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„Situation ist dramatisch”Fachkräftemangel an Kölner Kliniken gefährdet Versorgung

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Eine Kinderkrankenpflegerin versorgt ein Neugeborenes. 

Köln – Der Fachkräftemangel in der Kinderkrankenpflege droht künftig die medizinische Versorgung von Kindern und Jugendlichen zu gefährden. „Wir laufen in einen Bereich hinein, in dem es gefährlich werden könnte“, sagte der Vorsitzende des Gesundheitsausschuss, Ralf Unna (Grüne). Allerdings gebe es derzeit noch keine akute Bedrohung.

Michael Paetzold (SPD) hält die Situation für „dramatisch“. Hintergrund ist eine Antwort der städtischen Kliniken und der Uniklinik auf eine Anfrage von Grünen, CDU und Volt zur Zukunft der Kinderkrankenpflege, die besorgniserregend ist.

Qualität wegen Fachkräftemangel vermindert

Im Papier heißt es, dass aufgrund des bundesweiten Fachkräftemangels es zu einer Verminderung der Qualität in der Kinderkrankenpflege kommen könne. „Insbesondere die Versorgung von schwerst- und lebensverkürzend erkrankten Kindern wird ernsthaft in Gefahr sein, sollte es nicht gelingen, zusätzliche Pflegerinnen und Pfleger zu rekrutieren“, schreibt die Stadt.

Die städtischen Kliniken weisen darauf hin, dass manche Stationen nicht mehr so viele Betten unterhalten könnten wie eigentlich vorgesehen. Dies betreffe vor allem den Intensivbereich im Kinderkrankenhaus, wo statt 16 Betten derzeit nur noch zehn vorgehalten werden könnten. „Der Versorgungsauftrag kann damit im Bereich der Kinderintensivmedizin in Köln nicht mehr ausreichend erfüllt werden.“

Krankenhaus Holweide WEISER

Das Krankenhaus Holweide

Ähnlich sei die Situation im Perinatalzentrum im Krankenhaus Holweide, wo neugeborene Kinder ab der 22. Schwangerschaftswoche und einem Gewicht ab 400 Gramm behandelt werden. Der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) sehe bei sehr unreifen Frühgeborenen eine Eins-zu-eins-beziehungsweise eine ein-zu-zwei Betreuung vor. „Trotz intensiver Bemühungen ist es uns nicht annähernd gelungen, genug Pflegende dieser Anforderungen zu gewinnen.“

Im Gegenteil habe sich die Lage verschlimmert, weil sich die Zahl der Schwestern und Pfleger etwa durch Krankheiten und Schwangerschaft vermindert habe. Durch die Ausfälle im Personal sehen die Kliniken sogar den „Fortbestand des Perinatalzentrums gefährdet“.

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Die Uniklinik berichtet, dass aktuell im Durchschnitt jede vierte Stelle in der Kinderkrankenpflege nicht besetzt sei. In der Regel könnten aber alle Patienten betreut werden, in Belastungsspitzen müssten Kinder in andere Krankenhäusern, mitunter sogar in andere Bundesländer verlegt werden.

„Wir brauchen mehr Pflegekräfte“, sagt die Pflegedirektorin der Uniklinik, Marina Filipovic, im Gespräch mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Die Pflegenden seien sehr belastet – oft auch durch Überstunden.

Dötsch

Professor Jörg Dötsch

Qualitativ gebe es in der Uniklinik beispielsweise in der Neonatologie derzeit aber keine Probleme, ergänzt Prof. Jörg Dötsch, Direktor der Kinder- und Jugendklink der Uniklinik. „Wir gehören qualitativ zu der Spitzengruppe.“ Unter anderem gelinge dies dadurch, dass die Pflegekräfte durch Pharmazeutisch-Technische Assistenten, Stationssekretärinnen, Patienten-Service, Pflege-Lotsen oder Trauma-Lotsen (Psychologen und Sozialarbeiter) unterstützt würden. Zudem gebe es an der Uniklinik eine gute Infrastruktur, etwa im Zentrum für Familiengesundheit.

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Maina Filipovic

Die Uniklinik begegne dem Mangel durch mehr Ausbildungsplätze. So habe man die Zahl der Auszubildenden in diesem Jahr um 25 auf 300 aufgestockt. Zehn Prozent der Pflegekräfte würden zudem schon im Ausland angeworben. Allerdings gebe es mitunter sprachliche Barrieren. „Meine Vision ist es, dass die Pflegenden durch den Einsatz neuer Technologien noch mehr Zeit am Patienten, also mit den Kindern und den Eltern, verbringen können“, so Filipovic.

Probleme durch Pflegereform

Für den Fachkräftemangel macht die Stadt unter anderem das Pflegekräftereformgesetz verantwortlich, das 2020 in Kraft getreten ist und den Wechsel der Pflegenden zwischen einzelnen Berufsfeldern erleichtern sollte. Mit dem Gesetz wurden die Ausbildungen von Altenpflege und Kinderpflege zusammengelegt.

Mit Auswirkungen auf die Ausbildung: Wurden früher angehende Kinderkrankenpflegende drei Jahre lang im Fachbereich ausgebildet, findet nunmehr eine zweijährige allgemeine Ausbildung statt. Nur im dritten Jahr können sich die Pflegekräfte spezialisieren. Die geänderte Ausbildung führt offenbar dazu, dass sich weniger junge Menschen für den Beruf der Kinderkrankenpflegenden entscheiden.

„Man darf den Mangel nicht verwalten”

Mehr noch: Laut einer Umfrage mehrere Fachverbände zur pädiatrischen Pflegeausbildung gaben nur 32 Prozent der Krankenpflegeschulungen an, dass sie überhaupt eine Spezialisierung auf Kinderkrankenpflege im dritten Jahr anböten. Im Jahr 2019 waren es noch 53 Prozent.

Einer Umfrage des Verbands Leitender Kinder- und Jugendärzte Deutschland sagten 87 Prozent der Chefärzte und Kliniken, dass sie davon ausgehen, in fünf Jahren nicht ausreichend qualifizierte Pflegekräfte zu haben.

„Wir haben einen dringenden Bedarf“, sagt Gesundheitspolitiker Unna. Das Pflegereformgesetz sei „mangelhaft“ und müsse möglichweise korrigiert werden. Paetzold plädiert dafür, die Pflegeberufe attraktiver zu gestalten. „Es ist ein anstrengender Job, mit Schichtarbeit und Nachdiensten.“

Daher müssten Pflegende besser bezahlt werden und bessere Arbeitsbedingungen erhalten. Ursula Gärtner (CDU) weist darauf hin, dass derzeit noch alle Patienten versorgt würden. „Man muss aber ein Auge auf die Situation haben und kann den Mangel nicht verwalten.“