Suchtpsychologe Ulrich Fischknecht bezeichnet die Entkriminalisierung zwar als „wichtigen Schritt“, spricht sich aber für besseren Schutz von jungen Menschen und Suchterkrankten aus.
„Betrunkenes Herumgetorkele“Kölner Suchtpsychologe kritisiert Cannabisgesetz
Der Kölner Suchtpsychologe Ulrich Fischknecht von der Katholischen Hochschule Nordrhein-Westfalen kritisiert das am 1. April in Kraft getretene Cannabisgesetz und fordert Verbesserungen beim Jugendschutz und der Suchthilfe: „Die Entkriminalisierung ist zwar ein wichtiger Schritt, der mit dem Gesetz gemacht wurde, aber alles andere wirkt wie betrunkenes Herumgetorkele“, sagte Frischknecht bei einer Tagung in Berlin.
Kölner Suchtpsychologe: Cannabis-Informationskampagne zu wenig
Für ihn sei es unbegreiflich, warum die Bundesregierung im Zuge der Teillegalisierung die Suchthilfe, Jugendschutz und die damit angrenzenden Hilfs- und Therapieangebote für Menschen mit Suchterkrankungen nicht stärke. Auch die angekündigten Informationskampagnen hält Fischknecht für wenig überzeugend. Zwar sei Aufklärung wichtig, doch sei es unverantwortlich, allein darauf zu setzen: „Da passiert meiner Meinung nach ganz viel Stigmatisierung von Menschen mit Suchterkrankungen, denn die Botschaft an eine betroffene Person lautet: ‚Wärst du nicht so uninformiert gewesen, hätte es dich mit der Sucht nicht so erwischt – also bist du selbst schuld!‘“, kritisiert Frischknecht.
In seinem Vortrag mahnte Fischknecht auch die Probleme an, die mit Cannabiskonsum verbunden sind: „Es gibt tatsächlich biologische Wirkungen der Droge auf das menschliche Gehirn und dessen wichtige Funktionen“, sagte er. Viel häufiger ursächlich für die Probleme von Jugendlichen aber seien biogenetische Besonderheiten oder ungünstige Lebens- und Lernerfahrungen schon vor dem Konsum. „Die Probleme werden durch Cannabiskonsum und insbesondere durch die Reaktion der Menschen darauf noch verstärkt“, erklärte der Kölner Suchtexperte.
Bei der Tagung „Jugend – Cannabis – Prävention: Jugendhilfe und Suchthilfe im Dialog“ trafen sich am 24. Juni Experten aus Suchthilfe, Kinder- und Jugendschutz, um über Chancen und Risiken der Liberalisierung im Umgang mit Cannabis zu diskutieren.
Seit dem 1. April sind der Besitz bestimmter Mengen Cannabis, der private Anbau von bis zu drei Pflanzen und der Konsum legal. Ab dem 1. Juli sind dann auch nicht-kommerzielle „Anbauvereine“ für Volljährige legal, in denen bis zu 500 Mitglieder gemeinsam Cannabis anbauen und untereinander zum Eigenkonsum abgeben können. Das nordrhein-westfälische Gesundheitsministerium rechnet mit bis zu 3.000 solcher Anbauvereinigungen in NRW. Wann der erste Cannabis-Club an den Start geht, ist allerdings noch unklar, denn ab dem 1. Juli müssen potenzielle Vereine zunächst einen Antrag stellen, der dann von den Bezirksregierungen bearbeitet wird.