Wird der Ebertplatz umgebaut oder nicht? Oder nur teilweise? Der „Kölner Stadt-Anzeiger“ hat sich im Rat umgehört, wie die Meinungen sind.
Langwieriges VerfahrenKölner Politik will sich auf keine Umbau-Variante des Ebertplatzes festlegen
Im Kölner Stadtrat gibt es momentan noch keine erkennbare Mehrheit für eine der drei Varianten für den seit Jahrzehnten diskutierten Umbau des Ebertplatzes. Das hat eine Abfrage des „Kölner Stadt-Anzeiger“ ergeben.
In dieser Woche hatte die Stadt mitgeteilt, dass es neben dem Komplett-Umbau und dem Erhalt des Bestandes auch eine dritte Option gibt – und zwar den Teil-Umbau des Platzes aus den 1970er-Jahren. Die Stadt begründete die neue Variante mit einem nachhaltigeren Umgang der Ressourcen sowie den knapper werdenden Finanzen. Der Ebertplatz besteht aus der relativ dunklen Fußgängerunterführung im Westen und steigt dann nach Osten hin an. Dort steht der mittlerweile reaktivierte Brunnen, auf der anderen Seite fällt der Platz wieder zum Theodor-Heuss-Park ab.
Die abwartende Haltung der Politik liegt vor allem daran, dass mehrere Fraktionen erst noch die Analyse der nächsten 24 Monate abwarten wollen. In diesem Monat soll die Kölner Bietergemeinschaft aus „Startklar a+b“ und „Raumwerk.Architekten“ ihre Arbeit für die nächsten zwei Jahre am Ebertplatz aufnehmen, sie hatte sich im Dezember in einem Verfahren durchgesetzt (wir berichteten).
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Stadt Köln lässt Platz untersuchen
In dieser Zeit sollen auch Beton und Statik des Platzes gründlich untersucht werden, unter anderem die Westpassage ist damit gemeint. Zudem analysieren Experten die Verkehrssituation rund um den tiefergelegten Platz. Die Bietergemeinschaft soll zudem ein Betreiberkonzept für eine dauerhafte Bespielung, eine Trägerstruktur und eine mögliche Finanzierung erarbeiten.
Eine eindeutige Position hat die Fraktion der Linken, sie hat sechs der 90 Sitze der Politik im Stadtrat. Ihr Fraktionsgeschäftsführer Michael Weisenstein teilte mit: „Die Linke spricht sich für den Erhalt im Bestand aus. Gleichzeitig sollte aber eine Reduzierung der Autospuren rund um den Ebertplatz erfolgen.“ Laut Weisenstein haben die vergangenen Jahre gezeigt, dass eine Belebung auch in der bestehenden Architektur möglich ist. „Die Architektur steht für eine städtebauliche Epoche und sollte dementsprechend erhalten bleiben.“
CDU sieht Bedarf für Weiterentwicklung
Die Grünen als personell stärkste Fraktion mit 26 Mitgliedern will noch abwarten, ein Sprecher teilte mit: „Wir schauen uns das derzeit an und werden erst in der Fraktion beraten, bevor wir uns dazu äußern.“ Die Grünen sind Teil des Mehrheitsbündnisses im Rat mit CDU (20 Sitze) und Volt (vier). CDU-Fraktionsgeschäftsführer Niklas Kienitz will ebenfalls die Prüfung abwarten, er sagte: „Wir sehen weiterhin den Bedarf, den Ebertplatz weiterzuentwickeln, insbesondere um die Sicherheit, Sauberkeit und die Aufenthaltsqualität zu erhöhen.“
Isabella Venturini von Volt wollte sich auch noch auf keine Variante festlegen, sie sagte: „Was wir erwarten und fordern, ist, dass der Ebertplatz angstfrei umgestaltet und als Platz gut funktionieren muss. Das heißt Barrierefreiheit, freie Sichtachsen, bessere Orientierung. Auch der Verkehr drum herum muss bei den Varianten mitgedacht werden. Weiterhin möchten wir Kunst und Kultur dort weiter verorten, sollte aber nicht die Verantwortung tragen, die städtebaulichen Schwachpunkte auszubessern.“
Maria Helmis-Arend, Ratsmitglied der SPD (19 Sitze), möchte auch die Prüfung abwarten, sagte aber gleichzeitig: „Nach dem jahrelangen Hin und Her muss jetzt endlich Bewegung in dieses Verfahren kommen! Unser vorrangiges Ziel ist es, die Aufenthaltsqualität des Ebertplatzes zu erhöhen und wirksame Mechanismen der sozialen Kontrolle zu etablieren, um den Platz für die Menschen in unserer Stadt sicherer und einladender zu machen.“ Die SPD erwartet „zeitnah eine Verwaltungsvorlage“, welche Variante diese Ziele am besten umsetzt.
