Michael Theurer, Beauftragter für Schienenverkehr im Bundesverkehrsministerium, verschafft sich einen Eindruck über die KVB-Probleme.
Streit um möglichen neuen Bahn-TunnelWissings Staatssekretär auf KVB-Testfahrt durch Kölner Innenstadt
Eine Bahn früher und Michael Theurer hätte bei seiner Fahrt mit der Linie 7 über die Ost-West-Achse an der Moltkestraße hautnah mitbekommen, wie störanfällig der Stadtbahnbetrieb sein kann. „Unfall mit Pkw. Bahnen fahren derzeit nur unregelmäßig“, informiert das Schriftband an der Haltestelle. Die Kunden der Kölner Verkehrs-Betriebe (KVB) registrieren das nur beiläufig. So sieht er eben aus, der Pendler-Alltag in Köln.
Für den Kommunalpolitiker Ralph Sterck, Fraktionsvorsitzender der FDP im Stadtrat, hätte es nicht besser laufen können. Weil Michael Theurer eben kein x-beliebiger Pendler ist, sondern Parteifreund, Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium und als solcher Beauftragter für den Schienenverkehr.
Stadtrat vertagte Entscheidung
Sterck und Reinhard Houben, FDP-Bundestagsabgeordneter, konnten ihn überzeugen, die KVB-Trasse mal selbst zu testen, über die seit Jahren im Stadtrat heftig gestritten wird. Die Entscheidung, ob U-Bahn oder oberirdische Lösung, wurde in der letzten Sitzung des Stadtrats vor der Sommerpause noch einmal vertagt.
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Die FDP, die sich für die U-Bahnlösung zwischen dem Heumarkt und der Kreuzung Aachener Straße/Universitätsstraße stark macht, will den Staatssekretär davon überzeugen, dass über dieses Milliardenprojekt allein in Köln entschieden werden muss, obwohl der Bund und das Land NRW bis zu 90 Prozent der Kosten tragen. „Das sehen längst nicht alle so“, sagt Sterck.
Sterck will dem Staatssekretär die aus FDP-Sicht neuralgischen Punkte zeigen und ihn davon überzeugen, dass es zur U-Bahnlösung eigentlich keine Alternative gibt. Auch KVB-Chefin Stefanie Haaks ist mit an Bord, beschränkt sich aber auf die Fakten und betont ausdrücklich, dass die FDP Theurer eingeladen hätte. Dass sich die Verkehrsbetriebe eindeutig für die U-Bahn-Variante ausgesprochen haben, ist seit langem bekannt.
KVB zählt alle dreieinhalb Tage eine Störung auf der Aachener Straße
Störungen wie heute seien in der Innenstadt an der Tagesordnung, sagt Sterck. „Auf diesem Abschnitt hier gibt es alle dreieinhalb Tage eine Betriebsstörung, also einen Unfall, ein Auto im Gleis. Das wirkt sich auf das gesamte Netz aus.“
Die Fahrt geht weiter. Beim Zwischenstopp am Neumarkt bekommt Theurer zu spüren, was Berufsverkehr in der Kölner Innenstadt selbst in den Sommerferien bedeutet. Der Bahnsteig ist voll, die Gruppe muss sich im Pendlerstrom Richtung Ausgang kämpfen.
Was passiert mit den Bäumen?
Wie denn dieser Platz bei einer oberirdischen Lösung aussähe, fragt Theurer. „Die KVB bräuchte vier Gleise, um hier den Fahrgastwechsel zu organisieren. Mitten auf dem Platz“, so Sterck. „Das heißt, die Platanen müssten weg?“, fragt Theurer. „Vermutlich können wir die vergessen“, so Sterck.
Bei der U-Bahnvariante würden auch die Gleise auf der Nordseite des Neumarkts wegfallen, ergänzt die KVB-Chefin. Die Züge von und zum Stadion müssten dort dann nicht mehr wenden.
Stopp am Kölner Heumarkt
Im krassen Gegensatz zum Getümmel steht der letzte Stopp am Heumarkt. Ein gähnend leerer U-Bahnsteig, an dem ein Zug der Stummel-Linie 5 wartet, auch auf der Zwischenebene ist alles still.
Mit knappen Worten fasst Sterck zusammen, dass diese Folgen des Stadtarchiv-Einsturzes wohl erst 2032 beseitigt sein werden. „Das ist eine Lücke von rund 400 Metern. Wenn die geschlossen ist, haben wir 23 Jahre auf die Nord-Süd-Stadtbahn gewartet.“
Eine Sorge kann Theurer der FDP nehmen. Die Entscheidung über das Projekt liege allein bei der Stadt Köln, mahnt aber zur Eile. „Wir haben einen richtigen Run auf die Fördermittel.“ Der Bund habe „eine klare Entscheidung pro Schiene“ getroffen und werde die Mittel, die aus dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz zur Verfügung stehen, „von einer Milliarde in diesem auf zwei Milliarden im kommenden Jahr erhöhen. Anschließend wird es eine Dynamisierung von drei Prozent pro Jahr geben.“
Das Interesse an Mitteln aus diesem Fördertopf wachse. „Damit werden auch Revitalisierungen von Strecken und die Elektrifizierung gefördert“, so Theurer. „Wir gehen davon aus, dass die Nachfrage zunimmt. Ich gehe aber davon aus, dass wir diese Anträge auch in Zukunft positiv bescheiden, wenn sie förderfähig sind.“
Das klingt zunächst gut. Der Staatssekretär dämpft aber die Euphorie. Allein der Ausbau der Stammstrecke bei der S-Bahn in München werde inzwischen mit sieben Milliarden Euro veranschlagt. 60 Prozent davon trage der Bund. Man könne also durchaus in die Lage geraten, „dass unser üppig sortiertes Programm überbucht ist“.