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Klagen abgeräumtNeubaugebiet im Rechtsrheinischen für 7000 Kölner wird wahrscheinlicher

Lesezeit 4 Minuten
Domblick: Im früheren Industriestandort Deutzer Hafen sollen später einmal 6900 Menschen wohnen und 6000 Menschen arbeiten.

Domblick: Im früheren Industriestandort Deutzer Hafen sollen später einmal 6900 Menschen wohnen und 6000 Menschen arbeiten.

Der Deutzer Hafen soll nach dem Umbau Platz für tausende Menschen bieten. Das Problem war bislang, dass der Stadt nicht alle Flächen gehörten. 

Die Umsetzung eines der größten Neubauprojekte der Stadt Köln hat ein großes Problem weniger: Nach Informationen des „Kölner Stadt-Anzeiger“ hat die Stadt Köln die Klagen von fünf Grundstückseigentümern im Deutzer Hafen nach rund fünf Jahren abgewendet. Ihnen gehörten rund 20 Prozent der Fläche rund um das Hafenbecken. Eine Sprecherin des Oberverwaltungsgerichts Münster (OVG) bestätigte: „Die Verfahren sind erledigt.“

Laut Verwaltung konnte dadurch das rechtliche Risiko ausgeräumt werden, das sonst schlimmstenfalls den Umbau des kompletten Deutzer Hafen gefährdet hätte.

Deutzer Hafen in Köln: Klagen nach fünf Jahren abgewendet

Sie will nun die zuständigen Gremien des Stadtrates informieren, unter anderem darüber, dass die Grundstückeigentümer die Flächen selbst bebauen wollen oder der zuständige Treuhänder, die Kölner Stadtwerke,  ihnen die Areale abgekauft hat. Es geht um Ausgaben von insgesamt rund 23,5 Millionen Euro. Die wichtigsten Fragen und Antworten im Überblick.

So sieht der Siegerentwurf der Kölner JSWD Architekten für die Bebauung des ersten Blocks im Deutzer Hafen aus.

So sieht der Siegerentwurf der Kölner JSWD Architekten für die Bebauung des ersten Blocks im Deutzer Hafen aus.

Was ist der Deutzer Hafen?

Früher hat rund um den Deutzer Hafen beispielsweise die Firma Goodmills in der Ellmühle Weizen und Roggen gemahlen, sie hat Köln aber verlassen. Auch einen Schrottplatz gab es. Es stehen noch alte Kräne, Bahngleise liegen im Asphalt. Das Gebiet ist etwa 1100 Meter lang und 475 Meter breit und damit so groß wie umgerechnet rund 52 Fußballfelder. Rund 21 Prozent der Gesamtfläche macht das Hafenbecken mit dem Wasser aus.

Was soll dort passieren?

Der Deutzer Hafen soll zum Wohn- und Arbeitsviertel umgebaut werden, dort sollen später einmal rund 6900 Menschen wohnen und 6000 Arbeitsplätze entstehen. So ist der Plan der „Modernen Stadt“, die städtische Stadtentwicklungsgesellschaft ist für die Umwandlung der Fläche verantwortlich und kümmert sich etwa um den Bau der Straßen oder Kanäle. Die „Moderne Stadt“ hatte 80 Prozent der Flächen der städtischen Häfen- und Güterverkehr AG abgekauft, 20 Prozent waren damals in Privatbesitz. Die Kölner Stadtwerke sind als Treuhänder eingeschaltet. Später bebauen einzelne Investoren die jeweiligen Baufelder. Der Abbruch läuft teilweise schon, bis etwa 2035 soll der Umbau rund um das Hafenbecken fertig sein. Es soll auch Kölns erstes Rheinbad geben.

Was war das Problem?

Dass eben nicht alle Grundstücke der „Modernen Stadt“ beziehungsweise der Stadt gehören. Das ist aber wichtig, um unter anderem den Hochwasserschutz einheitlich zu gestalten. Und seit Jahren liegt ein Plan der dänischen Planer von Cobe vor, wie und wo neue Häuser rund um das Hafenbecken entstehen sollen. Nur stehen da momentan teils noch die Gebäude der aktuellen Grundstücksbesitzer. Laut Verwaltung hatte sie den Besitzern Kaufofferten für ihre Areale unterbreitet, doch demnach lehnten diese die Angebote ab.

Deshalb beschloss der Stadtrat auf Vorschlag der Verwaltung im Jahr 2018, den Deutzer Hafen als sogenannte „städtebauliche Entwicklungsmaßnahme“ auszuweisen. In diesem Fall hat eine Stadt laut Baugesetzbuch mehr Rechte, wenn es um fremdes Eigentum geht, auch Enteignungen sind unter bestimmten Bedingungen möglich.

Auf dem ehemaligen Gelände des Schrotthändlers steht ein Kran.

Auf dem ehemaligen Gelände des Schrotthändlers steht ein Kran.

Wie reagierten die Besitzer der Grundstücke?

Fünf von ihnen klagten 2019 vor dem Oberverwaltungsgericht Münster (OVG) gegen eben jene formale Einordnung als „städtebauliche Entwicklungsmaßnahme“. Das OVG verwies die Fälle Ende 2020 an einen Güterichter, der eine gütliche Einigung herstellen sollte.

Sind solche Probleme üblich beim Bau großer Neubaugebiete?

Ja. Sagt zumindest Christian Zeissler, er lehrt an der Hochschule für Polizei und öffentliche Verwaltung NRW und beschäftigt sich unter anderem mit Verwaltungsrecht. Zeissler hatte dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ über ähnliche Probleme beim Stadtentwicklungsprojekt „Parkstadt Süd“ im November gesagt: „Es ist völlig normal und üblich, dass es solche Schwierigkeiten bei solch großen Projekten gibt, da eine Vielzahl unterschiedlicher Interessen betroffen sind. Da muss eine Stadt eben durch.“

Wie ist der Sachstand im Deutzer Hafen?

Seit Ende des vergangenen Jahres ist nach vielen Verhandlungen laut Stadt klar: Die Klagen sind alle abgewendet. Das bestätigte eine OVG-Sprecherin, sie sagte aber nichts zum konkreten Ergebnis. Der Plan für das Viertel kann also umgesetzt werden.

Die Visualisierung zeigt, wie der umgebaute neue Deutzer Hafen einmal in etwa zehn Jahren aussehen soll.

Die Visualisierung zeigt, wie der umgebaute neue Deutzer Hafen einmal in etwa zehn Jahren aussehen soll.

Warum haben die Grundstückeigentümer zugestimmt?

Aus unterschiedlichen Gründen: Zwei von ihnen haben dem Treuhänder ihre Grundstücke verkauft, das kostet insgesamt rund 15 Millionen Euro. Zwei andere Eigentümer wollen ihre Flächen selbst bebauen, sie zahlen insgesamt rund acht Millionen Euro sogenannten Ausgleichsbetrag, weil ihr Boden wertvoller wird durch die Erschließung. Das andere Unternehmen will sein Grundstück nun doch nicht bebauen und verhandelt mit dem Treuhänder über den Verkauf.

Sind das alle Flächen im Deutzer Hafen, die nicht der Stadt oder ihren Tochtergesellschaften gehört?

Nein. Es gibt noch zwei weitere. Eine davon hat der Treuhänder schon gekauft, die andere will der Eigentümer laut Stadt selbst entwickeln.