Kölner StadtentwicklungDas Einfamilienhaus entwickelt sich zum Auslaufmodell
Köln – Köln erfreut sich einer ungebrochen großen Beliebtheit – Prognosen zufolge wird die Stadt bis zum Jahr 2040 um 70 000 Einwohner wachsen. An dem dafür benötigten Wohnraum mangelt es allerdings jetzt schon. Es existieren nur noch wenige zusammenhängende Flächen, auf denen sich neue Quartiere oder gar Stadtteile bauen lassen. Stadtverwaltung und Politik wollen deshalb äußerst vorsichtig mit der knappen Ressource umgehen. Die Zeichen stehen auf Verdichtung – das Ziel besteht darin, den vorhandenen Raum so effektiv und kompakt wie möglich zu bebauen, dabei aber nicht automatisch auf Hochhäuser als Lösung zu setzen.
Baudezernent sieht Einfamilienhäuser in Metropole kritisch
Das klassische Einfamilienhaus – in der Ausprägung der 1960er und 1970er Jahre – hat sich aufgrund der Flächenknappheit auch in Köln zum Auslaufmodell entwickelt. Ein Großprojekt wie Widdersdorf Süd im Westen der Stadt, das deutlich von diesem Gebäudetyp geprägt ist, würde derzeit wohl keine politische Mehrheit finden. Diese Haltung gilt nicht nur für die Grünen, die im Hamburger Bezirk Nord gemeinsam mit der SPD entschieden haben, keine neuen frei stehenden Einfamilienhäuser mehr zu bauen, was bundesweit Aufmerksamkeit nach sich zog.
„Ich sehe Einfamilienhäuser in einer Metropole wie Köln eindeutig kritisch“, sagte Baudezernent Markus Greitemann, CDU-Mitglied und auf deren Vorschlag im Amt, im Gespräch mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Die Stadt habe bezüglich des Flächenverbrauchs eine Verantwortung gegenüber künftiger Generationen, argumentiert er. Dabei gehe es nicht nur um den Klimanotstand – es müsse auch in Zukunft noch Raum für die Stadtgestaltung bleiben. In bestimmten Stadtteilen seien neue Einfamilienhäuser zwar nach wie vor denkbar, aber nicht mehr in großer Zahl.
Flächen als endliches Gut
„Flächen sind ein endliches Gut, das sich nicht vermehren lässt“, sagt Sabine Pakulat (Grüne), Vorsitzende des Stadtentwicklungsausschusses im Stadtrat. Köln dürfe nicht bis an den Stadtrand zugebaut werden, zumal Frischluftschneisen und Retentionsräume für das Hochwasser erhalten bleiben müssten. „Wir wollen in Köln keine weiteren Einfamilienhaus-Siedlungen wie in den 1970er Jahren – das gehört nicht mehr auf das Gebiet einer Großstadt“, sagt Pakulat. Auch die Grünen befürworten das Wachstum der Stadt, dabei müsse aber der Flächenverbrauch so gering wie möglich gehalten werden. Das Idealziel der Partei heißt auch in Köln: Netto-Null. Das bedeutet, dass weitere Flächen nur versiegelt werden dürfen, wenn andere Flächen im Gegenzug entsiegelt werden.
„Wir streben deshalb eine doppelte Innenentwicklung an“, sagt Pakulat. Das bedeutet, dass einerseits der Wohnraum verdichtet wird, andererseits auch die Grünflächen erweitert werden. Im Außenbereich – also am Stadtrand – wollen die Grünen flächenschonend neu bauen. „Wir schließen den Einfamilienhausbau aber nicht grundsätzlich aus“, sagt Pakulat. Als Übergang zwischen einem Neubaugebiet und einer vorhandenen dörflichen Struktur sei diese Bauform sinnvoll – ebenso als Mittel, um eine soziale Mischung der Bewohner zu erreichen.
