Am Rande des belgischen Viertels gedeihen seit diesem Frühjahr rund 30 Hochbeete. Der Verein treibt auch andere Nachhaltigkeits-Projekte voran.
Urban Gardening, Kleidertausch, Repair-CaféVerein „Schmitz und Kunzt“ lebt nachhaltige Nachbarschaftshilfe vor
Wer in den vergangenen Monaten am Brachgelände an der Richard-Wagner-Straße vorbeispaziert ist, dem dürfte eines aufgefallen sein: Es wird ordentlicher – und grüner. Nachdem Freiwillige im Frühjahr zunächst den Innenhof von Schrott und Müll befreit hatten, konnten Mitte Mai insgesamt 15 Patinnen und Paten je zwei Beete bepflanzen.
Alle sind Mitglieder des Nachbarschaftsvereins „Schmitz und Kunzt“, der vor zwei Jahren sein Hauptquartier von Sülz in die Innenstadt verlagert hat. Auch dort hatte der Verein in der Vergangenheit bereits ein Urban-Gardening-Projekt umgesetzt.
Bei der Pflege unterstützen sich die Hobby-Gärtner gegenseitig, wie Anita Becker berichtet. Das ist besonders in der Urlaubszeit im Sommer sehr wichtig, damit die Pflanzen nicht verdorren. „Da gießt man gerne mal für jemand anderes mit“, sagt Becker.
Sie ist seit zwei Jahren Vereinsmitglied und habe sich ursprünglich in erster Linie für den Kleidertausch für Damen interessiert, den die Initiative regelmäßig organisiert. Inzwischen habe sie ihren grünen Daumen entdeckt und freut sich über die ersten reifen Tomaten in ihrem Beet. „Ich gehe häufig am Aachener Weiher joggen und genehmige mir dann, wenn ich hier vorbeikomme, einen kleinen Snack“, erzählt Becker.
Leihen statt kaufen, reparieren statt wegwerfen
Der Verein steht für gegenseitige Unterstützung innerhalb der eigenen Nachbarschaft. Von der Essensrettung über eine Wertstoffsammlung bis hin zum regelmäßig stattfindenden Repair-Café – in vielen kleinen Initiativen leisten die über 600 Vereinsmitglieder und 110 Ehrenamtler einen Beitrag zu einem nachhaltigeren Miteinander.
In Sülz firmierten die Projekte noch als private Nachbarschaftsinitiative unter dem Namen „Hinsundkunzt“. Doch nach der Vereinsgründung meldete ein Markenrechtsanwalt Ansprüche an: Der Name sei bereits vergeben an eine Hamburger Obdachlosenhilfe. So wurde der Verein auf Vorschlag der Frau von Vorstand Günter „Günni“ Schmitt kurzerhand in „Schmitz und Kunzt“ umbenannt.
Langes Zögern und Zaudern liegen Schmitt ohnehin nicht. „Wenn eine Idee gut und reif ist, versuchen wir, sie innerhalb von maximal zwei Wochen umzusetzen“, erklärt er. Beim Urban Gardening-Projekt an der Richard-Wagner-Straße dauerte es von der Anfrage bei den Grundstückseigentümern bis zur Zusage ein Vierteljahr, erzählt er. Sofort im Anschluss habe der Verein städtische Fördergelder beantragt. Die Beete hätten jedoch bereits drei Wochen später gestanden, vorfinanziert aus privaten Mitteln.
Mit vereinten Kräften gegen die Vereinsamung
Aktionen wie diese sollen Gemeinschaft stiften und einen Ort zum Austausch etablieren, so Schmitt. Denn auch mitten in der Großstadt würden sich immer mehr Menschen einsam fühlen. „Das zieht sich inzwischen über alle Altersklassen hinweg. Wir arbeiten dagegen an“, erklärt Schmitt. Außerdem gewinne man durch solche Gemeinschaften auch viele fachkundige Leute und könne diese mit motivierten Helfern zusammenbringen.
Diese Kombination erwies sich auch bei den Urban Gardening-Projekten als nützlich: Vor drei Jahren seien invasive, also eingeführte und häufig umgebungsschädigende Pflanzen für Schmitt kein Begriff gewesen. Doch mit Unterstützung der gärtnerisch erfahreneren Vereinsmitglieder habe man alle Vorgaben zur Bepflanzung umsetzen können.
Bei alledem den Überblick zu behalten ist für Schmitt wortwörtlich ein Vollzeitjob: Zehn Stunden pro Tag, an sieben Tagen pro Woche ist der ehemalige Programmierer nur für den Verein im Einsatz. Er wolle nah an seinen Mitstreitern bleiben, immer wertschätzend sein und ihnen „einen Grund geben, damit sie nächsten Monat weitermachen“, so der 62-Jährige.
Nun hofft er darauf, Nachahmer zu finden, die all die bereits etablierten Konzepte und Projekte in die Zukunft tragen – und dass irgendjemand in den kommenden Jahren den Vorstandsposten des Vereins übernimmt. „Es ist ein bisschen Zuckerbrot und Peitsche – aber meistens Zuckerbrot“, erklärt Schmitt lächelnd.
Schmitzundkunzt e.V., Richard Wagner-Straße 8, 50674 Kölnwww.schmitzundkunzt.de