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Neue Wache im Kölner HauptbahnhofPolizisten sollen bald einziehen – Container auf dem Breslauer Platz verschwinden

Lesezeit 4 Minuten
Die neue Wache der Bundespolizei im Hauptbahnhof nimmt auch von außen allmählich Formen an.

Die neue Wache der Bundespolizei im Hauptbahnhof nimmt auch von außen allmählich Formen an.

Im Frühjahr soll die neue Wache nach jahrelangen Verzögerungen endlich in Betrieb gehen – „voraussichtlich“, sagt die Deutsche Bahn.

Noch ist die Glasfassade mit Folie verhängt, den Eingangsbereich der neuen Wache verstellt ein hölzener Baustellenzaun. Aber der Schriftzug der Bundespolizei ist schon montiert. Dass die Behörde im Hauptbahnhof künftig „Bundes Polizei“ heißt – geschenkt, das ist wohl Unebenheiten in der Fassade geschuldet. Immerhin könnte in wenigen Wochen der Schlusspunkt unter ein jahrelanges, städtebauliches Schlamassel gesetzt werden.

Am Anfang stand ein Notrufmissbrauch. Im Mai 2017 zieht ein 30 Jahre alter Mann in einer S-Bahn der Linie 6 Nahe Köln die Notbremse, anschließend rollt er sich betrunken auf einem Vierersitz zusammen. Zwei Wachmänner der Deutschen Bahn wollen ihn zur Rede stellen. Der Mann rennt weg, die Sicherheitsleute hinterher, Bundespolizisten nehmen ihn in einem Hotel hinter dem Kölner Hauptbahnhof fest und bringen ihn zur damaligen Wache in die B-Passage des Bahnhofs.

Köln: Betrunkener Randalierer setzte alte Wache unter Wasser

Als er für einen Moment allein ist, demoliert der 30-Jährige mit zwei Promille Alkohol im Blut die Sprinkleralange. Wie genau er das geschafft hat, ist bis heute unklar. Vielleicht, mutmaßte sein Anwalt später vor Gericht, habe sich sein Mandant einfach daran festgehalten. Schwarzes Wasser schoss aus der Decke und flutete die komplette Wache. „Die Wache war schmutzig, ich wollte ein bisschen sauber machen“, hatte der Randalierer zu zwei Polizisten gesagt.

„Ich bin erst zu mir gekommen, als ich plitschnass in diesem Raum stand“, erinnerte sich der Mann dann später im Prozess wegen Notrufmissbrauchs und Sachbeschädigung vor dem Kölner Amtsgericht. Das Urteil für den 30-Jährigen: 1250 Euro Geldstrafe. Und für die Polizisten der Hauptbahnhofwache: sieben Jahre und acht Monate – bis jetzt.

Denn die Beamten mussten 2017 aus der vom Wasser völlig zerstörten, allerdings auch ohnehin längst zu eng gewordenen Bahnhofswache ausziehen, arbeiteten in der ersten Zeit zunächst in vier eilig aufgestellten Containern auf dem Bahnhofsvorplatz und seit 2019 in einem Containerdorf auf dem Breslauer Platz. Als „Schandfleck“ und „Bankrotterklärung“ in Sachen Städteplanung bezeichneten erschrockene Architekten diese Zwischenlösung seinerzeit. Auch die Bundespolizei war mit dem Interim nie glücklich.

Die derzeitige Wache der Bundespolizei am Hauptbahnhof besteht aus aufeinander gestapelten Containern auf dem Breslauer Platz.

Die derzeitige Wache der Bundespolizei am Hauptbahnhof besteht aus aufeinander gestapelten Containern auf dem Breslauer Platz.

Immerhin: Glaubt man der Deutschen Bahn, könnte der provisorische Zustand nun bald ein Ende haben. Im Frühjahr, sagt ein Sprecher, soll die neue Wache in den Räumen der ehemaligen Buchhandlung Ludwig endlich fertig sein – jedenfalls „voraussichtlich“, wie der Sprecher betont. Dieses Wort ist wichtig, denn der geplante Fertigstellungstermin wurde bereits einige Male verschoben. Zuletzt im vergangenen Herbst. Zu den Gründen dafür teilte die Bahn auf Anfrage nichts mit.

Mittlerweile steht wesentlich mehr auf dem Spiel als der Breslauer Platz, nämlich unsere Identität als Kulturstadt
Erich Frank Pössl, Bund Deutscher Architekten (BDA)

Stattdessen heißt es, aktuell werde am Innenausbau gearbeitet, unter anderem an der Elektrik. Außerdem stünden noch Putz- und Malerarbeiten an. Die Sanitärarbeiten seien schon abgeschlossen, auch Fenster und Türen befänden sich auf dem neuesten Stand. Nach dem Umzug in die neuen Räume sollen dann auch die Container auf dem Breslauer Platz laut DB-Sprecher „zeitnah“ abgebaut werden.

Erich Frank Pössl, Vorsitzender des Kölner Ablegers vom Bund Deutscher Architekten (BDA), sagte am Montag: „Die ursprünglich beabsichtigte Standzeit ist nun um rund fünf Jahre überschritten, wodurch sich unsere 2018 geäußerte Befürchtung bestätigt hat. Es ist ein wiederkehrendes Phänomen, dass einmal etablierte Provisorien die Motivation erlahmen lassen, dauerhafte und stadtbildverträgliche Lösungen zu finden. Unsere Stadt ist aber eine gegenteilige Energie zu wünschen: mittlerweile steht wesentlich mehr auf dem Spiel als der Breslauer Platz, nämlich unsere Identität als Kulturstadt.“

Insgesamt hat die Deutsche Bahn elf Millionen Euro in den Umbau der Buchhandlung in eine geräumige Hauptbahnhof-Polizeiwache nach modernstem Standard investiert.

Ursprünglich sollte die Wache Ende 2021 fertig sein. Dass das Gesamtprojekt kompliziert werden würde, stand zwar von vornherein fest. Aber schon die ersten Planungen gestalteten sich zäher als erwartet. Eine Polizeiwache muss bestimmten Sicherheitsanforderungen genügen. Das betrifft den Grundriss, den Zellenbereich, aber auch beispielsweise spezielles Sicherheitsglas an Türen und Fenstern. All das musste berücksichtigt, mit der Polizei einzeln abgestimmt, im Zweifel noch einmal umgeplant und schließlich ausgeschrieben und vergeben werden.

Wegen dieser Verzögerungen bei der Planung und später auch beim Bau selbst musste die Deutsche Bahn die Stadt Köln mehrfach bitten, die Genehmigung für das Containerdorf auf dem Breslauer Platz zu erneuern – was auch jedes Mal geschah. Einen weiteren Verlängerungsantrag aber, das hoffen jedenfalls alle Beteiligten, soll es nicht mehr geben.