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Bündnis im StadtratSo wollen Grüne, CDU und Volt Köln verändern

Lesezeit 10 Minuten
Kölner Stadtrat

Der Kölner Stadtrat (Archivbild)

Köln – Die Abkehr vom Ziel einer autogerechten Stadt, stärkere Anreize für den Bau preisgünstiger Wohnungen, die Unterstützung des durch die Corona-Pandemie beeinträchtigten Einzelhandels, mehr Geld für die freie Kulturszene: Der Bündnisvertrag listet auf 92 Seiten auf, worauf sich führende Politiker der Grünen, der CDU und der jungen Partei Volt in fünf Monate langen Verhandlungen verständigt haben. Die Vereinbarung beschreibt das Arbeitsprogramm bis zur Kommunalwahl 2025. „Wir sind sehr zufrieden mit dem Ergebnis unseres Marathons in den vergangenen Wochen, und wir sind alle auch ein bisschen geschafft“, sagte Grünen-Vorsitzende Katja Trompeter anfangs einer gemeinsamen Pressekonferenz. Und fügte hinzu, das Bündnis wolle bei wichtigen Beschlüssen auch andere Parteien einbinden.

Die Bündnispartner, von denen die Grünen die stärkste Fraktion stellen, verfügen über 49 der 91 Sitze im Stadtrat. „Es waren harte Gespräche, aber es waren Gespräche auf Augenhöhe“, sagte CDU-Chef Bernd Petelkau. Die Vereinbarung werde Köln als wachsende Stadt voranbringen, sie biete der Wirtschaft stabile Steuern und somit verlässliche Rahmenbedingen. „Die Corona-Pandemie zeigt uns unseren Nachholbedarf in der Digitalisierung, in Fragen der sozialen Gerechtigkeit, insbesondere im Gesundheitssektor und die besondere Betroffenheit der Kunst und Kulturszene auf“, sagte Volt-Fraktionschefin Jennifer Glashagen.

Der Vertrag enthält hunderte von Zielen. Einige lassen sich in wenigen Monaten verwirklichen, andere lesen sich eher wie eine Vision für künftige Jahrzehnte – zum Teil bleiben die Formulierungen auch sehr vage. Es besteht kein Zweifel daran, dass die für den 6. März geplanten Mitgliederversammlungen der drei Parteien dem Papier zustimmen werden. Der „Kölner Stadt-Anzeiger“ veröffentlicht Auszüge aus der Vereinbarung.

Stadtentwicklung

Das Bündnis hält an der in der vergangenen Wahlperiode vereinbarten gleichzeitigen Planung der unter- wie oberirdischen Variante für den Stadtbahn-Ausbau auf der Ost-West-Achse fest. Dabei soll die Gestaltung des öffentlichen Raums im Vordergrund stehen.

Das Bündnis will einen Baubeschluss für die Historische Mitte am Roncalliplatz auf der Grundlage der Wettbewerbsergebnisse bis 2023 zu fassen.

Der Barbarossaplatz soll eine Aufwertung durch eine grundlegende Neuordnung der Verkehrsflüsse erfahren.

Im Sinne einer effizienten Flächennutzung werden im innerstädtischen Bereich bestehende Traufhöhenbegrenzungen überprüft und Hochhausentwicklungen unterstützt.

Das linksrheinische Rheinufer soll von der Bastei bis zum Axa-Hochhaus aufgewertet werden. Beim rechtsrheinischen Rheinufer soll eine Anbindung des Rheinparks nach Norden inklusive der Erschließung eines neuen Ausgehquartiers an der Hafenstraße erfolgen.

Die A57 soll ab dem Gürtel bis zur Wöhlerstraße sowie im Bereich der Herkulesstraße ab Lukasstraße überdeckelt werden. Hierbei werden das Gelände des Alten Schlachthofs und das Gleisdreieck einbezogen.

Für den Kalkberg wird eine alternative Nutzung zur Station für Rettungshubschrauber geprüft.

In städtischen Parkhäusern und Immobilien in der Innenstadt werden eingangsnahe Bereiche identifiziert, die zu Fahrradgaragen umgestaltet werden können. Dies gilt insbesondere für stark frequentierte Bereiche wie rund um den Kölner Hauptbahnhof.

Das Personal beim Bauaufsichtsamt wird aufgestockt, um Baugenehmigungsverfahren zu beschleunigen.

