Nach 111 JahrenDeutzer Drehbrücke wird für 3,6 Millionen Euro saniert
Köln – Wenn Ingenieur Sebastian Neumann die Deutzer Drehbrücke öffnen und in ihrer Gesamtspannweite von 50,66 Meter schwenken will, muss er auch heute – 111 Jahre nach ihrem Bau – dieselben Arbeitsschritte ausführen wie damals, 1908.
Ingenieur beeindruckt von Rubustheit der Brücke
Ein gusseiserner Schlüssel verschafft ihm Zugang zu dem Getriebe des Elektromotors in der Brückenmitte, mit einer Handkurbel öffnet er Klappen und Auflager an den Enden und macht das asymmetrische Stahlfachwerk der Brücke beweglich.
Die Kraft für die Drehung wird über Stahlwellen unter der Brücke in einen Kranz aus Zahnrädern übertragen, die dann die 458 Tonnen Eigengewicht der Brücke – 177 Tonnen davon sind Stahl – langsam in Bewegung setzen. Neumann ist Projektleiter im Kölner Amt für Brücken, Tunnel und Stadtbahnbau und zuständig für die Ende dieses Jahres geplante Generalsanierung der Drehbrücke in Deutz. „Bis heute gab es an dem Bauwerk so gut wie keine Probleme. Das zeigt, wie durchdacht und robust die Konstruktion damals war“, sagt Neumann.
Schäden an Fahrbahn und Gehwegen festgestellt
Motor und Getriebe der Brücke waren bereits 2014/2015 erneuert worden, neben Rost und in jüngster Zeit häufig klemmender Klappen zur Fahrbahnüberlappung seien einige weitere Schäden an Fahrbahn und Gehwegen festgestellt worden, die in ihrer Summe bei der Stadt zu dem Entschluss geführt hatten, die Brücke nun zu sanieren.
Dafür sind insgesamt 3,6 Millionen Euro Kosten und eine Arbeitszeit von rund 40 Wochen veranschlagt. „In der Zeit wird die Brücke geöffnet und vollständig eingehaust sein, das Überqueren der Einfahrt in den Deutzer Hafen für Autos und Fußgänger ist dann nicht möglich, denn die Schifffahrt hat Vorrang“, erläutert Uwe Greisel, Abteilungsleiter für den Erhalt der Kölner Brücken in dem städtischen Amt.
Deutzer Drehbrücke unter Denkmalschutz
Doch Ingenieur Neumann und sein Chef durften ihre Arbeit nicht vollständig so planen, wie es ihr Fachwissen als Ingenieure nahelegte, denn seit 1980 steht die Drehbrücke in Deutz auch unter Denkmalschutz.
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„Bei dem Bauwerk handelt es sich um eine aussterbende Gattung mit bundesweiter Bedeutung. Denn in ganz Deutschland gibt es nur noch 14 Drehbrücken dieser Bauart, von denen sich neben der in Deutz sogar noch eine zweite in Köln befindet, im Rheinauhafen“, sagt Thomas Werner, Kölns leitender Stadtkonservator.
Suche nach Fachfirmen
Jetzt steht das Sanierungskonzept, nun sollen bis Ende des Jahres über eine Ausschreibung Fachfirmen gefunden werden, die die anspruchsvollen Arbeiten erledigen können. „Diese Brücke ist eine Komposition aus Ingenieurstechnik und Kunst, das sieht man nicht zuletzt an der liebevollen Ausgestaltung von Geländer, Brückenköpfen und Steuerhaus im geometrischen Jugendstil“, sagt Werner.
Gleichzeitig sei sie für viele Kölner eine wichtige und alltägliche Verbindung im Stadtteil. Nicht zuletzt für den Flussverkehr ist das Bauwerk noch immer von Bedeutung: Denn selbst nach 111 Jahren öffnet sich die Deutzer Drehbrücke auch heute im Schnitt noch ein- bis zweimal pro Tag gemächlich für Schiffsdurchfahrten.