Kölner Weinkeller„Die Braunsfelder haben hier vor den Bomben Schutz gesucht“
- Der Kölner Weinkeller ist rund 100 Meter lang und 26 Meter breit. In dem Ziegelstein-Gewölbe in elf Metern Tiefe lagern insgesamt rund 500 000 Flaschen.
- Die meisten Abfüllungen sind jüngeren Datums, es gibt aber auch historische Kostbarkeiten in der Schatzkammer.
- Unternehmer Cornelius Stüssgen ließ das Gewölbe 1937 bauen. Wir haben Geschäftsführer Andreas Brensing in dem Keller getroffen.
Köln – Bis vor wenigen Monaten war es noch ein Aufzug von 1937, der Besucher hinunter brachte in das Reich des Cornelius Stüssgen. 1937 war das Jahr, in dem der Handelsunternehmer unterhalb seiner Braunsfelder Firmenzentrale endlich seinen Weinkeller fertiggestellt hatte.
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Ein Blick hinter die Kulissen großer Lager, die ansonsten nicht für die Öffentlichkeit zugänglich sind, zeigt, wie die Versorgung mit Gütern und Dingen des täglichen Lebens in verschiedenen Branchen organisiert wird. Dazu gehört auch, nach welchem System Lager funktionieren und welche Herausforderungen die Arbeit dort mit sich bringt.
Rund 100 Meter lang und 26 Meter breit war das Ziegelstein-Gewölbe in elf Metern Tiefe, in dem er Wein aus großen Fässern in Flaschen umfüllen ließ, die wiederum in seine vielen Lebensmittelläden wanderten. Dass dort permanent Waren gewogen, abgemessen und verpackt wurden, war Stüssgen ein Dorn im Auge. Deswegen ließ er an der Stolberger Straße großzügig vorverpacken beziehungsweise abfüllen. In dieser Hinsicht war der gebürtige Dormagener Pionier.
Doch der Bau des riesigen Weinkellers dauerte länger als erwartet, unter anderem, weil es Stüssgen mit der Wirtschaftskrise zu tun bekam.
Weinabfüllung wurde zum Fachhandel
Die großen Fässer sind verschwunden, auch der historische Aufzug musste aus Altersgründen durch einen modernen ersetzt werden. Doch der Wein und seine großzügig gewölbte Umgebung sind geblieben. Der Rewe-Konzern, der das Unternehmen Stüssgen in den 1980er Jahren übernahm, verwandelte die Weinabfüllung in einen Fachhandel.
Etwa 3500 verschiedene Weine aus der ganzen Welt lagern im „Kölner Weinkeller“, nimmt man ein angrenzendes Lager hinzu, sind hier rund 500 000 Flaschen zu Hause.
„Wir haben viele Weine, von denen es wenig gibt“, sagt Geschäftsführer Andreas Brensing. Der studierte Germanist und Philosoph kann zu jeder Weinlage eine spannende Geschichte erzählen und stellt erst einmal klar, dass nicht jeder Jahrgang gleich gut oder schlecht ist. „2014 war in Bordeaux ein mittelgroßes Jahr, 2015 ein großes Jahr. Im spanischen Weinbaugebiet Rioja war es genau umgekehrt.“ Beim Wein ist es also wie sonst auch: Es kommt darauf an. „Wenn Wein einfach wären, wäre er auch langweilig“, sagt Andreas Brensing.
Schatzkammer für rare Tropfen
In seinem Groß-Keller werden vor allem Tröpfchen jüngeren Datums angeboten, der Preis pro Flasche liegt in der Regel zwischen neun und 25 Euro. Für den Raum hinter der schmiedeeisernen Tür am Ende des Gewölbes gelten diese Angaben aber nicht mehr. Hier befindet sich die so genannte Schatzkammer, in der schon Cornelius Stüssgen seine privaten Weine lagerte und besondere Gäste empfing.
Zum 50-jährigen Firmenbestehen im Jahr 1947 bestückte er das Séparée mit der Front eines Fasses, die der Bildhauer Ewald Mataré gestaltet hatte. „Gott gab uns den Wein zur Freude“ lautet die Inschrift. Außerdem ist ein Weinbauer beim Pflanzen einer Weinrebe zu sehen, während auf einem Berg die Arche Noah liegt. „Das war ein Zeichen des Neuanfangs nach dem Krieg“, sagt Andreas Brensing: „In Köln stand ja noch nicht viel.“
Der Krieg machte auch vor Stüssgens Weinkeller nicht Halt, dessen Ziegelsteingewölbe in einen viereckigen Kellerbau aus Stahlbetonträgern eingefügt worden war. „Die Braunsfelder haben hier vor den Bomben Schutz gesucht“, so Brensing: „Einmal ist hier auch ein Blindgänger reingerauscht.“
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Was in der Schatzkammer lagert, ist nach wie vor nicht für die breite Öffentlichkeit bestimmt. „Hier gibt es Weine, die man nur kaufen kann, wenn man lange Kunde ist“, erklärt Andreas Brensing und zieht einen Roten aus der Weinlage Bonnes-Mares im französischen Burgund aus einem vergitterten Regal. „Davon kriege ich nur zwei bis drei Flaschen pro Jahr.“
Preis pro Flasche: rund 690 Euro. Mit 850 Euro noch ein wenig kostspieliger sind die 500 Milliliter südfranzösischen „Rivesaltes“, Jahrgang 1914. Ein großes und rares Tröpfchen, sagt Brensing, hätten wegen des Ersten Weltkrieges doch nicht viele Menschen zur Ernte zur Verfügung gestanden. Über sein Geburtsjahr 1966 ist der Geschäftsführer in weintechnischer Hinsicht nur mäßig begeistert: „Immerhin war er unter den schrecklichen 1960er Jahren einer der wenigen Guten.“
Zwischen 18 und 19 Grad kühl ist es im Braunsfelder Untergrund - die richtige Temperatur, damit es den mehr oder weniger teuren Tröpfchen gut geht. Tageslicht dringt nicht in Kölns größten Weinkeller. Der Klimawandel hingegen schon. „Dadurch, dass die Winter nicht mehr so kalt sind, steigt die Temperatur im Sommer um ein halbes Grad“, erklärt Andreas Brensing. Noch allerdings sei eine Klimaanlage nicht notwendig.