Sauberkeit beschäftigte schon die Alt-Oberbürgermeister Fritz Schramma und Jürgen Roters. Einiges ist seitdem passiert, vieles aber auch nicht.
„Neuanfang muss her“Kölner Alt-OB machen Vorschläge für mehr Sauberkeit in der Stadt
Es gibt Tatsachen in Köln, die mindestens so alt sind, wie die gekachelten Wände in den U-Bahn-Haltestellen der KVB. Zum Beispiel das Problem mit der Sauberkeit. Der jüngste Protest der Stadtführer wegen der ungepflegten Domumgebung hat hohe Wellen geschlagen, auch innerhalb der Stadtverwaltung. Schließlich stehe der Ruf der Stadt als gefragtes Touristenziel auf dem Spiel, so heißt es.
Ein Blick zurück zeigt, dass das Thema keineswegs neu ist. Seit Jahrzehnten bekommt Köln den Müll, Dreck und seine Schmuddelecken vor allem rund um seine Vorzeige-Kathedrale nicht in den Griff. Das geben auch die beiden ehemaligen Oberbürgermeister im Gespräch mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ zu: Fritz Schramma (CDU) und Jürgen Roters (SPD). Beide hatten in ihren jeweiligen Wahlkämpfen das Thema Sauberkeit weit oben auf ihrer Agenda.
Sauberkeit in Köln war schon Thema im Wahlkampf von Fritz Schramma
Köln müsse wieder Plätze bekommen, die zum Ausruhen und zu Gesprächen einlüden, forderte etwa Fritz Schramma im Jahr 2000, als er sich in Nippes als OB-Kandidat vorstellte. Als besonders negatives Beispiel machte er schon damals den Bahnhofsvorplatz und die Domplatte aus. „So wie das dort aussieht, wollen wir unsere Stadt nicht.“ Und Jürgen Roters nannte noch unmittelbar am Wahlabend im Jahr 2009, als er sich gegen den CDU-Bewerber Peter Kurth durchsetzen konnte, als erste Schwerpunkte in seinem zukünftigen Amt die Verbesserung der Sauberkeit in Köln.
Warum ist das offensichtlich nicht gelungen? „Ich habe es in meiner Zeit nicht geschafft, ich hätte dafür mehr Zeit haben müssen, das muss man so ehrlich zugeben“, sagt Roters, der von 2009 bis 2015 an der Spitze der Verwaltung stand. Schon sein verstorbener Parteigenosse Norbert Burger, der von 1980 bis 1999 Kölner OB war, habe ihm den schmuddeligen Ruf Kölns bestätigt, dies aber mit Blick auf die Historie zu erklären versucht: Von den Römern angefangen, hätten sich so viele Völker und Kulturen hier niedergelassen, dass das so sei, wie es ist.
„Aber das ist natürlich nicht hinnehmbar“, sagt Roters und fordert einen Neuanfang zur Verbesserung der Außendarstellung. Ein Gesamtkonzept müsse erarbeitet werden, regt der 74-Jährige an und nennt mehrere Beispiele.
Hauseigentümer, die durch Farbschmierereien betroffen sind, sollen finanzielle Hilfen von der Stadt erhalten, so dass private Fassaden oder Mauern leichter gereinigt werden können. Roters: „Mehr Sauberkeit kostet die Kommune natürlich Geld. Aber wir geben auch viel Geld für Kultur oder andere Bereiche aus.“
Bei den Abfallwirtschaftsbetrieben und der Abfallentsorgungs- und Verwertungsgesellschaft Köln habe sich viel Positives entwickelt. „Man gibt sich große Mühe zu reinigen, aber das reicht nicht aus. Hier muss noch mehr geschehen.“
Sauberkeit in Köln: Jürgen Roters fordert Neuanfang
Zudem gelte es, die Zuständigkeiten an den Bahnanlagen zu klären: Wenn die Deutsche Bahn sich weigere, zum Beispiel die Torbögen am Breslauer Platz zu reinigen, dann müsse dies die Stadt übernehmen und der Bahn die Kosten in Rechnung stellen. „Hier geht es Hygiene und Gesundheit im öffentlichen Raum.“ Roters zeigt sich empört darüber, dass es wenige hundert Meter vom Dom oft penetrant nach Urin riecht.
