Beschwerden über Kot und LärmNach den Nilgänsen erobern auch die Kanadagänse Köln
- Nach den Nilgänsen sind nun viele Vögel aus Nordamerika in der Stadt.
- Die Kanadagänse breiten sich immer weiter aus. Und mit ihnen häufen sich auch Beschwerden von Kölnern über Kot und Lärm.
- Experten und Stadt sind sich uneinig, wie mit dem Problem umgegangen werden soll.
Köln – „Die Stockenten und zwei Graureiher haben sie schon vertrieben“, erzählt eine Anwohnerin des Parks am Theodor-Heuss-Ring. Und: Sie koten alles voll und machen einen Riesenlärm. Auch am Mediapark sind die Tiere auffällig. Ihr Gezeter erklingt vor allem, wenn es morgens hell wird. Und immer mal wieder jagen sie sich lautstark über den Teich.
Kanadagänse – das sind die mit dem weißen Kehlfleck – und Nilgänse – sie haben einen auffälligen Ring– sind längst in den städtischen Bereich vorgedrungen. Es gibt sie am Aachener Weiher, am Rautenstrauchkanal, überall dort, wo Wasser ist. Bei den einen sind sie beliebt, den anderen sind sie suspekt. In diesen Tagen freuen sich vor allem Kinder über den niedlichen Gänse-Nachwuchs. Im Volksgarten haben Anwohner einen Kanada-Gänserich, der seine Brut ausgesprochen aggressiv verteidigt, sogar Kinski getauft – nach dem unberechenbaren und etwas unheimlichen Schauspieler.
Politiker fordern „Gänsemanagement“
Die Tiere picken ständig Gras, das Ergebnis sind etwa 40 Kothaufen pro Stunde pro Gans. Die Bezirksvertretung Lindenthal fordert nun von der Stadtverwaltung ein Gänsemanagement. Die Population von Wildgänsen sei zu groß, der Kot verunreinige Sport- und Grünanlagen und Spielplätze. Ein Vorbild könnte Düsseldorf mit seinem Gelegemanagement sein; dabei wird Brutpaaren ein Teil ihrer Eier weggenommen.
Gefühlt findet die Diskussion um die Wildgänse jedes Frühjahr statt – und gefühlt gibt es in der Stadt immer mehr dieser Sommergäste, deren Namen schon zeigen, dass sie ursprünglich aus ganz anderen Weltgegenden kommen. Sie wurden einst als Ziergeflügel importiert und in Parks oder Gärten angesiedelt. Einige Tiere entwichen und vermehren sich nun gern in der Stadt, denn hier haben sie keine Feinde, außer ein paar Füchsen. Vor Menschen haben sie keine Angst.
Niemand weiß, wie viele Gänse es wirklich sind
Manfred Kaune, Leiter des Grünflächenamtes, sagt allerdings: „In diesem Frühjahr gibt es so gut wie keine Beschwerden aus der Bevölkerung über die Gänse.“ Ebenso wie im vergangenen Jahr. 2018 allerdings habe es sehr große Probleme gegeben, vor allem im Brunnengarten im Rheinpark. „Dort war der Kot tatsächlich zu einem hygienischen Problem geworden, weil dort auch viele Kinder barfuß spielen.“ Damals und auch jetzt wurden hier mobile Sichtschutzwände aufgestellt. Die Gänse, die einen freien Blick lieben, zogen sich zurück. „Wir werden uns aber natürlich auch einmal die Düsseldorfer Praxis ansehen.“ Davor muss aber ein Genehmigungsprozess stattfinden – unter anderem muss der Tierschutzbeirat des Landes gehört werden.
Achim Kemper, Ornithologe beim Naturschutzbund Nabu in Köln, sagt: „Es gibt keine Zahlengrundlage für diese Diskussion.“ Niemand wisse genau, wie groß die Population tatsächlich ist, wie viele Brutpaare es gibt. Nach seiner Schätzung und Hochrechnung gibt es in Köln zur Zeit 370 bis 830 Kanadagänse (davon 65 bis 150 Brutpaare) und 90 bis 170 Nilgänse (43 bis 80 Brutpaare). Im Übrigen müsse man akzeptieren, dass Gänse dahin kommen, wo es Wasser und Grün gibt. Ob sie wirklich andere Arten verdrängen, stehe nicht fest. Nach einer Studie in Hessen scheint das nicht der Fall zu sein.
Gänse verschmähen Blumenwiesen
Was also ist zu tun, damit Stadtmenschen und Wildgänse miteinander auskommen? Wie soll die Population kontrolliert werden? In NRW dürfen die Gänse gejagt werden, was auch jedes Jahr passiert. Allerdings kann das natürlich nicht in dicht besiedelten Gebieten passieren. Und auch die Akzeptanz in der Bevölkerung wäre wohl nicht gegeben. Und die Gänse kompensieren die Verluste in der Regel mit noch mehr Nachkommen.
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Innerstädtische Grünflächen könnten so gestaltet werden, dass sie für Kanada- und Nilgans nicht mehr so attraktiv sind, schlägt Kemper vor. Sie mögen zum Beispiel keine Blumenwiesen oder langes Gras. Auch Gänsezäune wie im Rheinpark sind der richtige Weg. Und der Einsatz von kräftigen Höckerschwänen als Konkurrenz auf der Wasserfläche – mit denen verstehen sich Gänse nicht gut.
Achim Kemper hält auch das Wegnehmen von Eiern nach dem Düsseldorfer Modell für sinnvoll. „Aber nicht alle auf einmal, sonst wird sofort nachgelegt.“ Vor allem aber sollten die Tiere nicht gefüttert werden. Auch wenn der Kinski-Nachwuchs noch so niedlich ist.