Unverlangt vorgelegt? Ein Teil der Politik tut sich schwer, mit der Großbauprojekte-Liste umzugehen. Aber kann Köln sich alles leisten?
Milliarden-InvestitionenKölns OB Reker will Großbauprojekte überprüfen – doch seit neun Monaten tut sich wenig
Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker (parteilos) hatte angesichts von Pandemie, Krieg und steigenden Baukosten im August genug, als sie den städtischen Haushalt inklusive vermutlich vieler hunderter Millionen Euro Verlust vorstellte. Reker kündigte eine Überprüfung der Großbauprojekte an: „Das wird die Politik sicher jetzt in diesen Zeiten verantwortungsvoll abwägen.“ Sie kündigte eine Liste an, die sie dem Hauptausschuss im Oktober präsentierte. Mittlerweile ist das neun Monate her – ohne dass sich Entscheidendes getan hat. Warum?
Hörte man sich zuletzt in Politik und Verwaltung um, hieß es aus dem Rat: „Die Liste wurde ein bisschen unverlangt eingesandt.“ Oder: „Es handelt sich nur um eine reine Mitteilung der Verwaltung.“ Aus der Verwaltung war zu hören: „Dass die Politik damit offenbar nichts anzufangen weiß, ist ja auch ein Statement.“ Deutlich ernster klingen Menschen, die in wichtigen Positionen bei Bauprojekten sitzen: „Unsicherheiten sind nie gut für solch große Projekte.“
Bestimmte Projekte sind gesetzlich verpflichtend
Es geht um rund 122 städtische Großbauprojekte mit einem Volumen von jeweils mehr als zehn Millionen Euro, unter anderem die Sanierungen der Kulturbauten oder Neubauten von Schulen, Brücken und Feuerwachen. Insgesamt summiert sich die Liste auf rund acht Milliarden Euro – und die Frage: Was kann Köln sich leisten? Und auf was dürfte Köln verzichten? Schulbauten oder Feuerwachen sind gesetzlich verpflichtend. Oder reicht eine zeitliche Priorisierung? Oder bleibt einfach alles, wie es ist?
Alles zum Thema Bernd Petelkau
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Bislang beschäftigten sich die Fachausschüsse und Bezirksvertretungen mal mehr, mal weniger intensiv mit dem Thema, einige Politiker beklagten die fehlende Priorisierung. Laut Baudezernent Markus Greitemann sind die Projekte gewichtet, weil in der Liste notiert ist, wie weit ein Bau fortgeschritten ist.
Trotzdem hat die Verwaltung die Übersicht nachträglich farblich markiert. Rot etwa steht dafür, dass schon gebaut wird und ein Projekt faktisch nicht mehr gestoppt werden kann. Das gilt für rund 21 Prozent der 122 Maßnahmen. Bei 54 Prozent hat der Rat den Bau noch nicht beschlossen, das Gremium könnte auf die Projekte verzichten – wenn es keine gesetzliche Pflicht dafür gibt.
OB Reker will sich nicht selbst äußern
Reker selbst äußert sich auf Anfrage nicht, sie lässt über ihren Sprecher Alexander Vogel mitteilen, dass die OB mit der Liste Transparenz schaffen wollte. Das habe die Mitteilung ebenso geschafft wie die Möglichkeit, Prioritäten oder andere Entscheidungen zu treffen – „wenn die Politik dies denn wünschen würde“. Vogel sagt: „Es liegt in der Souveränität des Rates und seiner Gremien, wie mit dieser Möglichkeit umgegangen wird.“
Tatsächlich hat der Kulturausschuss zumindest eine eigene Projektgruppe für Kulturbauten beschlossen, die Idee stammte von der FDP. Auch die Linken haben einen konkreten Vorschlag gemacht, demnach soll die Stadt etwa auf die Sanierung der Bastei und andere Vorhaben verzichten. Ihren Antrag behandelt der Hauptausschuss am Montag, eine Mehrheit gilt als unwahrscheinlich.
Stimmen Grünen und CDU für Volt-Idee?
Mittlerweile hat nach knapp neun Monaten zumindest ein Teil des Dreier-Mehrheitsbündnisses aus Grünen, CDU und Volt auch rein formal eine Idee, was es mit der Liste plant. Es handelt sich dabei in Volt um die kleinste der drei Fraktionen: Sie hat vier Mitglieder, Grünen (26) und CDU (20) haben deutlich mehr. Volt will ein Fachgespräch der Verwaltung mit Politikern einberufen, die Stadt soll weitere Informationen anhand einer Bedarfsanalyse liefern. Grüne und CDU lassen die Frage unbeantwortet, ob sie den Antrag ihres Partners unterstützen. Von den beiden größten Fraktionen kam bislang kein Antrag.
CDU-Fraktionschef Bernd Petelkau sagt: „Wir können auf keines der Großbauprojekte auf der Liste verzichten.“ Um Kosten zu sparen muss laut Petelkau schneller gebaut werden. Grünen-Fraktionsgeschäftsführer Lino Hammer sagt: „Es ist auch klar geworden, dass viele der sogenannten „Großprojekte“ keine Großprojekte im klassischen Sinne sind, sondern dringend notwendige Ersatzinvestitionen, vor allem im Verkehrs- und Schulbereich.“ Die Volt-Fraktion teilt mit: „Uns ist wichtig, dass die Stadt mit Bauprojekten konkrete Bedarfe deckt.“ Bei Schul-, Wohn- und Verkehrsprojekten erwarte Volt keine Änderungen.