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Kommentar

Satirischer Wochenrückblick
Leihgebühr fürs Gotteslob, Selfies mit dem Christkind

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Lesezeit 3 Minuten
18.10.2023, Köln: Die Südquerhausfassade des Kölner Doms.

Foto: Michael Bause

Vorübergehend geschlossen: Der Dom wird durch das Hauptportal künftig erst ab 9.30 Uhr geöffnet sein. Foto: Michael Bause

Die Hohe Domkirche muss sich neue Einnahmequellen erschließen, sonst kommt der Kardinal mit dem Rasenmäher.

Auweia. Jetzt wird’s eng. Das Erzbistum muss am Dom sparen, weil sich immer mehr Schäfchen abwenden und keiner in der Lage ist, das Kirchensteuer noch herumzureißen. Und was macht der Kardinal? Er schließt das Hauptportal am frühen Morgen. Bis halb zehn erreicht man den lieben Gott nur noch durch den Seiteneingang und kann sich zwei Domschweizer sparen. Das wird nicht reichen.

Bevor der Kardinal also gezwungen ist, auf der Suche nach Einsparmöglichkeiten mit dem Rasenmäher durch die Kathedrale zu fahren, sollte er noch mal in sich gehen und nach alternativen Einnahmequellen suchen.

Dass im Fastelovend im Hohen Dom zo Kölle Pittermännchen gesegnet und die Sessionskerze bis Aschermittwoch am Dreikönigenschrein ohne Gegenleistung vor sich hin kokeln darf, während die Klingelbeutel schlaff herunterhängen, sollte ihm zu denken geben.

Opferkerzen einzukürzen, damit sie schneller runterbrennen, und auf diese Weise den Umsatz anzukurbeln, dürfte von der Verbraucherzentrale sofort als Mogelpackung gebrandmarkt werden. Da hilft auch die Ohrenbeichte wenig. Eine Leihgebühr fürs Gotteslob, das früher mal ein Bestseller war, wäre ein absoluter Stimmungskiller.

Selbst einem Klassiker wie „Menschen, die ihr wart verloren“ dürfte ohne Gesangbuch-Unterstützung in der Christmette die Luft ausgehen, bevor die Gemeinde das „Lebet auf, erfreuet euch!“ erreicht.

Eine Fast Lane für Chinesen um den Dreikönigenschrein

Auch Selfies mit dem Christkind in der Krippe und den Heiligen Drei Königen bringen nichts. Weil Saisonware von Heiligabend bis Maria Lichtmess nur ein kurzlebiges Geschäft ist und die Bildrechte überdies nicht mehr zu klären sind. Mal ganz davon abgesehen, dass Selfies mit Obdachlosen ein Tabu sein sollten. Gleiches gilt für das Himmelfahrtskommando ab Ostern.

Nein. Der Kardinal muss größer denken und eine genaue Marktanalyse vornehmen. Aus wirtschaftlicher Sicht ist der Gottesdienstbesucher vollkommen uninteressant. Da kann Woelki seinen Sitzrasenmäher noch so oft in Bewegung setzen, während die Touristen aus aller Welt vor dem Dom warten müssen, bis die Messe gelesen ist.

Nehmen wir mal die Chinesen. Nur als Beispiel. Die schaffen Europa in sechs Tagen inklusive Flug. Amerikaner haben auch nicht viel mehr Urlaub. Das muss reichen fürs Schloss Neuschwanstein, fürs Brandenburger Tor, fürs Hofbräuhaus und für den Dom. Plus Eiffelturm und Big Ben.

Beim Heiligen Huawei! Für eine Fast Lane, einer Art Überholspur um den Dreikönigenschrein, zahlen die doch jeden Preis. Vorausgesetzt, das geht bargeldlos mit dem Smartphone vonstatten. Domschweizer mit Trageboxen oder Spendenkästen, die womöglich noch Münzen in Fremdwährung annehmen müssen? Wenn Sie mich fragen, ist das reine Zeitverschwendung.

Das rund 800 Jahre alte Reliquiar hat in seiner Geschichte immer nur einem Zweck gedient: den Pilgerstrom niemals abreißen zu lassen. Sollte der Kardinal sich überdies dazu durchringen können, die uralte Läuteordnung des „Decken Pitter“ endlich so zu ändern, dass der die längste Zeit des Jahres nicht einfach im Glockenstuhl abhängen kann, ohne seinen Klöppel in Bewegung zu setzen, ist die Sache perfekt.

Wozu sollten die Chinesen dann noch den Big Ben besuchen? Der wird in Kölle gleich mit abgehakt. Und fertig.