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„Besucher persönlicher ansprechen“So klingt die neue Kölsch-Ansage im Kölner Dom

Lesezeit 4 Minuten

Verena Tröster hat die deutschen Durchsagen im Dom eingesprochen.

  1. Mit nagelneuen mehrsprachigen Durchsagen begrüßt der Dom seine Besucher und lädt sie ein, am Mittagsgebet teilzunehmen.
  2. Gesprochen werden die Durchsagen von einer Frau. Das soll das Gesicht der männergeprägten Kirche weiblicher machen.
  3. Und: Eine Durchsage gibt es jetzt auch auf Kölsch.

Köln – Um kurz vor 12 Uhr hallt die Frauenstimme durch die Kathedrale. Man fühlt sich, als würde man im Dolby-Surround-Kino sitzen – und nicht auf den harten Holzbänken vor dem Vierungsaltar.

„Herzlich Willkommen im Kölner Dom, dem Wallfahrtsort zu den Heiligen Drei Königen. In wenigen Minuten beginnt das Mittagsgebet.“ Das Ganze wiederholt sich in acht weiteren Sprachen – und die Touristen strömen in die Kirchenbänke. Rund drei Mal mehr als früher lauschen nun dem Vorbeter. Was ist passiert?

Mit nagelneuen mehrsprachigen Durchsagen begrüßt der Dom seine Besucher und lädt sie ein, am Mittagsgebet teilzunehmen. Früher wiesen die Domschweizer um halb zwölf nur kurz in Deutsch und Englisch auf das Gebet hin, um Punkt zwölf Uhr fing der Organist an zu spielen, der Vorbeter begann. Die Touristen standen derweil recht verloren in der Turmhalle, wo man sie hingescheucht hatte. „Viele haben gar nicht verstanden, was los ist“, sagt Verena Tröster, die Frau, zu der die Stimme gehört. Tröster (34) ist Moderatorin beim Domradio.

Ansagen auf neun Sprachen

Das ist jetzt anders. Denn bei der Sprachauswahl – zunächst Deutsch, dann Englisch, Französisch, Spanisch, Italienisch, Niederländisch, Polnisch, Arabisch und Chinesisch – wird fast jeder Tourist in seiner Muttersprache informiert. „Wir wollen die Besucher unseres Domes damit noch besser und persönlicher ansprechen“, sagt Dompropst Gerd Bachner, der die Neuerung mit dem Domkapitel angestoßen hat. „Die Ansagen tragen zu einer Kultur des Willkommens bei, die dem Domkapitel ein großes Anliegen ist: Unsere Kathedrale und ihre Gottesdienste stehen allen Menschen offen, egal welche Sprache sie sprechen und welcher Religion und Konfession sie angehören.“

Auch für die Heiligen Messen gibt es entsprechende Durchsagen. „Wenn ich die Touristen sehe, die durch den Dom laufen und den Dreikönigenschrein knipsen, dann denke ich oft: »Wisst ihr eigentlich, was das hier für ein besonderer Pilgerort ist?«“, sagt Verena Tröster. „Dadurch, dass die Menschen nun in ihrer eigenen Sprache angesprochen werden, können sie besser einordnen, dass der Dom kein Museum, sondern ein Gotteshaus ist.“

Tröster hat nicht nur die deutschen Ansagen eingesprochen, sondern auch im Hintergrund organisiert: Durchsagen übersetzen lassen, Muttersprachler gesucht, gemeinsam mit ihnen im Studio eingesprochen. „Im Chinesischen hatten wir große Probleme, eine Übersetzung für die Formulierung „Prozession“ zu finden“, erzählt sie. „Dafür gibt es nämlich nur einen politischen Ausdruck.“ Im Anschluss an das Mittagsgebet gibt es jetzt auch eine gemeinsame Prozession zum Schrein.

Lautsprecher neu ausgerichtet

Außerdem sei es gar nicht so leicht gewesen, die Ansagen so einzusprechen, dass sie trotz des großen Halls im Dom noch gut zu verstehen seien. Techniker richteten dafür die Lautsprecher in der Kathedrale neu aus. Bei einem dieser Testläufe abends vor einigen Wochen war Tröster dabei. „Ich saß alleine im Mittelschiff, und plötzlich ertönte meine Stimme so durchdringend durch den Dom. Das war ein sehr emotionales Erlebnis.“

Stolz sei sie, dass ihre Worte nun im Wahrzeichen Kölns zu hören seien, sagt die gebürtige Sauerländerin und Wahl-Kölnerin. Dass die Pressestelle des Kölner Doms sie aussuchte, liegt daran, dass man ihre ruhige, angenehme Stimme bereits durchs Radio kennt. Aber nicht nur. Ein weiterer Grund ist ihr Geschlecht: Das Gesicht der männergeprägten katholischen Kirche solle weiblicher werden, hat sich die Deutsche Bischofskonferenz in diesem Frühjahr vorgenommen.

Katholikin Tröster findet gut, dass Frauen vermehrt für solche Aufgaben eingesetzt werden und hofft, dass dadurch auch andere Bereiche der Kirche weiblicher werden.

Überraschung auf Kölsch

Doch der Dom wird durch die neuen Ansagen nicht nur organisierter und weiblicher – sondern auch kölscher. Die Durchsage zur Schließung des Doms gibt es zusätzlich auf Kölsch. Der ehemalige Hänneschen-Puppenspieler Hans Fey hat die hochdeutsche Fassung ins Kölsche übertragen.

„Hochdeutsch klingt ja oft so gestelzt. Im Kölschen kann man Sachen besser auf den Punkt bringen“, findet Fey, der den „Mählwurms-Pitter“ aus Knollendorf gespielt hat. Er habe versucht, höflich zu formulieren. „In e paar Minute weed d’r Dom avjeschlosse. Sit esu jot, un joht jetz nohm Usjang“, heißt es in seiner Durchsage. Das Einsprechen ging schnell.

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„Nach einer Viertelstunde hatten wir das im Kasten“, sagt der 66-Jährige Rentner, der in seiner Gemeinde St. Anna in Ehrenfeld aktiv ist. Er freue sich, wenn er einen Beitrag dazu leisten könne, dass der Dom besucherfreundlicher werde. Dabei gab es im Domkapitel lange Uneinigkeit darüber, ob die kölsche Fassung überhaupt in der Kathedrale laufen solle. Kurz vor der ersten Ausspielung entschied man sich dafür. Nun verlässt man den Dom abends mit Hans Feys Worten im Ohr: „Schön, dat ehr do wort – und kutt baal widder.“ Könnte man schöner verabschiedet werden?