Im Kölner Wirtschaftsclub diskutierten drei Exil-Iranerinnen und ein Exil-Iraner über ist die Proteste im Iran. Sie hoffen auf eine Revolution und den Sturz des Regimes. Gleichzeitig wünschen sich mehr Solidarität des Westens.
Kölner WirtschaftsclubForderung nach Isolierung des Mullah-Regimes
Im Gespräch beim Kölner Wirtschaftsclub fordern Exil-Iranerinnen klarere Abgrenzungen von der iranischen Regierung und mehr Aufmerksamkeit. Der Westen könne eine wichtige Rolle für eine erfolgreiche Revolution spielen.
Der Stolz sei zurückgekehrt, sagt Goodarz Mahbobi am Montagabend bei einer Diskussion des Kölner Wirtschaftsclubs. Thema: Die Proteste im Iran. „Früher gab es ein ungeschriebenes Gesetz, dass man sich im Ausland als Perser vorstellte“, sagt der Honorarprofessor für Ethik und Innovation. Denn das Mullah-Regime sei eine terroristische Organisation, mit der man nicht in Verbindung gebracht werden wolle. „Endlich, dank der jungen Generation, die auf die Straßen geht, kann ich heute wieder sagen: Ich bin Iraner.“
Kölner Wirtschaftsclub bezieht deutlich Stellung
Er ist der einzige Mann auf dem Podium im Parkcafé in Deutz. Es ist so weiblich besetzt wie die Proteste im Iran, von denen jede der Anwesenden hofft, dass sie sich zu einer Revolution ausweiten. Neben ihm sitzen Fernsehmoderatorin Nina Mogghadam, Schauspielerin Elmira Rafizadeh und Maneli Rezvani.
Für Rezvani ist die außerplanmäßige Veranstaltung eine Herzensangelegenheit. Seit zwei Jahren ist sie Vorständin des Wirtschaftsclubs, der bei politischen Fragen eigentlich neutral bleiben will. Doch in diesem Fall sei das nicht möglich. Es geht bei den Protesten im Iran um Menschenrechte. Diese seien universell und keine Frage der Debatte.
Kritische Fragen aus Köln und bewegende Beiträge aus dem Iran
Moderator Christian Kerner versucht dennoch immer wieder durch kritische Nachfragen, eine loszutreten. Auf die Frage von Kerner, was denn nach dem Regime komme, antwortet Nina Mogghadam: „Diese Frage regt mich wirklich auf.“ Eine Entwicklung wie in Syrien oder Libyen drohe dem Iran nicht. „Es gibt genug Menschen im Iran, die danach etwas aufbauen können und wollen. Nur sitzen sie im Gefängnis oder sind im Ausland.“ Stürzt das Regime, kommen diese frei. All den Protesten liege ein Wert zugrunde, der den Vielvölkerstaat Iran erstmal vereint: Die Freiheit. Was daraus entsteht, könne nur gut werden.
Statt einer Diskussion gibt es mitreißende Beiträge und Schilderungen aus dem Iran: Von Folterungen und Vergewaltigungen junger Mädchen im Gefängnis. Von der Revolutionsgarde, die seit zwei Wochen den Befehl hat, auf die Augen der Protestierenden zu zielen. Von den Menschen im Iran und ihrem Todesmut, trotzdem auf die Straßen zu gehen. Und es gibt viel Kritik an den deutschen Medien, deren Iran-Berichterstattung auch zehn Wochen nach Beginn der Proteste noch zu wenig sei.
Gesellschaftliche und individuelle Maßnahmen zum Protest gegen das Mullah-Regime
Doch auch der Westen kann laut den Podiumsgästen seinen Teil zur Revolution beitragen. Auf Regierungsebene sei Isolation der richtige Weg. Die Botschaften des Mullah-Regimes müssen geschlossen werden, Solidarität solle offen bekundet werden und digitale Kommunikationswege müssten geschaffen werden.
Auf der individuellen Ebene sei es im Westen wichtig, sich zu informieren, auch während der Weihnachtszeit. Es helfe enorm, in den Sozialen Medien Beiträge zu teilen und auch in Deutschland auf die Straße zu gehen.
Jeden Samstag und Sonntag finden im ganzen Land Demonstrationen statt. Für die Exil-Iranerinnen sei es ein neues Gefühl, sich so öffentlich auf der Straße zeigen zu können. Das war nicht immer so. Nina Mogghadam erinnert sich, wie sie während einer Demo zur „Grünen Revolution“ 2009 in Köln fotografiert wurde. Der iranische Geheimdienst wusste genau, wer sich kritisch äußerte und fing diese Menschen bei ihrer Einreise am Flughafen ab. Seitdem war sie deshalb nicht mehr im Iran.
Neue Hoffnung dank neuer Generation
Jetzt ist die Hoffnung zurück. Die neue Generation, ihre Proteste, ihr unvorstellbarer Mut seien Zeichen dafür, dass der Sturz des Regimes möglich sei. Professor Mahbobi stellt sich schon den befriedeten Nahen Osten vor, sobald eine Frau an der Spitze des Irans steht.
Doch noch ist die Realität eine andere. „Meine Söhne nehme ich wegen der Erfahrungen, die ich gemacht habe, nicht mehr mit auf die Demonstrationen“, sagt Mogghadam. Erst wenn das Regime gestürzt sei, könnten sich die Iranerinnen und Iraner überall wieder sicher fühlen.