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350 Millionen für mehr KomfortKöln bekommt neue S-Bahnen – erste Züge fahren schon ab 2025

Lesezeit 4 Minuten

Spätestens Ende 2026 soll das Modernisierungsprogramm abgeschlossen sein. Der Auftrag für 100 neue S-Bahnen soll noch dieses Jahr vergeben werden.

Das ist mal ein Empfang für einen Zug, der sich knapp 25 Jahre lang im S-Bahnnetz von Hannover im Dienst von DB Regio Niedersachsen mit all den Problemen herumschlagen musste, die eine auf Verschleiß gefahrene Infrastruktur so mit sich bringt: Verspätungen, Ausfälle, Signalstörungen, gestresste und verärgerte Pendler.

Im Jahr 2000 war der Elektrotriebwagen der Baureihe 424 der Star bei der Expo in Hannover, jetzt rollt er zu Technosound im Disconebel ins S-Bahn-Instandhaltungswerk in Köln-Nippes und wird von allen, die im Rheinland irgendetwas mit dem Schienenpersonenverkehr zu tun haben, mit viel Applaus und hohen Erwartungen empfangen.

In Hannover konnte DB Regio nichts mehr mit den S-Bahnen anfangen, nachdem sie bei der neuen Ausschreibung keinen Zuschlag mehr bekommen hatten.

Runderneuerte Züge sind schneller einsatzbereit als neue Fahrzeuge

Ein Glücksfall für NRW. „Wir nehmen die Alten – und machen das Neue draus“, sagt NRW-Verkehrsminister Oliver Krischer. „Das sind die Fahrzeuge, die uns in die 30er Jahre des 21. Jahrhunderts bringen werden.“ Der Vorteil: Ein Zug, der schon ein Vierteljahrhundert auf der Strecke ist, hat keine Kinderkrankheiten mehr.

Die Strategie der Bahn, alte Fahrzeuge aufzumöbeln, beschreibt Harmen von Zijederveld, Vorstand der DB Regio Schiene. „Diese Züge zeigen, wie modern, wie klimafreundlich und wie ressourcenschonend die S-Bahn ist. Weil wir vorhandene Fahrzeuge modernisieren, können wir sie schneller einsetzen als Neufahrzeuge und schneller mehr Fahrgäste an ihr Ziel bringen.“

Zuginneres wurde komplett neu gestaltet

Bis auf den Wagenkasten ist von dem alten Hannoveraner nicht mehr viel übriggeblieben. Das Zuginnere wurde komplett neugestaltet. Das ist offenbar gut gelungen, sonst wäre der Zug wohl kaum mit dem „German Design Award“ ausgezeichnet worden. Neue Sitze in der Farbe „Adenauergrün“. Ja. Es gibt endlich W-LAN und USB-Steckdosen. Ja. Es gibt viel Platz für Fahrräder, Kinderwagen, Rollstühle und Gepäck. Und Displays, die über die nächsten Haltepunkte und Umsteigemöglichkeiten informieren. Bis Ende 2025 sollen 24 dieser modernisierten Fahrzeuge im S-Bahnnetz Köln unterwegs sein. Immerhin zählt das zu den größten in Deutschland und transportiert pro Jahr 76 Millionen Menschen.

Sie ersetzen – man mag es kaum glauben – unter anderem die Dauerläufer aus dem Jahr 1972, die für die Olympischen Spiele in München konzipiert waren. Dem Vernehmen nach sind davon derzeit noch acht von ihnen im Großraum Köln im Einsatz. Ein paar weitere werden als Ersatzteillager zum Ausschlachten vorgehalten.

