Auch in Corona-Zeiten erlaubtKölner Szene-Kneipe legt die Schnitzeljagd neu auf
Köln – Leicht verwirrt stehen zwei junge Frauen am Friesenplatz, schauen suchend über die stählernen Manschettenknöpfe, die dort auf dem Pflaster liegen, aus ihrem Handy tönt die hektische Stimme einer Frau, Wortfetzen wie „in Acht nehmen“, „beeilen“ oder „letzte Chance“ flattern zwischen den Tauben über den Platz, ein Babboe-Bike mit Weimaraner im Frontlader umkurvt die beiden, die entspannt wirken, aber auch in Eile. Freizeitstress, wie man ihm ab sofort öfter begegnen könnte im Belgischen Viertel.
Auf kruder Mission durch Köln
Die Frauen sind als Zweierteam im Auftrag des Herrn unterwegs. Also nicht wie einst die Blues-Brothers Jake und Elwood in Gottes Namen, sondern als Bewerberinnen für einen Job als Kurier für „Third Eye Delivery“, den Marktführer für ethnobotanische Erzeugnisse. Klingt krude? Ist es auch ein bisschen. Mindwalk statt „Mission from God“.
Denn Mindwalk ist so etwas wie eine virtuell gesteuerte, dramaturgische Schnitzeljagd 4.0, die das Team der Wohngemeinschaft konzipiert hat und so den Pandemie-Beschränkungen eins auswischen will: mit dem Stück „Third Eye Delivery“, das komplett draußen auf- und ausgeführt wird. Bei der schrägen Mischung aus Escape Room-Elementen, Walking Theatre und Stadtrallye navigieren sich Zweierteams mit Hilfe einer App durch das Belgische Viertel und werden rätsellösend selbst zum Teil der Story.
Los geht es an der Wohngemeinschaft in der Richard-Wagner-Straße, wo einem die geheimnisvolle Anna einen „Ambryx“ serviert, einen gelb glitzernden, scharfen Zaubertrank-Shot, der einen direkt reinzieht in die Geschichte und ihre Aufgaben. Ausgestattet mit einem Survival-Kit geht es los, für die Lösung inklusive des etwa vier Kilometer langen Walks hat man 120 Minuten Zeit. Am Ende wird aus dem sehr unterhaltsamen Spiel mit Wirklichkeit und Wahrnehmung, mit Spuren und Finten, Entdeckungen und Enttäuschungen, eine Frage der Überzeugung: Wem soll ich glauben: dem zukünftigen Chef Hannes (Anton Weber) oder der dubiosen Kassandra (Nagmeh Alaei)? Egal, wie man sich entscheidet, das Belgische Viertel hat man jedenfalls mit ganz anderen Augen erlebt und erlaufen.
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Kultur könne auch außerhalb der dafür vorgesehenen Spielstätten stattfinden, glauben die Erfinder Sören Kinsky und Guido Bungart: „Der Mindwalk findet im Freien statt und aktiviert Menschen, das wunderschöne Belgische Viertel zu erkunden und dabei Teil der Geschichte zu werden. Endlich mal wieder ein echtes Erlebnis jenseits von Corona-Talk und Netflix Tipps.“
Und der Erfolg gibt den Machern Recht: Bereits das erste Wochenende war weitgehend ausgebucht. Und die Resonanz geradezu euphorisch. „Wir haben bombastisches Feedback bekommen“, freut sich Guido Bungart, „die Leute lieben dieses kleine kulturelle Abenteuer.“
Dabei sind die Ansätze der Teams total unterschiedlich: Während für die einen der gemeinsame Spaß und das etwas andere Erleben des Viertels im Vordergrund stehe, sind andere vor allem auf ein gutes Ergebnis fixiert. „Das schnellste Team bisher hat 1:27:15 Stunden benötigt“, so Bungart. „Dann darf man aber keine Fehler machen,“ Denn dafür gibt es Punktabzüge. Sein Ergebnis bekommt jedes Team per Mail zugeschickt. Für das Himmelfahrts-Wochenende gibt es noch Restkarten.
„Third Eye Delivery“ ist täglich buchbar zwischen 15 und 18:40 Uhr im Zehn-Minuten-Takt, bei Aufhebung der lokalen Ausgangssperre bis 19:40 Uhr. Tickets zum Preis von 32 Euro pro Zweierteam (inkl. Mindwalk-Turnbeutel mit zwei Flaschen Kölsch) gibt es hier.