Innenstadt – Stolz steht der kleine Junge auf der Neusser Straße neben dem Balthasar. Weiße Schürze, weiße Mütze – er ist gekleidet wie ein Koch. Das leicht verblasste Foto stammt aus den 1960er Jahren. Die Anfangstage der Kneipe im Agnesviertel hat Uwe Boltzen noch lebhaft vor Augen. Kein Wunder: Er ist der Sohn der Wirtsleute Hans-Hermann und Käthe Boltzen, die das Balthasar im Agnesviertel 1964 eröffneten – vor 50 Jahren. In dieser Zeit schossen im Viertel die Kneipen „wie Pilze aus dem Boden“, erinnert er sich.
Das Jubiläumsfest, das der derzeitige Betreiber Helmut Gymnich organisiert hat, war für Boltzen eng mit den alten Zeiten verbunden. Als Kind verbrachte er die Nachmittage oft in der Wirtschaft. Manche der Gäste halfen ihm bei den Hausaufgaben. „Ich hatte 150 Onkel“, sagt er, „und jeder wusste es besser.“ Bis er zehn Jahre alt war, betrieben seine Eltern das Lokal. Später zogen sie mit den Kindern in die Eifel.
Als Koch zurückgekehrt
Heute ist der gelernte Koch zurück. Er steht in der Küche und kümmert sich um eines der beiden Dinge, für die das Balthasar bei seinen Stammgästen geschätzt wird: richtig deftiges Essen. Als Gastronom Helmut Gymnich, der vorher das Brauhaus Stüsser auf der anderen Straßenseite führte, die Kneipe vor sieben Jahren übernahm, holte er den Spross des Gründerpaares mit ins Boot. Seitdem sorgt Boltzen für traditionelle kölsche Kost. Er kocht nach den Rezepten seiner Mutter, der ersten Köchin im Balthasar: Wildschweingulasch, Pferderouladen oder Apfelrotkohl mit Gänseschmalz. Unter seinen Vorfahren, die Boltzen bis ins 15. Jahrhundert zurückverfolgt, sind zahlreiche Köche. Er ist stolz auf die „alten Kölner Rezepte“.
Das Viertel trifft sich an der Theke im Balthasar. Der Schankraum ist hell erleuchtet, an den Tischen sitzen oft Familien zusammen. „Der Laden hat einfach Charme“, sagt Boltzen. Er schätzt die Mischung. Jung und Alt stehen am Wochenende bei einem Kölsch dicht nebeneinander. Viel Pferdefleisch findet sich auf der Karte. „Bockwoosch vum Päd mit Brut: 2,90 Euro“, steht auf einer der Tafeln.
Rauchen schon früh verboten
Dabei hatte das Balthasar durchaus nicht immer den besten Ruf. Bis 2001 galt in NRW die Sperrstunde. Die Kneipe bot dank Nachtkonzession zechfreundliche Öffnungszeiten und war entsprechend beliebt bei Taxifahrern, Nachtschwärmern und Nachtarbeitern. „Da liefen die Gedecke ohne Ende“, erinnert sich Wirt Gymnich. Dass morgens um sieben Uhr reger Betrieb an der Theke herrschte, war eher die Regel als die Ausnahme.
Gymnich hatte aber andere Vorstellungen. Ein „gutes Esslokal“ sollte aus dem Balthasar werden. Als einer der ersten in der Umgebung verbot er das Rauchen. Geöffnet ist nun erst ab 10 Uhr.
Beliebt bei Karnevalisten
Die Nikuta trat hier schon auf. Als der Strom ausfiel, hat sie Witze erzählt, erinnert sich Gymnich. Renate Fuchs sang hier, Auch Jupp Menth oder Janus Fröhlich von den Höhnern gehören zu den Gästen. Er ist stolz auf die Karnevalisten und die Kapellen, die regelmäßig auf ein paar Kölsch vorbeischauen. Eine Gitarre und die Quetsch sind im Balthasar immer griffbereit. Manchmal bringt jemand die dicke Trumm mit, manchmal reicht eine Blockflöte für einen ausgelassenen Abend. „Das geht dann bis um vier Uhr morgens“, sagt Gymnich. An einem solchen Abend mit kölschem Liedgut verdrückt der Wirt auch mal ein Tränchen, so sehr rührt ihn die Geselligkeit.
Gymnich nahm das Jubiläum zum Anlass für ein ausschweifendes Wochenende mit viel Kölsch, alten und neuen Bekannten und Musik. Björn Heuser schaute vorbei, Frank Thomas trat auf und die dreiköpfige Formation Daniel Klaus and the Dukes spielte Stücke aus aller Welt. Für den richtigen Groove sorgte mit einem Waschbrett und allerlei Rhythmusinstrumenten: Koch Uwe Boltzen. Und natürlich kam er auch im Balthasar zur Musik: Hier hatte er zum ersten Mal „et Trömmelchen“ in den Händen.