22.04.2024, Köln: Lässt sich vom Michael Vogel, Geschäftsführer go.Rheinland, das neue Designe der Bahn erklären, Oliver Krischer, Minister für Umwelt, Naturschutz und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen (v.l.). Neues Zeitalter für die S-Bahn Köln: go.Rheinland, VRR und DB präsentieren preisgekrönte Fahrzeuge. Foto: Arton Krasniqi

Michael Vogel, Geschäftsführer von go.Rheinland, und NRW-Verkehrsminister Oliver Krischer (rechts) beim Probesitzen in der neuen S-Bahn. Foto: Arton Krasniqi

Von einem „deutlichen Qualitätssprung“ spricht Michael Vogel, Geschäftsführer von go.Rheinland. „Wir hauchen den Fahrzeugen neues Leben ein.“ Das gesamte Modernisierungsprogramm umfasst nicht nur die S-Bahnen, die aus Hannover nach Köln kommen. Bis Ende 2026 sollen auch die 99 Züge der Baureihen 422 und 423 runderneuert werden und einen möglichst stabilen Betrieb bis Ende 2032 garantieren. Das kostet rund 350 Millionen Euro. Der Verkehrsvertrag mit DB Regio NRW wurde am Montag im Nippeser Wartungswerk unterzeichnet.

Neue Züge sollen ab Ende der 2020er Jahre nach und nach in Betrieb genommen werden

Noch in diesem Jahr will go.Rheinland den Auftrag für 100 neue S-Bahn-Fahrzeuge vergeben, die dann nicht mehr wie derzeit den Eisenbahnverkehrsunternehmen gehören, sondern ihnen zur Verfügung gestellt werden, so wie das beim Rhein-Ruhr-Express (RRX) heute schon der Fall ist. Diese neuen Züge sollen ab Ende der 2020er Jahre nach und nach in Betrieb genommen werden.

Die neuen Züge allein werden eine höhere Zuverlässigkeit und Pünktlichkeit aber auch nicht garantieren können. „Wir brauchen massive Investitionen in die Infrastruktur“, sagt der NRW-Verkehrsminister. Es gehe um den Ausbau der Bahnknoten Köln und Aachen und um ein drittes Gleis zwischen Aachen und Düren. Es müsse gelingen, einen Modernisierungspakt zu schließen, den von Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) ins Gespräch gebrachten Infrastrukturfonds in die Tat umzusetzen. „Dafür müssen wir alle politisch streiten.“ Ab 2030 müsse es eine „andere Vertaktung und andere Linien“ im Vergleich zum Ist-Zustand geben. „Ich bin absolut optimistisch, dass und das gelingt.“


Das Kölner S-Bahnnetz soll auf zehn Linien wachsen

Das Kölner S-Bahnnetz soll bis Ende der 2030er Jahre deutlich ausgebaut werden, um den wachsenden Mobilitätsanforderungen im Großraum Köln gerecht zu werden. Köln wird nach den aktuellen Bevölkerungsprognosen bis 2050 von jetzt 1,1 Millionen Menschen um weitere 55.000 wachsen. Auch die angrenzenden Kreise, Städte und Gemeinden werden größer. Schon heute pendeln täglich mehr als 335.000 Menschen nach Köln ein, knapp 165.000 aus.

S-Bahn-Netz

Das Kölner S-Bahn-Netz, wie es 2030 aussehen soll.

Der Ausbau des Netzes erfolgt Schritt für Schritt. Im Endeffekt soll es von bisher fünf auf zehn Linien wachsen. Die Projekte werden schon Ende der 2020er Jahre fertiggestellt sein, darunter der zweigleisige Ausbau der S11 zwischen Köln-Dellbrück und Bergisch Gladbach sowie der Bau zusätzlicher Bahnsteige am Kölner Hauptbahnhof, in Köln Messe/Deutz und Bergisch Gladbach.

Der Ausbau der S13 zwischen Troisdorf und Bonn-Oberkassel hat 2016 begonnen und soll in zwei Abschnitten in Betrieb gehen. 2028 im Norden bis Bonn-Beuel, 2030 im Süden bis Oberkassel.

Das wichtigste Projekt ist die Erweiterung der sogenannten Westspange zwischen Köln Hansaring und Hürth-Kalscheuren. Heute müssen sich dort zahlreiche Fern-, Güter- und Regionalzüge die Gleise teilen. Das führt immer wieder zu Verspätungen zum Teil mit bundesweiten Auswirkungen. Bisher verkehren noch keine S-Bahnen auf diesem Streckenabschnitt. Die Planungen haben 2019 begonnen.