Die Entwicklung gemischter Quartiere mit Wohnen, Gewerbe und Kultur wie die Hallen Kalk und das Otto-Langen-Quartier wird, unter Berücksichtigung der Werkstattergebnisse und der Vorschläge der Beteiligten vor Ort, vorangetrieben.

Zur städtebaulichen Aufwertung des Offenbachplatzes und der angrenzenden Veedel werden die Ergebnisse der bereits beauftragten Machbarkeitsstudie zur Tieferlegung der Nord-Süd-Fahrt zur Grundlage genommen – dabei soll der Nord-Süd-Fahrradverkehr mitbedacht werden.

Mobilität

Das Bündnis will den Verkehrsraum in der Innenstadt und den Quartierszentren zugunsten des Fuß- und Radverkehrs neu aufteilen. Als Sofortmaßnahme und Einstieg in weitere derartige Maßnahmen werden die Ehrenstraße, die Apostelnstraße, die Breite Straße, der Brüsseler Platz sowie die Severinstraße autofrei.

Geprüft werden soll, ob und wie sich die Zufahrt in die Innenstadt regeln lässt. Sollte sich dabei eine City-Maut als geeignet erweisen, würden die Einnahmen in den Ausbau des Bus- und Bahnnetzes fließen.

Der Fußverkehr soll durch adäquat längere Grünphasen an den Ampeln und die Möglichkeit des diagonalen Kreuzens beschleunigt werden.

Fußgänger-Zonen sollen dort, wo es möglich ist, für den Radverkehr freigeben werden, ohne den Fußverkehr zu gefährden.

Es sind insbesondere durchgehende Ost-West- und Nord-Süd-Verbindungen für den Radverkehr (links- und rechtsrheinisch) über das zentrale Straßennetz auf Grundlage der Radverkehrskonzepte zu schaffen.

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Zusätzlich zur umfangreichen Bereitstellung neuer Radinfrastruktur sollen auch bestehende Radwege zügig instandgesetzt oder saniert werden.

Das Bündnis unterstützt weiterhin die Ausbaumaßnahmen im Rahmen des „Bahnknoten Köln” und insbesondere den Ausbau der Stammstrecke auf einen 2,5-Minuten-Takt.

Die Parkstadt-Süd soll über eine neue S-Bahnquerung in den vordringlichen Bedarf 2021/22 aufgenommen werden. Darüber hinaus wird die Anbindung des Stadtteils Kreuzfeld im Zuge der Bebauungsplanung berücksichtigt.

Die geplanten Fuß-, ÖPNV- und Radwegbrücken über den Rhein sollen mit Priorität umgesetzt werden.

Das W-LAN an Haltestellen und in Fahrzeugen der Kölner Verkehrs-Betriebe (KVB) soll ausgebaut werden.

Das Bündnis will ein vereinfachtes, flexibleres sowie sozialverträgliches (e-)Ticket- bzw. Bepreisungssystem prüfen lassen und schrittweise einführen. Denkbar sind Modelle wie das 365-Euro-Ticket oder ein Einwohnerticket.#

Ansätze zu Seilbahntrassen, selbstfahrendem ÖPNV, der „Klüttenbahntrasse“ oder Optimierung der Busrouten mittels Künstlicher Intelligenz sollen weiterverfolgt werden.

Der stadtweite Anteil des Umweltverbundes aus öffentlichem Nahverkehr sowie Rad- und Fußverkehr soll bis 2035 auf 75 Prozent und innerhalb der Innenstadt von über 80 Prozent auf bis zu 90 Prozent erhöht werden.

Die Gebühr für das „Anwohnerparken“ wird auf das Niveau europäischer Metropolen angeglichen. Nach einem Stichtag werden keine neuen Parkausweise mehr ausgegeben. Bei Umzug, Tod oder Abbestellung werden diese nicht neu vergeben.

Im Rahmen eines Verkehrsversuchs soll geprüft werden, ob in Köln verkehrsarme Zonen nach dem Vorbild Barcelona und Gent realisierbar sind.

Das Bündnis vertritt unterschiedliche Haltungen zur derzeit von der Autobahn GmbH geplanten Rheinspange A553. Sofern der Kölner Stadtrat hierzu Beschlüsse fassen wird, werden abweichende Voten durch die Kooperationsvereinbarung nicht ausgeschlossen.

