Rund 4500 Euro für einen Sessel? Der WDR stand in der Kritik wegen seiner Möbelsuche für das Filmhaus. Jetzt geht es teils von vorne los.
„Keine günstigeren Alternativen“WDR startet umstrittene Möbelsuche für Kölner Filmhaus neu
Der Westdeutsche Rundfunk (WDR) startet die Suche nach einem Teil der Möbel für das Filmhaus in der Kölner Innenstadt neu. Das hat eine Sprecherin des Senders am Mittwoch mitgeteilt, sie sprach von einem Beschluss der Geschäftsleitung. Demnach bereitet der WDR die neue Ausschreibung zügig vor und sucht in der zweiten Runde erneut Sessel, Sofas, Beistelltische und Hocker für Gemeinschaftsflächen wie etwa das Foyer oder Konferenzräume.
Die Sprecherin sagte: „Grund für die erneute Ausschreibung ist, dass bei einigen Sondermöbeln fast ausschließlich die Referenzobjekte angeboten wurden, keine gleichwertigen, günstigeren Alternativen.“
Und diese Referenzobjekte in der ersten Ausschreibung waren vor allem Designermöbel. Wie der „Kölner Stadt-Anzeiger“ am 20. Juli berichtet hatte, hatte der WDR in der ersten Runde als Referenzobjekt beispielsweise einen Lounge-Sessel namens „The Spanish Chair“ des Herstellers Fredericia angegeben.
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Die Firma empfiehlt auf ihrer Internetseite einen Preis von 4499 Euro pro Stück – und der WDR braucht 36 Exemplare. Die Gesamtsumme ohne Mengenrabatte beliefe sich demnach auf 161.964 Euro.
CDU-Politiker verärgert
Und der Sessel war nur eines von vielen Beispielen, insgesamt suchte der Sender eine Firma, die rund 2700 Möbel liefern sollte. Die Ausschreibung endete am 29. Juli.
Ein langjähriger freier Mitarbeiter sagte damals dieser Zeitung: „Das ist die Hybris der Geschäftsführung. Wir Mitarbeiter brauchen solche Möbel nicht.“ Und Gregor Golland, stellvertretender Fraktionsvorsitzender und Mitglied des WDR-Rundfunkrates, sagte: „Das ist ein Schlag ins Gesicht der Gebührenzahler und ein Image-Gau zu Lasten der vielen anständigen WDR-Mitarbeiter, die jetzt massive öffentliche Kritik aushalten müssen.“ Golland bezeichnete es als „verschwenderisches Vorhaben“.
Die Ausgaben der öffentlich-rechtlichen Sender stehen in den vergangenen Jahren stark im Fokus, die Anstalten finanzieren sich aus dem Rundfunkbeitrag von monatlich 18,36 Euro, den in der Regel jeder Haushalt zahlen muss.
Der WDR hatte dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ zur ersten Ausschreibung gesagt: „Bei der Ausstattung großer Gebäude ist es üblich, Möbelstücke bekannter Hersteller als Referenz anzugeben, um bei allen Anbietern ein vergleichbares Verständnis zu Anforderungen, Beschaffenheit und Qualität herzustellen. Dies bedeutet nicht zwangsläufig, dass die musterhaft genannten Möbel auch tatsächlich eingekauft werden.“ Der Preis sei das alleinige Entscheidungskriterium.
Keine Aussage zu Referenzobjekten
Der Sender hatte möglichen Interessenten mitgeteilt, dass auch gleichwertige Alternativen zu den Referenzobjekten möglich seien. Allerdings blieb die Frage offen, wie viel günstiger tatsächlich gleichwertige Alternativen überhaupt sein können. Ob der WDR in der neuen Ausschreibung ebenfalls Referenzobjekte angibt, konnte eine Sprecherin am Mittwoch noch nicht beantworten, weil die Suche erst noch vorbereitet wird.
Seit 2018 lässt der WDR das Filmhaus in der Innenstadt sanieren – das Projekt ist umstritten und gleich zwei Instanzen haben die Entscheidung des Senders für die Sanierung und die Umsetzung kritisiert. Laut NRW-Landesrechnungshof haben die Geschäftsleitung und der Verwaltungsrat als Kontrollgremium richtungsweisende Entscheidungen vor der Sanierung, vor allem zum Standort, „ohne fundierte, vorherige Untersuchungen getroffen“. Der WDR hält die Sanierung weiter für die wirtschaftlichste Lösung.
Und die Kommission zur Überprüfung und Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) urteilte: „Die Kommission stellte fest, dass die Sanierung des WDR-Filmhauses erheblich über den Kosten vergleichbarer Neubauvorhaben liegt.“ Der WDR verteidigte sich und verwies unter anderem auf den schwierigen Standort in der Innenstadt für die Sanierung. Die KEF gab 69,1 Millionen Euro nicht frei, die der WDR für die Sanierung angemeldet hatte.
2019 hatte der WDR eine Kostenerhöhung von 130 auf 240 Millionen Euro mitgeteilt. Im Filmhaus sollen ab nächstem Jahr rund 700 Menschen crossmediale Inhalte liefern, dazu zählt etwa die „Aktuelle Stunde“.