Allerdings dauert das laut Stadt noch. Die Arbeit der Bietergemeinschaft ist demnach zunächst eine „Vorqualifizierung“ des Planverfahrens. Ende 2025 will die Verwaltung laut eigener Aussage dem Stadtrat dann die Ideen präsentieren und das Gremium soll sich dann für eine der drei Varianten entscheiden. Erst danach, ab 2026, soll nochmal die entsprechende Variante en detail geplant werden, später umgesetzt werden.
Für die FDP (fünf Sitze) sagte Fraktionschef Ralph Sterck: „Mit dem aktuellen Ratsbeschluss haben wir der Verwaltung den Auftrag erteilt, beide Extreme, Erhalt und Abriss, mit möglichen Nutzungen zu prüfen. Dass dabei nun auch eine vermittelnde Variante mit gegebenenfalls einem Teilabriss und -neubau dazu gekommen ist, finde ich nachvollziehbar. Und da wir diesen Prozess engagiert, unvoreingenommen und ergebnisoffen begleiten, haben wir uns auf noch keine Variante festgelegt.“
Der Ebertplatz:
Im Jahr 2008 hatte Albert Speer im Masterplan Innenstadt zum Ebertplatz aus den 1970er-Jahren notiert: „Der abgesenkte Raum des Ebertplatzes und seine peripheren unterirdischen Einbauten erweisen sich heute als unattraktiv und in Bezug auf eine ökonomische Nutzung extrem lageungünstig. Angsträume und Barrieren schränken die Attraktivität und Benutzbarkeit für Fußgänger deutlich ein.“ Der Umbau war als kurzfristige Maßnahme in bis zu fünf Jahren aufgeführt. Danach ließ der Rat noch eine mögliche Tiefgarage untersuchen, die aber letztlich nicht umgesetzt wurde.
2017 wurde auf dem Ebertplatz bei einem Streit ein Mann tödlich verletzt, Polizei und der damalige Stadtdirektor Stephan Keller wollten die Westpassage inklusive der Räume der Künstlerinnen und Künstler zusperren. Das wurde verhindert.
2018 beschloss der Rat eine interimsmäßige Nutzung, die nun bis 2025 finanziert ist. Unter anderem sprudelt der Brunnen wieder, es gibt einen Gastro-Container und Tanz- und Theateraufführungen. Seit vorigem Jahr steht eine große Holz-Freitreppe auf dem Platz. Laut Stadt ist es denkbar, dass sie nun statt drei Monaten sogar bis in den Sommer bleibt. Die Bespielung sorgte für eine spürbare Belebung des Platzes, doch die Drogendealer sind weiter auf und an dem Platz.
Und die Kölner Verkehrsbetriebe rieten ihren Fahrern im Oktober, bis auf weiteres auf Toilettengänge am Ebertplatz zu verzichten – zu ihrer eigenen Sicherheit. Als Grund nannte die KVB die „momentane Situation am Ebertplatz, die durch die Obdachlosen- und Drogenszene dort herrscht“.
Eine grobe Kostenprognose hatte einen Komplettumbau des Platzes auf rund 35 Millionen Euro geschätzt. Bei einer Sanierung oder einem Teilumbau ist die Frage, wie gut es um die Bausubstanz bestellt ist. Eine Analyse von 2020 bewertete die Substanz auf einer Skala von 1,0 bis 4,0 mit 2,3. Von 1,0 bis 1,4 handelt es sich um einen sehr guten Zustand, ab 3,5 ist es ein ungenügender Zustand.
Der Notenbereich 2,0 bis 2,4 steht für einen befriedigenden Zustand. Dazu heißt es in der entsprechenden Norm: „Die Standsicherheit und Verkehrssicherheit des Bauwerks sind gegeben.“ Aber es heißt unter anderem auch: „Die Dauerhaftigkeit des Bauwerks kann langfristig beeinträchtigt werden. Laufende Unterhaltung erforderlich. Mittelfristig Instandsetzung erforderlich. Maßnahmen zur Schadensbeseitigung oder Warnhinweise zur Aufrechterhaltung der Verkehrssicherheit können kurzfristig erforderlich werden.“ (mhe)