An den Stadträndern kompakt bauen
Ähnlich sieht das CDU-Fraktionsgeschäftsführer Niklas Kienitz. „In urbanen Räumen bauen wir keine Einfamilienhäuser mehr“, sagt er. Linksrheinisch gelte das für den Bereich bis zur Äußeren Kanalstraße – rechtsrheinisch bis zur Frankfurter Straße. Eine absolute Absage will aber auch die CDU dem Einfamilienhaus nicht erteilen. „Wir wollen alle Wohnformen, weil die Familien sonst in das Umland ziehen und wir dann nur zusätzliche Pendler bekommen“, sagt Kienitz. Er wirbt auch dafür, sich an neue, innovative Bauformen heranzuwagen, um an den Stadträndern kompakt bauen zu können.
„Mit der SPD wird es in Köln weiterhin Einfamilienhäuser geben, damit sich Familien ihren Traum vom Eigenheim erfüllen können“, sagt Michael Frenzel, stadtentwicklungspolitischer Sprecher der SPD. Köln erlebe seit Jahren eine Wohnungsnot und müsse Wohnen endlich bezahlbar machen. „Das erreichen wir natürlich nicht, indem wir mehr Einfamilienhäuser bauen“, so Frenzel. In den großen innerstädtischen Entwicklungsgebieten wie im Deutzer Hafen und der Parkstadt Süd werde ohne Geschossbau nicht genügend Wohnraum geschaffen, um den Druck aus dem Markt zu nehmen. „Trotzdem muss es weiter ein Angebot für alle Bevölkerungsschichten geben“, so Frenzel. In den eher ländlichen Stadtteile sollten daher weiter auch Einfamilienhäuser gebaut werden können.
Lars P. Feld, Professor für Wirtschaftspolitik an der Universität Freiburg und Vorsitzender des Rats der Wirtschaftsweisen, kritisiert die Absicht auf den Bau neuer Einfamilienhäuser zu verzichten, deutlich. „Das entspricht einer Wagenburgpolitik der Metropolen, bei der man nicht nach den Auswirkungen auf das Umland fragt“, sagt er. Er habe Verständnis dafür, dass die Städte ihren Flächenverbrauch regulieren und nicht jede Grünfläche zubauen wollen. Dennoch sei eine Abschaffung des Einfamilienhauses kontraproduktiv. Zum einen würden aufgrund des nicht weiter wachsenden Angebots die Preise steigen, weshalb sich nur noch wenige Menschen in Städten ein eigenes Haus leisten könnten. Zum anderen sei das ungünstig für den Klimaschutz, weil Kaufinteressenten auf das Umland ausweichen würden und deshalb die Anzahl der Pendler wachsen würde. „Ich finde diesen Ansatz nicht überzeugend“, sagt Feld.
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Baudezernent Markus Greitemann will noch in diesem Jahr beginnen, einen Dichtekatalog für Köln auszuarbeiten. Dabei wird es darum gehen, herauszufinden, an welchen Orten sich bis zu welcher Höhe bauen lässt, so dass es für die Umgebung verträglich bleibt. „Das wird eine gesellschaftliche Diskussion auslösen, auf die ich mich sehr freue“, sagt Greitemann. Der Stadtentwicklungsausschuss hatte den Beschluss für den sogenannten Köln-Katalog einstimmig gefasst. „Kompakte Quartiere, die sozial und funktional durchmischt sind, dem Prinzip der kurzen Wege entsprechen, ausreichend Grünflächen aufweisen und ökologisch nachhaltig sind, entsprechen den Leitsätzen und Zielen der Stadtstrategie“, heißt es in dem Papier.
Die Ergebnisse sollen in die Planungen für die Bebauung eines der letzten großen Gebiete einfließen. Im Norden der Stadt soll in den kommenden Jahren gegenüber von Blumenberg auf einem Acker der völlig neue Stadtteil Kreuzfeld entstehen. Bis zu 3000 Wohnungen sind vorgesehen – klassische Einfamilienhäuser werden dort aller Voraussicht nach keine Rolle spielen.