Durch die Änderung werde der rassistisch geltende Begriff getilgt und ein Kölner Heiliger aus der Anonymität geholt.
„Sehr weise Entscheidung“Mohrenstraße in Kölner Innenstadt wird umbenannt
Aus der Kölner Mohrenstraße soll die Gregorius-Maurus-Straße werden: Am Donnerstag hat die Bezirksvertretung (BV) Innenstadt die Verwaltung beauftragt, einem Gutachten des Historischen Beirats entsprechend und mit Beteiligung der Anwohner und Anwohnerinnen ein Umbenennungsverfahren einzuleiten. Damit wurde ein Änderungsantrag beschlossen, den SPD, Grüne, die Linke, FDP und Klimafreunde eingebracht hatten. Nach deren Willen soll zudem eine Erinnerungstafel mit QR-Code angebracht werden, auf der die Geschichte des Begriffs „Mohr“ und die Bedeutung der Heiligen Mauren für die Kölner Stadtgeschichte erläutert werden.
An der Entwicklung des Texts seien der Historische Beirat – ein Expertengremium, das die Stadt beim Umgang mit dem kolonialen Erbe Kölns berät –, der Integrationsrat und der Vorstand der Kirchengemeinde St. Gereon zu beteiligen. Einzig die CDU stimmte dagegen. Sie hatte in einem mündlich vorgebrachten eigenen Änderungsantrag vorgeschlagen, die Mohrenstraße, deren Name „negativ konnotiert“ sei, in „Zu den Heiligen Mauren“ umzubenennen. Dies lehnten alle anderen Bezirkspolitiker ab mit Ausnahme von Christian Nüsser (FDP), der sich enthielt.
Kölner Mohrenstraße: Umbenennung ein emotionales Thema
Eine „sehr weise Entscheidung“ nennt Bezirksbürgermeister Andreas Hupke den Beschluss zur Namensändeung. Er führe dazu, den als rassistisch geltenden Begriff zu tilgen, werde der Geschichte gerecht und hebe den heiligen Gregorius Maurus aus der Anonymität. Anders als in Berlin, wo seit Jahren um eine Umbenennung der dortigen Mohrenstraße und der gleichnamigen U-Bahn-Station gestritten wird, hat der Name in Köln keinen kolonialistischen Bezug, sondern geht eben auf jenen katholischen Heiligen zurück, dessen Grab sich in unmittelbarer Nähe der Straße, in der Kirche St. Gereon, befindet. Der Legende nach soll er als einer der Anführer der Thebäischen Legion, die aus Nordafrika stammte, Anfang des 4. Jahrhunderts mit seinen Gefährten, zu denen als Offizier der Heilige Gereon gehörte, in Köln hingerichtet worden sein, weil er sich weigerte, Christen zu verfolgen und zu töten.
Der Straßenname beschäftigt die BV seit langem. 2020 hatten die Sozialdemokraten die Umbenennung der Straße schon einmal angeregt. Ihr Antrag habe weit über Köln hinaus Beachtung gefunden, rief Alicem Polat (SPD) am Donnerstag in Erinnerung; zu den Reaktionen aus der Bevölkerung hätten auch „Drohmails“ gehört. Es sei ein „emotionales Thema, das viele Menschen zu beschäftigen scheint“. Im vorigen Jahr erstellte Marianne Bechhaus-Gerst, Mitglied im Historischen Beirat, im Rahmen des Projekts „Umgang mit dem (post)kolonialen Erbe Kölns“ des Amts für Integration und Vielfalt ein Gutachten.
Trotz der Herkunft des Straßennamens kam sie zu dem Schluss, er falle in die Kategorie „schwer belastet/nicht haltbar“, denn in seiner Wirkung sei er „rassistisch und diskriminierend“. Spätestens seit der Zeit des transatlantischen Sklavenhandels werde die „nahezu ausschließlich negative Konnotation des M-Worts immer deutlicher und manifestiert sich in Assoziationen von M. mit Sünde, Lasterhaftigkeit und Bedrohlichkeit“.
Menschen fühlten sich von dem Straßennamen beleidigt
Zur Vorbereitung der BV-Entscheidung hatte vor etwa zwei Wochen ein Fachgespräch stattgefunden, an dem neben Bezirkspolitikern zum Beispiel Vertreter der schwarzen Community, deren Vorfahren unter dem Kolonialismus gelitten haben, und der Fachverwaltung, Gottfried Stracke vom Kirchenvorstand der Gemeinde St. Gereon, Marianne Bechhaus-Gerst und ein Experte für mittelalterliche Geschichte teilnahmen. „Man hat sich Zeit genommen und sachlich diskutiert“, lobte in der BV-Sitzung Ulrich Höver, Leiter des Bürgeramtes Innenstadt, und sprach von einer „Sternstunde“ der Bezirksvertretung Innenstadt.
„Es ist eine so wichtige Entscheidung. Bundesweit guckt man auf Köln.“ Martin Herrndorf (Grüne) sagte, die Umbenennung sei überfällig; viele Menschen aus seinem Umfeld fühlten sich von dem Straßennamen „beleidigt“. Er freue sich über die „breite Einigkeit“ unter den Bezirkspolitikern. Wegen der Abweichung der Christdemokraten kam es freilich nicht zum „gemeinschaftlichen Entschluss“, den er sich wünsche.
Günter Leitner, Vorsitzender der CDU-Fraktion, monierte, die Zeit vom Fachgespräch bis zur BV-Sitzung sei zu kurz für eine gründliche Aufarbeitung der Ergebnisse gewesen. Er hielt daran fest, die Straße nach den „Heilgen Mauren“, die unter Führung von Gregorius Maurus gestanden und eine eigene Märtyrergruppe gebildet hätten, zu benennen.
Dies entspreche dem ursprünglichen Vorschlag des Kirchenvorstands von St. Gereon im 19. Jahrhundert, dem jedoch nicht gefolgt worden sei; stattdessen habe man das heute beanstandete Wort „Mohren“ gewählt. Durch die Umbenennung in „Zu den Heiligen Mauren“ könne dies „geheilt“ werden. Bleibe die Möglichkeit, den Namen „Gereon“, der im Viertel um St. Gereon gleich fünf Mal als Straßen- oder Platzbezeichnung vorkomme, in einem Fall durch „Gregorius Maurus“ zu ersetzen.