euro zu zahlen sind.

Die Gestalt beider Sitzmöbel ist ähnlich. „The Spanish Chair“ findet sich im Konzept des WDR zur Möblierung seines Filmhauses an der Nord-Süd-Fahrt, das seit 2018 für 240 Millionen Euro saniert wird. Ein Exemplar von „Själsö“ hatte am Freitag Volkmar Kah, Geschäftsführer des Landesverbandes NRW im Deutschen Journalistenverband (DJV), mitgebracht, um an der Maus-Figur vor dem Filmhaus gegen den Möblierungsplan zu protestieren. Dies tat er zusammen mit Joachim Ropertz, der ebenfalls dem DJV angehört und Mitglied der Kommission ist, die seit Monaten mit dem WDR über einen neuen Tarif verhandelt.

Kritik an teuren „Spanish Chairs“

Vor ein paar Tagen hatte zuerst der „Kölner Stadt-Anzeiger“ darüber berichtet, dass der WDR für sein rundum erneuertes Filmhaus bis zum 29. Juli mit einer Ausschreibung nach Anbietern für etwa 2700 Möbelstücke sucht, darunter zahlreiche Designer-Objekte, die einzeln bis zu vierstellige Beträge kosten. Ausdrucke dieses Zeitungsberichts hatte Volkmar Kah laminiert und an die Armlehnen des Ikea-Sessels gehängt.

An der Rückenlehne brachte er vorne und hinten Kleinplakate an, die den Anlass der Protestaktion deutlich machten: „Super Deal. Weniger Designer-Möbel, mehr Vergütung für die Kolleginnen und Kollegen?!“ Ironisch hieß es auf dem hinteren Plakat, man biete gerne Unterstützung bei der Möbelsuche an: „Anstatt des angedachten ‚The Spanish Chair‘ für stolze 4499 Euro pro Stück – und der WDR braucht 36 Exemplare – empfehlen wir einen wie diesen hier. 36 dieser Sessel kosten lediglich 4320 Euro.“ Der Gesamtbetrag ohne Mengenrabatt für 36 „Spanish Chairs“ beläuft sich auf 161.964 Euro.

Gehaltstarifverhandlungen spielen bei dem Protest eine Rolle

Der Sessel-Protest vor dem Filmhaus sei als Aktion im Rahmen der Gehaltstarifverhandlungen zu verstehen, sagte Kah. Verhandlungen, in den der WDR anders als früher einen Abschluss auf dem Niveau des Öffentlichen Dienstes – 200 Euro plus 5,5 Prozent mehr Gehalt bei einer Laufzeit von 25 Monaten – ablehne, obwohl der Reallohn wegen der Inflation sinke. Außerdem sei der WDR darauf aus, die Honorare der freien Mitarbeiter zu kürzen. Eine „Neid-Debatte“ wolle man nicht anstoßen, betonte Kah. Aber in Zeiten, in denen man den Beschäftigten sage, der finanzielle Spielraum sei eng, gehe es nicht an, so viel Geld für edles Mobiliar auszugeben. Lounge-Sessel seien das eine, ergonomische Büromöbel, die es auch tun würden, das andere.

Eine Sprecherin des Senders hatte mitgeteilt, bei der Ausstattung großer Gebäude sei es üblich, „Möbelstücke bekannter Hersteller als Referenz anzugeben, um bei allen Anbietern ein vergleichbares Verständnis zu Anforderungen, Beschaffenheit und Qualität herzustellen“. Die Ausschreibung werde „allein über das Kriterium Preis entschieden“; dabei sei der WDR „offen für gleichwertige Alternativen“. Ropertz hält jedoch an der Kritik fest: Wer teure Möbel als „Referenz“ wähle, bekomme entsprechende Angebote.

„Das ist ein Schlag ins Gesicht der Gebührenzahler und ein Image-Gau zu Lasten der vielen anständigen WDR-Mitarbeiter, die jetzt massive öffentliche Kritik aushalten müssen“, meint Gregor Golland, stellvertretender Vorsitzender der CDU-Fraktion im NRW-Landtag und Mitglied des WDR-Rundfunkrates.

„Die neu gewählte Intendantin Dr. Vernau wird diesem verschwenderischen Vorhaben daher vermutlich schnell ein Ende setzen. Ich hoffe nicht, dass das jetzt der Schlesinger-Moment des WDR wird.“ Patricia Schlesinger musste 2022 ihr Amt als Intendantin des Rundfunks Berlin-Brandenburg (RBB) nach Vorwürfen der Vetternwirtschaft und Verschwendung abgeben.