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Abgesagte SitzungenÜberleben kleine Kölner Karnevalsvereine noch ein Pandemiejahr?

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Thomas Andree (M.),  Vorsitzender der Kajuja Dellbrück, mit Präsident Martin Scherer (l.) und Senatschef Werner Scherer.

  1. Kleine Karnevalsvereine wie die Kajuja Dellbrück müssen sich wegen abgesagter Sitzungen einiges einfallen lassen.
  2. Überleben sie noch ein Pandemiejahr ohne fest eingeplante Einnahmen?
  3. Darüber spricht Thomas Andree, Vorsitzender der Kajuja Dellbrück, im Interview.

Herr Andree, Sie sind Vorsitzender der Kajuja Dellbrück, bei der eigentlich an diesem Wochenende in der Holweider Gesamtschule zwei Sitzungen mit Rednern und Sängern aus der ersten kölschen Liga, den vereinseigenen Tanzgruppen Tanzküken sowie mit dem Dreigestirn auf dem Programm standen. Doch die Sitzungen mussten Corona-bedingt nun schon im zweiten Jahr hintereinander abgesagt werden. Wie kommt ein kleiner Karnevalsverein ohne diese fest eingeplanten Einnahmen durch die Pandemie?

Das kriegen wir schon irgendwie hin. Wir haben uns inzwischen beim Kulturfonds registrieren lassen und hoffen da auf Zuschüsse. Das ist aber gegenwärtig alles noch recht spekulativ. Wir wissen weder wann, noch mit wie viel Fördergeldern wir rechnen können. Auch ist unklar, ob wir bei den Gagen der Künstler zunächst einmal in Vorleistung gehen müssen. Im vergangenen Jahr war ja alles frühzeitig seitens des Landes abgesagt. Da waren wir aus allen Verträgen raus. Nun müssen wir zunächst die Eintrittsgelder zurückzahlen. Beide Abende waren ja mit rund 650 Besuchern so gut wie ausverkauft.

Hat man da nicht Angst, als kleiner Karnevalsverein den Bach runter zu gehen?

Wenn es keine Zuschüsse von Bund oder Land gibt, wird es eng. Aber Angst haben wir nicht. Schließlich haben wir noch etwas auf der Bank, denn bei den Sitzungen der Vorjahre ist stets ein mittlerer vierstelliger Betrag übrig geblieben. Somit sind wir schon weich gebettet und haben zudem ja auch nicht allzu viele Fixkosten.

Wieso nicht allzu viele?

Wir zahlen an die Stadt als Vermieter der Schulaula , aber ansonsten machen wir die komplette Logistik doch ganz in Eigenregie. Von der Garderobe bis zu dem Foyer, von Saalbedienung und Brötchenschmieren bis zu Getränkeausgabe und Spülpersonal wird alles mit eigenen Mitgliedern gestemmt. Und diese müssen wir auch in schwierigen Zeiten mitnehmen. Wenn es keine Sitzungen gibt, dann muss man sich etwas anderes einfallen lassen.

Was machen Sie da als Ersatz?

Wir Vorstandsmitglieder haben am vergangenen Samstag im Schneeregen eine übrig gebliebene Weihnachtsmarktbude im Biergarten des Dellbrücker Wirtshauses „Em Höttche“ genutzt, um dort unseren Mitgliedern den aktuellen Orden, unser Sessionsheft und zwei Kölschgläser zu überreichen. Diesmal mussten die Leute zu uns kommen.

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Im Vorjahr war es anders herum. Da sind wir zu denen gegangen und in Kleingruppen durchs Veedel gezogen, um allen Kajuja-Mitgliedern einen „Trostpflaster-Büggel“ an die Haustüren zu bringen. Das Feedback war großartig. Alle haben sich sehr gefreut, dass man sie auch in diesen Zeiten nicht vergisst.

Herr Andree, Sie haben vor drei Jahren bei der Kajuja Dellbrück den Vorsitz übernommen. Seitdem war eigentlich noch gar nichts „normal“.

Lediglich im Jahr 2020 konnten wir unsere Sitzungen planmäßig durchführen. Man kann fast schon sagen, danach ging es unter meinem Vorsitz bergab. Aber ich hatte vorher schon gelernt, wie es funktioniert. Ich möchte alles weitgehend so erhalten, wie es ist. Als Kajuja – 1950 mit einer Pfarrsitzung gestartet und inzwischen auf rund 350 Mitglieder angewachsen – sind wir ein Familienverein. Und das wollen wir auch bleiben – von den Kleinsten bis zu den janz Ahle. Und denen konnten wir zuletzt außer einem Grillfest im Sommer nur noch den monatlichen Stammtisch anbieten.

Bleiben wir mal bei den Kleinen. Die sind weitgehend bei den Kajuja-Küken aktiv, der vereinseigenen Kinder- und Jugend-Tanzgruppe. Wie steht es um die?

Die leiden. Der Stammtisch ist ja eher nichts für die Pänz. Dabei hatten wir uns schon kreative Lösungen überlegt, so mit einem Tanztraining im Schrebergarten. Aber die Kinder und Jugendlichen – gut 40 Mädchen und ein Junge – wollen auch auftreten. Da das momentan nicht geht, sind einige auch schon ausgetreten. Wir haben ja drei Altersstufen im Einsatz. Da muss man sehen, ob wir das auch weiter so durchhalten können.

Außer auf den Sitzungen wären die Pänz ja auch beim ökumenischen Gottesdienst zur Sessionseröffnung dabei gewesen und hätten am Altar getanzt.

Aber dieser Gottesdienst fällt ja auch aus. Wir hatten da im Vorfeld viel Mail-Verkehr mit der evangelischen Kirche. Aber so eine Veranstaltung passt einfach nicht in die Zeit.

Und was ist mit dem Dellbrücker Veedelszoch am Karnevalsdienstag? Da ist die Kajuja doch als Hühner und Hähne verkleidet immer mit Fußgruppe und Festwagen dabei. Passt der noch in die Zeit?

Das ist noch nicht final entschieden. Allerdings eher unwahrscheinlich. Auch hier müssen wir uns unserer Verantwortung bewusst sein. Ich sehe es derzeit kritisch, zu großen Zusammenkünften aufzurufen. Ich bin ja seit zehn Jahren einer der beiden Zugleiter für den Dellbrücker Dienstagszug. Und Stand jetzt ist der am 1. März noch nicht abgesagt. Da müssen wir uns auch noch mit den benachbarten Stadtteilen abstimmen. Und mit den anderen Vereinen und Gesellschaften in unserem Veedel. Aber da läuft es richtig gut untereinander.

Für manchen Dellbrücker ist die Kajuja ja eine Art Zweit-Verein.

Das ist richtig, aber im Gegensatz zu manch anderen kann bei uns die ganze Familie mitmachen. In Dellbrück darf man getrost mehreren Vereinen angehören, aber man sollte stets die richtige Mütze tragen.