AboAbonnieren

Flauschig und todkrankKölner Tierheime laufen voll mit verstoßenen Hunden

Lesezeit 4 Minuten

Köln – Sie haben flauschiges Fell, Knopfaugen und sind zu Opfern der Corona-Pandemie geworden: Hunde und Katzen, aber auch Kleintiere wie Kaninchen und Meerschweinchen. Haustiere sind in den vergangenen knapp zwei Jahren gefragter denn je. Homeoffice, Einsamkeit durch Kontaktbeschränkungen, weniger Möglichkeiten zu verreisen – das verstärkte bei vielen Menschen den Wunsch nach einem Haustier. Dieser Boom macht sich auch in den Tierheimen bemerkbar, die voll laufen mit nicht mehr gewollten Tieren, weil die Menschen ihrer wieder überdrüssig werden, sie abgeben oder sogar aussetzen.

Elke Sans vom Tierheim Köln-Zollstock bestätigt das. Zwischenzeitlich habe das Tierheim so viele Anfragen von Menschen bekommen, die Hunde abgeben wollten, „dass wir dem gar nicht immer nachkommen konnten“. Darunter seien vermehrt Anrufer aus anderen Bundesländern, da die örtlichen Tierheime auch keine Kapazitäten mehr hätten. „In der Regel sind es unerzogene Junghunde, die man als Welpen bekommen hat oder Auslandshunde, die man im Internet bestellt hat, ohne sie vorher kennenzulernen“, sagt Sans. Häufig zeigten die Tiere Verhaltensauffälligkeiten, die Besitzer seien überfordert und so landeten sie schließlich im Heim. Einige Hunde würden abgegeben, weil sich die Besitzer aus beruflichen oder zeitlichen Gründen nicht mehr um sie kümmern können.

Illegaler Welpenhandel auch in Köln ein Riesengeschäft

Der Haustierboom hat zu einer extrem hohen Nachfrage geführt, dadurch floriert der Handel mit Tieren. Der illegale Welpenverkauf ist ein Riesengeschäft – auf Kosten der Tiere. „Die Nachfrage nach Hundewelpen ist so hoch wie nie. Das macht den Markt auch für kriminelle Händler attraktiv wie nie zuvor“, teilt die NRW-Tierschutzbeauftragte Gerlinde von Dehn mit.

Das macht sich auch in Zollstock bemerkbar: Seit Beginn der Pandemie seien Sans zufolge rund 100 solcher illegal gezüchteter Welpen in die Einrichtung gekommen. Sie würden häufig zu jung nach Deutschland gebracht, ohne Tollwutimpfung, so dass sie bis zu drei Monate im Tierheim in Quarantäne müssten. „Außerdem sind viele todkrank, da die Elterntiere auch ungeimpft sind und bei Tiervermehrern geboren werden, denen es nur ums Geldverdienen geht“, sagt Sans. Dadurch verbreiteten sich Seuchen, die in Deutschland durch Impfungen kaum noch vorhanden waren. Die Welpen sterben daran. Die Käufer unterstützten „tierquälerische Zustände“, weil sie einen „billigen Rasse-Welpen“ haben wollten. Im Zollstocker Tierheim seien schon einige Welpen in den ersten Tagen verstorben, weil sie in so einem schlechten Zustand waren.

Sehr kranke Welpen landen in Kölner Tierheimen

Nicht nur das Tierheim in Zollstock ist momentan ziemlich voll. In Dellbrück stellt sich die Lage ähnlich dar, auch hier landen auffallend häufig Welpen, die nach Worten des Heimleiters Bernd Schinzel „sehr krank“ sind. Eines der jüngsten Beispiele sind 16 Französische Bulldoggen-Welpen, die bei einem Händler in Kalk sichergestellt wurden und von denen neun in Zollstock und sieben in Dellbrück untergebracht wurden. „Sie wurden in Bulgarien unter schlimmsten Voraussetzungen produziert, von Züchten kann man in solchen Fällen nicht sprechen“, berichtet Schinzel. Die Muttertiere würden unter Hormone gesetzt, damit sie möglichst schnell und häufig läufig würden. Die Welpen würden der Mutter viel zu früh weggenommen.

Neuer Inhalt (5)

Odette kam als Fundtier ins Tierheim.

Besagte Welpen befinden sich nun auf der Isolierstation: „Sie leiden unter Parvovirose, einem hochansteckenden Virus, an dem 85 Prozent der infizierten Welpen sterben.“ Außerdem hätten sie weitere Parasiten und seien „total verwurmt“. Nicht selten müssen solche Hunde in einer Tierklinik behandelt werden. „Im letzten Jahr mussten wir für die Behandlung eines Welpen 3000 Euro zahlen. Am Ende ist er dann aber doch gestorben“, sagt Schinzel.

Das könnte Sie auch interessieren:

Appell: Keine Tiere zu Weihnachten verschenken

Insbesondere solche kleinen Rassehunde seien derzeit sehr in Mode. „Die Leute sehen sie im Internet, sind schockverliebt und erkundigen sich nicht, unter welchen Bedingungen sie gezüchtet werden“, sagt Schinzel, der seit 33 Jahren im Tierheim Dellbrück arbeitet. In der Coronazeit hätten sich einige Menschen unüberlegt ein Tier angeschafft, ohne sich vorher richtig damit auseinanderzusetzen. Ein Problem sei auch, dass in der Corona-Zeit viele Hundeschulen lange Zeit geschlossen gewesen waren. „Hunde brauchen Regeln und Erziehung, viel Zeit und Zuwendung. Sonst können sie verhaltensauffällig werden.“ Und dann landeten sie häufig im Tierheim.

In den Sozialen Medien appelliert die Einrichtung: „Bitte kauft keine Tiere unbekannter Herkunft im Internet. Bitte verschenkt keine Tiere zu Weihnachten.“ Auch die NRW-Tierschutzbeauftragte ruft dazu auf, zu Weihnachten keine Tiere zu verschenken. „Haustiere gehören nicht unter den Weihnachtsbaum.“ Um möglichen unüberlegten Weihnachtsgeschenken einen Riegel vorzuschieben, gibt es im Tierheim Zollstock zwischen 18. Dezember und 9. Januar einen Vermittlungsstopp.