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Vorstoß des OrdnungsamtschefsDas sagen Kölner Straßenmusiker zur Casting-Idee

Lesezeit 4 Minuten
Eine sechsköpfige Band spielt auf der Schildergasse.

Die Replika-Band spielt bereits seit fast 15 Jahren in Köln.

Sollten Straßenmusiker in Zukunft bei der Stadt vorspielen? Ja, findet der Ordnungsamtschef. Die Künstler selbst sind geteilter Meinung.

Wenn es nach Ralf Mayer, dem neuen Chef des Kölner Ordnungsamts, geht, sollen zukünftig nur noch ausgewählte Künstler auf Kölns Straßen spielen dürfen. Er schlug im Interview mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ kürzlich die Einführung eines Castingsystems vor, bei dem die Künstler zunächst wie in München ihr schöpferisches Können unter Beweis stellen müssen. Ähnliche Konzepte gibt es bereits in anderen europäischen Städten. Was aber halten die Straßenmusiker selbst vom Vorstoß des Ordnungsamtschefs? Wir haben einige von ihnen gefragt.

Idee des Straßenmusik-Castings stößt auf Zustimmung

Ein junger Mann mit Sonnenbrille und Hemd steht auf der Hohe Straße. In der linken Hand eine kunstvoll bemalte Trommel, die er mit der anderen Hand spielt. Er begleitet sich selbst mit einem kehligen Gesang – 30 Minuten lang ohne einmal abzusetzen.

Cemal wohnt eigentlich in Bielefeld. Doch zweimal die Woche ist er mit seiner traditionellen Trommel – einer Daf Erbane – in Kölns Straßen unterwegs: „Mit Straßenmusik habe ich angefangen, weil Musik mein größtes Hobby ist“, sagt er. Zudem sei es eine tolle Möglichkeit, den Menschen in Deutschland die kurdische Kultur zu zeigen.

Ein Mann mit Hemd, Sonnenbrille und Trommel steht auf der Hohe Straße.

Cemal wartet auf der Hohe Straße mit traditioneller kurdischer Musik auf.

Ein paar hundert Meter weiter, im Schatten des Doms, sitzen zwei junge Frauen, die eine ähnliche Mission haben. Valeriia und Anna studieren in Kiew Musik. Auf ihrer Reise zu Freunden in Deutschland haben die beiden ihre Bandura mitgebracht. Auf diesen traditionellen ukrainischen Saiteninstrumenten spielen sie einen Mix aus Cover-Songs und ukrainischen Liedern – und stoßen damit auf Begeisterung. Schnell bildet sich um die beiden eine Menschentraube.

Zwei Frauen mit gitarrenähnlichen Musikinstrumenten stehen im Schatten des Kölner Doms.

Valeriia und Anna begeistern mit ukrainischen und englischen Melodien.

Die Idee des Ordnungsamtschefs stößt bei allen drei Musikern auf Zustimmung: „Ich finde, dass das eine gute Idee ist. Es gibt viele, die keine Ahnung von Musik haben und nur verarschen wollen“, sagt Cemal. Und Valeriia findet: „Es sollten Menschen hier auf der Straße spielen dürfen, die wissen, was sie tun.“

Straßenmusiker unbesorgt: „Meine Band wird jeden Test bestehen“

Ähnlich sieht es auch Adrian Dusu. Der 40-jährige ist Manager der „Replika-Band“. Die Gruppe, deren sechs Mitglieder aus der rumänischen Region Galați kommen, existiert seit gut 20 Jahren. Seit 2010 spielt sie regelmäßig in Köln, vorzugsweise Cover-Versionen internationaler Hits: „Sie lieben Köln und die Stadt ist für sie in all der Zeit zu einer zweiten Heimat geworden.“

Auch deshalb, weil es hier viele Menschen gebe, die ihre Musik wertschätzen und wie heute stehen bleiben, um sich ihre Interpretationen von „Don't worry, be happy“ oder „Bella Ciao“ anzuhören.

Ein Vorspielen bei der Stadt sei „keine schlechte Idee“. Dann könne man zeigen, wie gut man wirklich als Musiker ist. Für die „Replika-Band“ sei das ohnehin kein Problem: „Meine Band wird jeden Test bestehen.“

Nicht alle Künstler sind begeistert

Also alles super? Zumindest ein Straßenmusiker möchte das an diesem Nachmittag nicht so sehen. Leon ruht sich gerade vor seinem nächsten Auftritt auf den Domtreppen aus. Der großgewachsene Brite spielt sonst in den Straßen von London. Aktuell ist er mit seiner Gitarre und selbstgeschriebenen Songs auf einer Reise durch Deutschland.

Ein Mann mit Gitarre steht vor dem Kölner Hauptbahnhof.

Leon ist nur einige Tage in Köln zu Gast. Er ist gegen die Idee des Ordnungsamtschefs.

Die vom Chef des Ordnungsamts zitierten Beispiele aus anderen europäischen Städten, kennt er aus erster Hand: „Seit einigen Jahren gibt es so ein System auch in der Londoner U-Bahn.“ Mit der Freiheit, dort einfach so aufspielen zu können, wie man will, seien auch viele gute Musiker verschwunden. Die Qualität habe so deutlich abgenommen. Und wenn Köln so ein System einführe, sei es für Künstler wie ihn, die ein oder zwei Tage in der Stadt bleiben, kaum möglich, noch legal auf der Straße zu spielen: „Ich würde es dann aber trotzdem tun.“

Statt an Casting und Vorspielen glaubt Leon an die Kraft des freien Wettbewerbs: „Es ist eine natürliche Regulierung. Die guten Musiker machen Geld und kommen wieder, die schlechten machen kein Geld und verschwinden mit der Zeit.“ Statt darin einzugreifen sollten sich Städte wie Köln seiner Meinung nach lieber um bessere Bedingungen für Straßenmusiker bemühen. Er selbst übernachtet lieber in Düsseldorf. Da müsse man für das Klo nicht überall bezahlen.