Für einen Schwimmbadbesuch zahlen Familien schnell 30 Euro. Auch deswegen können laut Spoho-Forscherin tausende Kinder nicht schwimmen.
Neue App gegen das Nicht-SchwimmenKölner Sporthochschule fordert besseren Zugang zu Schwimmbädern
Zum neuen Jahr haben die Köln-Bäder die Preise erhöht. Familien, die mit zwei über sechsjährigen Kindern ins Agrippabad gehen, zahlen für den Tageseintritt jetzt 32 Euro. „Für viele Familien sind die Eintrittspreise inzwischen zu teuer, um regelmäßig mit ihren Kindern schwimmen zu gehen“, sagt Ilka Staub vom Institut für Vermittlungskompetenz in den Sportarten an der Deutschen Sporthochschule Köln.
Teure Wasserflächen seien einer der Gründe, warum Kinder tendenziell schlechter schwimmen könnten – „die Corona-Pandemie ist ein anderer: über zwei Jahre gab es fast gar keinen Schwimmunterricht“, sagt Staub. Auf den Wartelisten für Schwimmlernkurse stehen in Köln mehrere Tausend Kinder. Auch der Bädermangel und fehlendes Personal trügen dazu bei, dass inzwischen jedes fünfte Grundschulkind zwischen sechs und zehn Jahren gar nicht schwimmen kann – 2017 waren das nach einer Studie die DLRG lediglich zehn Prozent. „Dass immer mehr Kinder gar nicht schwimmen können, ist gravierend“, findet Staub.
Pisa-Test fürs Schwimmen: Erhebungen an 16 Kölner Schulen
Um das zu ändern, nimmt die Sporthochschule Köln an einer von der EU finanzierten Studie teil, die Schwimm-Check genannt wird und mit einem Pisa-Test vergleichbar ist: In einer Erhebung, die aktuell an 16 Kölner Schulen läuft, soll möglichst genau ermittelt werden, wie gut Kinder zwischen sechs und elf Jahren schwimmen können. Zum anderen entwickelt die Spoho unter der Führung von Staub eine interaktive Schwimm-Lehr-App, die helfen soll, Schwimmen passgenau und effizient zu unterrichten.
Für das auf drei Jahre angelegte Projekt erhält die Sporthochschule eine Förderung von 1,6 Millionen Euro vom Bundesministerium für Bildung und Forschung. Gerade weil die Vorerfahrungen der Kinder weit auseinandergingen, sei guter Schwimmunterricht eine große Herausforderung, sagt Staub. „Es ist unfassbar viel verlangt, wenn Lehrkräfte Kindern im dritten Schuljahr oft nur innerhalb eines Halbjahres das Schwimmen beibringen sollen.“
Ideal wäre es, wenn Kinder schon in der Kita mit Wassergewöhnung beginnen und Erzieherinnen entsprechend geschult würden, sagt Staub. Auch bei der Vergabe von Wasserzeiten für Schulen gibt es noch viel Luft nach oben: „Man müsste das Badeflächenmanagement verbessern und in entsprechende Stellen investieren“, sagt Wissenschaftlerin Staub. „Wir wollen vor allem die Lehrkräfte unterstützen, die geringen Wasserzeiten optimal zu nutzen.“
Die App soll bei der Einschätzung helfen, wie gut oder schlecht ein Kind schwimmen kann. Auf dem individuellen Könnensstand aufbauend, werden Übungen und Spielformen vorgeschlagen. „Damit soll die App bei der Unterrichtsplanung helfen, die gerade beim Schwimmen im Grundschulalter sehr komplex ist“, so Ilka Staub. Bis die App auf den Markt kommt, dauert es noch. Lehrerinnen und andere Interessierte können sich auf der Internetseite der Sporthochschule bereits jetzt über das Verfahren zur Bewegungsanalyse beim Schwimmenlernen informieren.