Mit Blick auf die Vielzahl von Baustellen, gerade im Bereich der City, sagt Roters: „Es muss ein Konzept erarbeitet werden, dass Baustellen möglichst ansehnlich gestaltet werden, etwa durch attraktive Plakate oder andere Hingucker. Dies muss dann auch mit in die Baugenehmigung einbezogen werden.“ Und: Nach dem Ende einer Baustelle müsse der Bauherr verpflichtet werden, schnellstens aufzuräumen. „Das Zeug darf dann nicht noch Wochen oder Monate herumstehen.“
Insgesamt mangele es in Köln an einem Verständnis für Schönheit und Harmonie, meint Roters und nennt fragwürdige Begrenzungen an Grünflächen, „die oftmals keinen Sinn ergeben. Vielleicht war das damals mal schön. Aber jetzt rosten sie vor sich hin“.
Eine weitere Forderung des Alt-OB: Altglascontainer sollen wie in anderen Städten endlich unterirdisch installiert werden – schon 2007 hatte das die damalige Umweltdezernentin Marlis Bredehorst, die 2020 starb, vor. Oberbürgermeister damals war Fritz Schramma.
Sauberkeit war eines seiner zentralen Themen, so stellte er 2007 einen Masterplan für mehr Sauberkeit am Dom vor. Für 2008 und 2009 etwa wurden 22 Millionen Euro bereitgestellt, um auch die Stadtbezirke sauberer zu machen. Die damals installierte Dom-Streife aus Ordnungsamt und Polizei verrichtet laut Stadt noch immer ihren Dienst, auch die Aktion „Kölle putzmunter“, die es weiterhin gibt, fällt in Schrammas Amtszeit (2000 – 2009).
„Vieles hat sich in den vergangenen 20 Jahren verändert“, stellt der 75-Jährige fest. Zum Beispiel das Ausgehverhalten, es werde viel mehr auf der Straße gegessen und getrunken – und auch weggeworfen. Auch habe die Obdachlosigkeit zugenommen. Hinzu kämen manche Köln-Touristen, die sich in ihrer eigenen Stadt anders verhielten, so Schramma. „Das Image als Party-Stadt trägt vielleicht zu einer falsch verstandenen Freiheit bei, als könne man hier die Sau raus lassen.“
Kritik übt Schramma am aktuellen Baustellenmanagement: „Wenn ich noch einmal neu geboren würde, dann wäre ich in Köln Vermieter von rot-weißen Absperrbaken. Damit ist ja offensichtlich ein Riesengeschäft zu machen“, sagt Schramma sarkastisch. „Die stehen da in der Gegend herum, und an der Baustelle tut sich dem Augenschein nach nichts.“
Der Appell des Alt-OB lautet: „Macht erstmal das fertig, was angefangen wurde.“ Dabei richtet Schramma den Blick auf die Liste von Großbauprojekten der Oberbürgermeisterin, bei der der Rat entscheiden soll, welche erst einmal nicht angegangen werden, um angesichts unterschiedlicher Krisen Kosten und Ressourcen zu sparen.
Fritz Schramma: Historische Mitte zurückstellen
„Man muss sich mal überlegen, wie viele angefangene Projekte wir haben, die immer noch nicht fertiggestellt sind“, kritisiert Schramma und nennt als jüngstes Negativ-Beispiel die Sanierung des rund 75 Meter langen Durchgang vom Roncalliplatz zur Hohenzollernbrücke: Aus anfangs geplanten sieben Monaten sind 14 Monate geworden. Und aus geplanten 1,5 Millionen Euro im vergangenen Jahr sind es nun 5,6 Millionen Euro.
Schramma sagt vor diesem Hintergrund: „Ich würde die Historische Mitte zurückstellen, bis Dom-Hotel, Laurenz-Carré und das Römisch-Germanische Museums fertig sind.“ Es sollten derzeit keine neuen Großbaustellen im Zentrum beschlossen werden, sondern stattdessen der Schul- und Wohnungsbau nach vorne gebracht werden.