Der Flughafen soll bis 2035 klimaneutral werden. Das Bündnis hat bei der Einführung einer nächtlichen Kernruhezeit zwischen 0 und 5 Uhr sowie in Hinsicht auf ein Nachtflugverbot für den Frachtbereich im Rahmen einer EU-weiten Regelung unterschiedliche Positionen, über die man aber – soweit der Rat dazu Entscheidungen zu treffen hat – im Dialog bleiben will.

Digitalisierung

Die Digitalisierung der Verwaltung muss einen weiteren Schub bekommen. In einem ersten Schritt wird ein „Masterplan Digitalisierung“ entwickelt.

Das Bündnis will, dass die Beschäftigten der Stadtverwaltung in allen digitalen Themen passgenau weitergebildet werden, damit sie allen Bürgerinnen und Bürgern in Zukunft dabei zur Seite stehen, in den vollen Genuss der digitalen Chancen zu kommen.

Das Bündnis erwartet, dass die Stadt darauf hinwirkt, dass die Hochschule für Polizei und öffentliche Verwaltung (HSPV) bereits die Laufbahnanwärter auf die Digitalisierung der Verwaltung vorbereitet.

Der Ausbau der digitalen Infrastruktur der Stadtverwaltung schafft die Voraussetzung für Heimarbeit (Home Office), die mit dem Familienleben vereinbar ist.

Mit einer Köln-App sollen digitale Services deutlich ausgeweitet werden.

Das Bündnis will eigens für Start-ups einen mit ausreichend Personal versehenen „Welcome Desk“ z. B. mit einem oder einer Start-up-Beauftragten schaffen.

Dem Kölner Einzelhandel, dem Handwerk sowie kleinen und mittelständischen Unternehmen will das Bündnis den Weg in die digitale Welt ebnen.

Das Bündnis will die Umsetzung der Digitalisierung und eine zeitgemäße digitale Ausstattung aller Schulen beschleunigen sowie für eine unterrichtsfähige Ausstattung und flächendeckende, stabile WLAN-Verbindungen sorgen.

Es soll geprüft werden, welche Teststrecken für Mobilität und Automotive geschaffen werden können, um z. B. autonomes Fahren von Kleinbussen im ÖPNV und smarte Logistik zu ermöglichen.

Klimaschutz/Umweltschutz

Alle städtischen Aktivitäten und Ratsvorlagen sollen auf die Klimawirksamkeit aller CO2-Emissionen im Lebenszyklus hin geprüft werden.

Die Klimawirksamkeit in Ratsvorlagen wird transparent dargestellt.

Ausbau der Photovoltaik auf öffentlichen und privaten Gebäuden mit Hilfe eines Förderprogramms. Es soll ein Geschäftsmodell zur Verpachtung von Dachflächen zur Stromerzeugung mit Photovoltaik an die Rhein-Energie geprüft werden.

Der städtische Fuhrpark wird sukzessiv auf emissionsfreie Antriebe umgestellt. Es sindbei künftigen Fahrzeugkäufen keine fossilen Antriebe mehr zulässig. Ausgenommen sind Spezialfahrzeuge, die nicht mit alternativem Antrieb verfügbar sind.

Ausbau des Förderprogramms für Altbausanierung.

Schottergärten sollen zukünftig dauerhaft vermieden werden, bestehende werden, wenn möglich, zurückgebaut.

Parkplätze sollten soweit wie möglich wasserdurchlässig angelegt oder umgestaltet werden.

Trinkbrunnen an zentralen Orten mit hohem Publikumsverkehr, in öffentlichen Einrichtungen und Schulen.

Ein mobiles Benetzungsverfahren für Straßen und Plätze soll zusätzliche Verdunstungsmöglichkeiten zur Abkühlung an Hitzetagen schaffen.Es soll mehr städtische Brunnen geben.

Zur Steigerung der Artenvielfalt werden Grünflächen naturnah gepflegt und Blühwiesen in Parks sowie an Straßenrändern mit regionalen Wildblumensaaten angelegt.

Das Urban Gardening sowie das Konzept der „essbaren Stadt“ sollen unter Einbindung der Einwohnerinnen und Einwohner gefördert werden. Die Stadt sieht Flächen für innovative Gemeinschaftsgartenprojekte vor und fördert notwendige Anfangsinvestitionen.

