Die Streitigkeiten zum Verkehrsversuch an der Deutzer Freiheit halten an – eine neue Studie liefert spannende Ergebnisse.
Autofreie Zone in KölnMehrheit der Anwohner hält den Verkehrsversuch an der Deutzer Freiheit für eine Verbesserung
An der Fassade des Bürgerzentrums Deutz rankt eine Fahne mit der Aufschrift "Frieden". Doch die Stimmung im Veedel ist angespannt. Der Grund dafür: Die andauernden Streitigkeiten um den Verkehrsversuch an der Deutzer Freiheit.
Anhaltende Streitigkeiten um autofreie Zone in Köln-Deutz
Seit Juni 2022 gibt es dort eine autofreie Zone, die bis vor kurzem noch von der Siegburger Straße bis zum Grotenring reichte. Nach heftigen Diskussionen beschloss die Bezirksvertretung im Januar 2023 das Autoverbot einzugrenzen. Damit wurden auch die Parkmöglichkeiten ausgeweitet. Taxen dürfen werktags von 6 bis 11 Uhr in die Fußgängerzone fahren. Um die urbane Lebensqualität zu fördern, bepflanzten Anwohnerinnen und Anwohner Beetkisten mit bunten Blumen. Weitere Anpassungen wurden vereinbart.
Doch die Streitigkeiten gehen weiter. Gewerbetreibende und Anwohner schlossen sich in der Initiative Deutz zusammen und reichten eine Klage gegen die Stadt Köln ein. An ihrer Seite der Anwalt, Marcel Templin, der bereits in der Berliner Friedrichstraße die Autos zurückholte. Das zuständige Gericht betätigte den Eingang am Dienstag.
Köln: Veedelbeiratssitzung bietet Anlass zu diversen Diskussionen
Rollende Augen, genervtes Stöhnen, lautes Gelächter, klatschender Beifall. Die zweite Veedelbeiratssitzung am Montagabend im Bürgerzentrum Deutz ist emotional. Diskussionspotentiale bieten vor allem die sinkenden Umsätze der Gewerbetreibenden, die Parkplatzsituation, die Kommunikation und die rasenden Fahrradfahrer.
Die Befürworter des Versuches fühlen sich zunehmend unter Druck gesetzt. Manfred Adams der Bürgerinitiative Deutzer Autofreiheit berichtet von Anfeindungen auf der Straße. Michael Viehoff der Initiative „Deutz.Familienfreundlich" meldet sich mit zitternden Händen zu Wort: „Der Verkehr muss allgemein entschleunigt werden, um Kindern Teilhabe am Verkehr zu bieten. Das ist nicht nur diese eine Straße, deswegen muss die ganze Sache weiter hinausgegangen werden.“
Stadtterassen als Gewinn für Deutzer Freiheit in Köln
Die Fachhochschule Bochum hat im Auftrag vom Zukunftsnetz Mobilität NRW die Wirkung von Stadtterassen in fünf Städten evaluiert. Darunter auch die Möblierung in der autofreien Zone in Deutz. Die Professorin Iris Mühlenbruch des Lehrstuhls Verkehrswesen an der Hochschule in Bochum betonte, dass sie indirekt und nur stückweise den Verkehrsversuch untersuchten.
Das Forschungsteam fand heraus, dass das Fußverkehrsaufkommen auf der Deutzer Freiheit relativ gleich geblieben ist. Der Radverkehr ist um 24% gestiegen, während das Autoverkehrsaufkommen um 68% gesunken ist. Über 2000 Personen nahmen an einer Online-Befragung der FH teil. Über die Hälfte der Befragten gab an, dass die Stadtterrassen ein Gewinn für die Deutzer Freiheit sind. Genutzt werden sie vor allem zum Ausruhen. Danach folgt das Essen und Trinken von Speisen, die im Umkreis gekauft wurden.
62% sind der Meinung, dass sich die Aufenthalts- und Lebensqualität auf der Deutzer Freiheit verbessert habe. Wohingegen 35% eine Verschlechterung wahrnahmen. Die Mehrheit der Gewerbetreibenden stimmte einer negativen Veränderung zu. Als Auswirkung auf das Gewerbe gaben sie vor allem die sinkende Kundenanzahl durch den Wegfall von Parkplätzen an. „Es bringt nichts, dass Ding mit dem Brecheisen durchzuziehen, das wird kein Frieden bringen“, so Michael Frank, Betreiber der Raumausstattung Frank, „So toll und so super, wie es hier suggeriert wurden ist, ist es leider nicht.“
„Streiten, aber mit Respekt“ – Kölner Bezirksvertretung bespricht sich im Mai
Das Amt für nachhaltige Mobilitätsentwicklung schlägt vor, eine weitere Befragung durchzuführen. Dabei würden alle Anwohner persönlich angeschrieben und über einen Link an einer Umfrage teilnehmen können. Mit den Ergebnisse wäre aber erst laut des Amts Anfang 2024 zu rechnen. Die Stadt stellt auch eine Verlängerung des Verkehrsversuchs als Diskussionspunkt in den Raum. Mario Schmitz (CDU) aus der Bezirksvertretung nimmt eindeutig Stellung: „Nein, der Verkehrsversuch endet im Juni und das ist auch gut so“. Aus dem Publikum folgt ein lautes Klatschen.
Die Stadt erarbeitet nun einen Vorschlag für die Bezirksvertretung. Sie wollten bewusst die Sitzung abwarten, um das Stimmungsbild mitzunehmen, so Christian Dörkes, stellvertretender Leiter des Amts für nachhaltige Mobilitätsentwicklung. Die Bezirksvertretung trifft sich noch im Mai, um das weitere Vorgehen zu besprechen.
Das Veedel ist gespalten, die Atmosphäre alles andere als friedlich. Bezirksbürgermeister, Andreas Hupke, ergreift das Schlusswort und appelliert an einen respektvollen Umgang: „Lassen Sie uns weiterhin kommunizieren, streiten, aber mit Respekt“.