Verbund der Kölner KlinikenLauterbach sorgt sich um medizinische Versorgung der Stadt
- Prof. Dr. Karl Lauterbach (58) ist Epidemiologe, Gesundheitspolitiker und seit 2005 Bundestagsabgeordneter der SPD.
- Er ist Bundestagskandidat im Wahlkreis Köln-Leverkusen und derzeit einer der gefragtesten Experten in Coronafragen.
Köln – Herr Lauterbach, eine vor kurzem veröffentlichte Machbarkeitsstudie bescheinigt dem Verbund der Kölner Uniklinik mit den städtischen Kliniken sowohl wirtschaftliche als auch medizinische Vorteile. Es ist von einem Synergiepotenzial in Höhe 42,7 Millionen Euro zu lesen. Ohne den Zusammenschluss drohten insbesondere den kommunalen Krankenhäusern weiterhin Millionenverluste.Lauterbach: Jährliche Ergebnisverbesserungen von 40 Millionen Euro und mehr kann ich mir schlicht und ergreifend nicht vorstellen. Wenn die Qualität der Versorgung erhalten bleiben soll, sind solche Einsparungen nicht denkbar. Ich kenne auch keinen privaten Betreiber, dem das gelungen wäre. Das geht immer einher mit einem massiven Abbau von Angeboten.
Was befürchten Sie, welche Angebote verringert oder ganz wegfallen würden?
Ich glaube, dass Holweide auf eine Rumpfklinik reduziert würde, ein Haus, mit einer primär geriatrischen Spezialabteilung. Der Anspruch, dass Holweide ein Stadtkrankenhaus bleibt, mit relativ unbürokratischem Zugang zu einer qualitativ hochwertigen Versorgung, wäre mit dem Verbund in seiner jetzigen Planung nicht realisierbar. Im Prinzip würde man sich von einer Klinik trennen und nur noch eine Minimalversorgung anbieten. Für die Bürger im Stadtbezirk Mülheim würde das bedeuten, dass sie nach der Schließung der Dreikönigen-Krankenhaus 1975 und jüngst der Schließung der KV-Notdienstpraxis am Wiener Platz keine akut medizinische Versorgung mehr hätten.
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Wäre das so schlimm, wenn man aus Mülheim ein paar Kilometer weiter fahren müsste nach Merheim? Die meisten Menschen sind ja eher selten im Krankenhaus.
Es geht um die Versorgung von über 150.000 Menschen im Stadtbezirk Mülheim in akuten Fällen, und auch um die Auswahl, die man hat. Es gibt in Deutschland keine Großstadt mit 150.000 Bürgern, die ohne ein einziges Akutkrankenhaus auskommen es würde und lediglich auf die Versorgung im Umland verweist.
Was wäre denn eine Lösung für die städtischen Kliniken, wenn der Verbund nicht zustande kommen sollte. Weiterhin jedes Jahr 50 Millionen Euro Minus, die letztlich zulasten der Stadtkasse gehen?
Natürlich sind Defizite in dieser Größenordnung nicht tolerierbar. Aber die städtischen Kliniken könnten mit einem verschlankten Angebot und einer Spezialisierung in wenigen Bereichen selber Synergie-Effekte erreichen. Die jetzigen Verluste kommen ja auch dadurch zustande, dass die Häuser nicht ausgelastet sind, unter anderem weil Personal fehlt.
Verschlanktes Angebot, das hört sich aber auch nach Einsparungen an.
Ich meine damit, dass man nicht mehr jede Abteilung unterhält. Aber Holweide würde dennoch Stadtkrankenhaus bleiben.
Welche Abteilungen könnten wegfallen?
Es muss darum gehen, was erhalten bleiben soll. Das sind die klassischen Abteilungen Chirurgie, innere Medizin, Gynäkologie, Geburtshilfe, Orthopädie. Ich halte auch eine Wahlmöglichkeit in der Onkologie für sehr sinnvoll. Wichtig ist die jeweilige Größe der Abteilungen; dass genügend Personal vorhanden ist, um die Fallzahlen generieren zu können, die für einen wirtschaftlichen Betrieb notwendig sind. Momentan sind durchweg mehr Betten aufgestellt, als betrieben werden können. Ich könnte mir beispielsweise vorstellen, dass Merheim und Holweide stärker kooperieren und dass Personal rotiert.
Und wenn die Stadt die Klinik in Holweide an einen privaten Betreiber verkaufen würde?
Davon halte ich nichts. Das Ziel sollte sein, Holweide als kommunales Krankenhaus zu erhalten und dabei so effizient wie möglich zu führen. Ich halte es aber für unmöglich, dass Haus mit unveränderter Qualität so zu betreiben, dass es tatsächlich Überschüsse erwirtschaftet. Genau das wäre das Ziel eines privaten Betreibers, der dann legitimerweise das Konzept ändern würde.
Die Befürworter des Verbunds argumentieren, dass Köln zum führenden Medizinstandort im Westen Deutschlands würde, mit knapp 3000 Betten wäre er fast so so groß wie die Berliner Charité.
Köln ist als Medizinstandort neben Berlin, München und dem Großraum Heidelberg in einer ganz besonderen Position. Für die Forschung ist es sinnvoll, die Kliniken zu vernetzen, aber das darf nicht mit einem Abbau der medizinischen Versorgung in der Stadt einhergehen. Man könnte eine Art Wissenschaftsverbund aufbauen und auch einen Personalverbund, es aber bei zwei voneinander unabhängigen Trägern belassen.
Die Landesregierung scheint den geplanten Klinikverbund nicht gerade zu forcieren. Wie erklären Sie sich das?
Ich glaube, dass das Land die sich aus dem Betriebskonzept ergebende Schließung von Holweide als öffentliches Thema vermeiden will, auf jeden Fall bis zur Bundestagswahl im September, wenn nicht sogar bis zur Landtagswahl 2022.