Überfall auf JuweliergeschäftAngeklagte legen Geständnis ab – akute Geldnot als Motiv
Köln – Geständnisse haben am Montag zwei Männer aus Litauen abgelegt, denen vor dem Kölner Landgericht der Prozess wegen eines Überfalls auf einen Juwelier in Weidenpesch gemacht wird. Nicht nur Raub, sondern auch gefährliche Körperverletzung werden ihnen zur Last gelegt. Fünf Verhandlungstage hat die 13. Große Strafkammer eingeplant.
Am 7. März dieses Jahres standen Linas G. (36) und Karolis T. (27, Namen geändert) mit einem unbekannten Mittäter vor dem Juweliergeschäft Altherr an der Neusser Straße; keiner war maskiert. Linas G. klingelte und blockierte die Tür mit einem Koffer, nachdem ihm aufgemacht worden war. Einer der zwei Mitarbeiterinnen, die ihm entgegenkamen, rief er „Überfall!“ zu, bevor er eine Soft-Air-Pistole hochhielt, die wie eine echte Schusswaffe aussah. Dann sprühte er ihr Pfefferspray ins Gesicht und auf den Oberkörper.
Karolis T. und der dritte Täter stürmten in den Laden. Mit Nothämmern zertrümmerten die Männer einen Schaukasten und Vitrinen und rafften 34 Armbanduhren an sich. Linas G. hielt die Mitarbeiterinnen in Schach und besprühte auch die andere mit Pfefferspray. Dann flüchteten die Täter und ließen Koffer, Pistole und Pfefferspray zurück.
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Zeugen alarmierten Polizei
Unterdessen hatten Zeugen den Überfall beobachtet und die Polizei alarmiert. Sie nahm Linas. G. in einer Seitenstraße fest. Die Angestellten, die eine Augenreizung erlitten hatten, wurden ins Krankenhaus gebracht.
Die Verteidiger sprachen von finanzieller Not, die ihre Mandanten zur Tat getrieben habe. Linas G. hat sich früher schon zweimal in Deutschland aufgehalten; nach Verbüßung einer dreijährigen Haftstrafe war er nach Litauen abgeschoben worden, kehrte zurück, kam erneut mit der Justiz in Konflikt und saß eine Geldstrafe ab.
Wieder in der Heimat, habe er in einer Chemiefabrik gearbeitet, aber zu wenig verdient, um seine Frau und das gemeinsame, heute 15 Monate alte Kind zu versorgen und zudem seine Schulden abzuzahlen, die rund 3000 Euro betrugen.
Täter steckten in akuter Geldnot
Die Gläubiger hätten Linas G. gedroht, er solle sich darüber „Gedanken machen“, was seinem kleinen Sohn passieren könnte. Derart unter Druck habe er sich überreden lassen, den Raub in Köln zu begehen. Als Anteil sollten ihm seine Schulden erlassen werden. „Er bereut es“, so der Verteidiger, „und er möchte sich bei den Geschädigten entschuldigen.“ Linas G., der ein kurzärmeliges Hemd trug, setzte die Verhandlung so zu, dass er zitterte; der Anwalt lieh ihm sein Sakko, damit er sich wärmen konnte.
Auch Karolis T. steckte nach Darstellung der Verteidigung in akuten Geldnöten. Nachdem er ein halbes Jahr in Spanien als Helfer bei der Orangenernte gearbeitet habe, sei er nach Deutschland gekommen „in der guten Absicht, einer vernünftigen Beschäftigung nachzugehen“, etwa auf dem Bau. Daraus sei aber nichts geworden, die Ersparnisse hätten dann nicht einmal dazu gereicht, nach Hause zu fahren.
Wer waren die Hintermänner?
Ein Landsmann, den er um Hilfe bat, habe ihm nichts leihen wollen, aber das „Angebot“ gemacht, sich an dem Raubzug zu beteiligen. „Vom geplanten Waffeneinsatz wusste er nichts“, beteuerte der Anwalt, „nach der Tat hat er ihn scharf verurteilt und ein schlechtes Gewissen gehabt“.
Wer waren die Hintermänner? Das ist eine der Fragen, die den Ankläger besonders interessieren. Doch Linas G. machte über seinen Verteidiger klar, dass er nicht bereit sei, Namen preiszugeben, weil er damit Frau und Kind in Litauen in Gefahr bringen würde.
Das Juweliergeschäft Altherr wurde schon mehrfach beraubt. Ein Jahr vor der jetzt angeklagten Tat überfielen es drei Männer, die sich in slawischer Sprache unterhalten haben sollen und entkamen unerkannt. Im Dezember 2010 und Mai 2011 erbeuteten Einzeltäter Uhren und Schmuck; einer von ihnen schoss auf der Flucht einer Zeugin ins Bein.