AboAbonnieren

Was kann Köln sich leisten?Reker kündigt Überprüfung der Großbauprojekte an

Lesezeit 4 Minuten
Panorama

Dunkle Wolken über Köln: Was kann die Stadt sich noch leisten?

Köln – Corona, der Ukraine-Krieg, dazu eine verpatzte Kultur-Großbaustelle nach der anderen: Oberbürgermeisterin Henriette Reker (parteilos) hat angekündigt, dem Stadtrat in den nächsten Wochen eine Liste der Großbauprojekte vorzulegen, damit das Gremium entscheiden kann, welches davon die Stadt lieber gleich sein lassen soll, nach hinten verschiebt oder stoppt.

Reker sagte: „Jetzt ist auch die Zeit, in der man sich das anschauen muss.“ Und: „Dass es überprüft wird, ist für mich selbstverständlich.“

Die Stadtspitze hat entschieden, die Liste aufzustellen. Baudezernent Markus Greitemann soll sie möglichst bald präsentieren, darin soll für die Ratspolitiker ersichtlich sein, wie viel Geld für ein Projekt schon geflossen ist, wie groß die verbindlichen Ausgaben sind, wie die Kostenprognose lautet und ob es Alternativen gibt.

Dann soll der Rat entscheiden und es bleibt die Frage: Kann Kölns Politik tatsächlich auf Prestigeprojekte verzichten?

Reker: „Man kann es umsetzen, muss es aber nicht“

Daran knüpfen sich weitere Fragen an: Ist es besser, beispielsweise jetzt fünf Millionen Euro Planungen abzuschreiben, als ein Großprojekt weiter zu verfolgen und später viel mehr zu bezahlen? Braucht Köln nicht weiter Investitionen, gerade von der öffentlichen Hand, aber wenn ja, welche und wie viele?

Reker sagte: „Das wird die Politik sicher jetzt in diesen Zeiten verantwortungsvoll abwägen. Wir werden der Politik entsprechende Daten zur Verfügung stellen. Wir haben für alles, was wir vorsehen, Beschlüsse. Das heißt, man kann es umsetzen, muss es aber nicht.“

Stadtspitze stellt Schulbau nicht in Frage

Greitemann hatte schon im Juli angekündigt, Projekte, die noch am Anfang stünden, auf den Prüfstand stellen zu wollen. Der Schulbau ist laut Reker und Greitemann aber unantastbar. Die Frage ist eher: Was ist nicht unantastbar?

rekre

Stadtkämmerin Dörte Diemert und OB Henriette Reker (r.)

Rekers Ankündigung kommt in einer Woche, in der die Stadt an diesem Mittwoch (17. August) ihren Haushaltsentwurf für die nächsten beiden Jahre dem Rat vorstellt, beschlossen wird die Haushaltssatzung in einigen Monaten. Er ist eine Übersicht über die Einnahmen und Ausgaben, der sich aber auch immer noch verändert, weil beispielsweise höhere Zinsen oder Energiepreise nicht auf Jahre hinaus planbar sind. Mit 5,52 und 5,76 Milliarden Euro handelt es sich um Rekord-Haushalte, die Stadt investiert unter anderem in den Klimaschutz.

Köln hat sich nach dieser Prognose für die nächsten Jahre von einem ausgeglichenen Haushalt verabschiedet. Der war eigentlich mal für 2022 vorgesehen, doch dann kam die Corona-Pandemie.

Nun gibt es noch den Krieg samt Energiekrise, samt gestörter Lieferketten. Das erschwert laut Kämmerin Dörte Diemert auch, den Haushalt möglichst genau zu prognostizieren, unter anderem wegen der Steuereinnahmen. Die Hebesätze will Diemert aber nicht erhöhen. Für nächstes Jahr plant die Stadt ein Minus von 191,7 Millionen Euro, für das Jahr darauf von 256,2 Millionen Euro.

Bis 2027 verzehrt die Stadt laut diesen Berechnungen rund 714 Millionen Euro Eigenkapital, hat dann Schulden von 7,16 Milliarden Euro, aktuell sind es rund drei Milliarden Euro. Das wäre ein Anstieg von 134 Prozent. Kämmerin Dörte Diemert sagte, die Stadt „segele hart am Wind“.

Nächste Großbauprojekte stehen an

Tatsächlich entnimmt die Stadt laut des Entwurfs beispielweise 2024 insgesamt 4,98 Prozent ihres Eigenkapitals, das ist knapp unter der Fünf-Prozent-Hürde. Würde sie in zwei Jahren nacheinander über diese wichtige Marke rutschen, muss sie über ein Haushaltssicherungskonzept darlegen, wie sie ihre Finanzen wieder in Ordnung bringt und hat dann weniger Spielraum für Ausgaben.

Zusätzlich zu den aktuellen Aufgaben stehen ja die nächsten großen Bauprojekte bald an, über die der Rat entscheiden muss: Die Sanierung von Philharmonie und Museum Ludwig zum Beispiel ist mit 34,6 Millionen Euro von 2023 bis 2027 veranschlagt, in diesen Jahren soll die Planung beginnen, um die Häuser für viele hunderte Millionen Euro in den Jahren danach fit zu machen.

Oder ein zentrales Museumsdepot ist mit knapp 215 Millionen Euro angesetzt, nächstes Jahr könnten die Planungen beginnen. Dazu teilte die Stadt mit: „Die Fertigstellung eines Zentraldepots ist für das Jahr 2027 angestrebt. Die Standortsuche ist initiiert. Verschiedene Standorte für einen Neubau sind zurzeit in Prüfung. Favorisiert wird eine Fläche in städtischem Eigentum, die Kapazitäten für künftige räumliche Erweiterungen des Zentraldepots bietet.“

Für die defizitären Kliniken sind zwischen 2023 und 2027 weitere 203,1 Millionen Euro als Unterstützung vorgesehen. Alle diese Summen sind zunächst nur eingeplant, letztlich entscheidet der Rat einzeln darüber.

Liste birgt Konfliktpotenzial

Die Liste wird also Konfliktpotenzial haben, es gibt kaum ein Projekt, das ohne Schmerzen aufzuschieben oder zu stoppen ist. Die „Historische Mitte“ etwa: hat schon Millionen an Planung gekostet, die Kirche ist beteiligt und es braucht ja eine langfristige Heimat für das Stadtmuseum, weil das Zeughaus ein Sanierungsfall ist. Oder der Erweiterungsbau des Wallraf-Richartz-Museums: ist den Stiftern der Bilder seit Jahrzehnten versprochen.

Aus der Verwaltung ist mehrfach zu hören, der Rat gebe zu viele Projekte in Auftrag. Nun soll die Politik aussieben. SPD-Fraktionschef Christian Joisten beispielsweise forderte eine Art Untersuchungsausschuss, der klären soll, warum in Köln Großbauprojekte immer teurer werden. „Hier muss dringend ein Stoppschild gesetzt werden. Die Großbauten dürfen nicht weiter das Fass ohne Boden im Kölner Haushalt sein.“