Eine Reduzierung des Flächenverbrauchs, ohne die Anforderungen einer wachsenden Stadt unberücksichtigt zu lassen: „Wir werden Entsiegelungen ausweiten, um entstehender Versiegelung zu begegnen. Dafür wird ein Entsiegelungskataster eingerichtet.“

Wohnen

Es sollen deutlich mehr öffentlich geförderte Wohnungen gebaut werden. Das Kooperative Baulandmodell sollen zusätzlich zum sozialgebundenen Wohnraum auch preisgedämpften Wohnraum im Umfang von 20 Prozent der Wohneinheiten vorschreiben.

Der preisgedämpfte Wohnungsbau soll verstärkt werden, indem die Stadt ein Förderprogramm auflegt, „das insbesondere Genossenschaften und gemeinwohlorientierte Baugemeinschaften begünstigt.

Vorhandene Mietwohnungen, vor allem geförderten Wohnungen, sollen geschützt werden.

Fallen Sozialwohnungen aus der Mietpreisbindung heraus, soll sich die Verwaltung um eine Verlängerung bemühen. Das Bündnis will sich zudem für den Kauf von Belegungsbindungen für Mietparteien mit Wohnberechtigungsschein einsetzen.

Wirtschaft

Die Gewerbesteuerhebesatz wird bis zum Ende der Wahlperiode im Jahr 2025 stabil gehalten. Das soll verlässliche Rahmenbedingungen für die Wirtschaft schaffen. Das Bündnis strebt an, „dass das Grundsteueraufkommen bei einer anstehenden Reform aufkommensneutral gehalten werden soll“.

Es soll eine deutliche Steigerung des Abrufs von Fördermitteln in allen Bereich geben; EU-Förderungen aus dem Green Deal sollen nach Köln geholt werden. Regionale Kooperationen mit Nachbarkommunen, im Rheinland und mit Partnerstädten sollen forciert werden. Dazu soll die Fördermittelakquise der Stadt neu organisiert werden.

Zur Optimierung der Akquise von Fördermitteln für Privatunternehmen soll eine Projektgruppe bei der städtischen Wirtschaftsförderungs-GmbH angesiedelt werden.

„Sonntagsöffnungen aufgrund besonderer Ereignisse“ sollen positiv unterstützt werden, insbesondere kleinere Unternehmen sollen aus Anlass von beispielsweise Veedelsfesten auch öffnen dürfen.

Unterstützung der Popkulturszene, der Kultur- und der Kreativwirtschaft, etwa durch die Weiterentwicklung des Kreativhauses, der eSports- und Gaming-Veranstaltungen). Unterstützung für Clubs, Bars und Veranstaltungsstätten sowie die Fortsetzung und Ausweitung der Corona-Notfallmaßnahmen für diesen Sektor, so durch kleinere Open-Air-Flächen.

Errichtung eines „nachhaltigen Gründungs-/Innovationszentrums als Leuchtturm für die Region“.

Der Großmarkt in Raderthal wird zugunsten der geplanten Parkstadt-Süd geschlossen. Für den künftigen Großmarkt in Marsdorf sollen verschiedene Betriebskonzepte und insbesondere Größenmodelle entwickelt werden – „unter besonderer Berücksichtigung eines regionalen Warenangebotes“.

Kultur

Das Bündnis plant, den Kulturetat für die freie Szene von 2022 an jährlich um eine Million Euro zu erhöhen.

Die Museen sollen ihre Öffnungszeiten erweitern, „angefangen mit der Möglichkeit der Montagsöffnung“. Man setze sich „für einen weitergehenden freien Eintritt in die Dauerausstellungen ein“ und wolle dazu ein Pilotprojekt entwickeln.

Die Verwaltung soll die Römermauer „konservieren und erfahrbarer machen“.

Das Depot in Mülheim wird als Außenspielstätte des Schauspiels und als Standort für die Tanzsparte der Bühnen gesichert. Die Freie Szene soll das Depot nutzen können.

Das Otto-Langen-Quartier und Raum 13 werde erhalten. Die Hallen Kalk sollen saniert und weiterentwickelt werden.

Es sei zu prüfen, ob das frühere Rautenstrauch-Joest-Museum als Kunst- und Ausstellungshalle genutzt werden kann.