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Gefälschte MassenwareKölner Zoll warnt vor Billigimitaten aus dem Internet – Kunden sind oft Kinder

Lesezeit 4 Minuten
Jens Ahland vom Hauptzollamt Köln zeigt gefälschte Rasierklingen und einen nachgemachten Playstation-Controller.

Jens Ahland vom Hauptzollamt Köln mit gefälschten Rasierklingen und einem nachgemachten Playstation-Controller

Produktpiraten fälschen inzwischen alles, was Profit bringt – auch Massenware wie Waschmittel, Zahnbürsten und Kondome.

Ein blaues Lacoste-Polohemd für gerade mal 18 Euro? Ein Thomas-Müller-Auswärtstrikot von Bayern München samt Hose für 22,60 Euro? Klingt zu schön, um wahr zu sein. Das Polo kostet regulär eher um die 90 Euro, das Trikot samt Hose mehr als 100. Aber auf einer Online-Verkaufsplattform, die zurzeit auf Tiktok massiv beworben wird, werden unter anderem angebliche Markenartikel aus China für teils haarsträubend günstige Preise angeboten.

Vor allem bei Jugendlichen steht die Plattform hoch im Kurs. Das kriegt auch der deutsche Zoll zu spüren. „Wir haben hier fast täglich Eltern mit ihren Kindern stehen, denen wir dann leider sagen müssen, dass das Produkt gefälscht ist und wir es vernichten müssen“, sagt Jens Ahland vom Hauptzollamt Köln. Und so landen Kleidung, Make-up-Produkte, Spielzeug oder Merchandise-Artikel von Comics und Filmen tonnenweise in der Müllverbrennung.

Sieben Prozent aller Waren in der EU sind Fake-Produkte

Nach Ahlands Erfahrung kauften viele Minderjährige über das Paypal-Konto ihrer Eltern bei dem Online-Händler ein, oft ohne deren Wissen. Dabei sei so manches, was auf der Plattform angeboten werde, „nichts als sehr schlecht gefälschte Ware“, sagt Ahland.

Es sind längst nicht mehr nur Luxusgüter wie Uhren, Handtaschen oder Sonnenbrillen, die imitiert werden. Nachgemacht wird inzwischen alles, was Profit bringt. Auch Massenware und tägliche Gebrauchsgegenstände wie Zahnbürstenköpfe, Batterien, Flüssigwaschmittel oder Kondome.

Im Zollamt Köln-West in Marsdorf präsentiert Jens Ahland eine kleine Auswahl von Produkten, die seine Kollegen aus dem Verkehr gefischt haben, weil sie zwar aufgemacht sind wie das Original, in Wahrheit aber Imitate sind. Ein Hornhauthobel zum Beispiel. Oder ein Playstation-Controller. „Wir hatten auch schon Bremsbeläge, LED-Glühbirnen und Kugellager für Kleinflugzeuge“, erzählt Ahland.

Gefälschte Produkte, darunter ein Playstation-Controller, ein Hornhauthobel und Rasierklingen

Gefälschte Produkte, darunter ein Playstation-Controller, ein Hornhauthobel und Rasierklingen

Einer gemeinsamen Studie des Amtes der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) und der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) zufolge machen gefälschte Produkte inzwischen sieben Prozent der Einfuhren in die Europäische Union im Wert von 121 Milliarden Euro aus. Betroffen ist jeder Wirtschaftszweig, von Kosmetika und Spielzeug über Weine und Getränke, Elektronik und Bekleidung bis hin zu Pestiziden und pharmazeutischen Erzeugnissen.

Aufgabe des Zolls ist es zu verhindern, dass Imitate in die EU gelangen. Die Behörde agiert dabei im Auftrag der Rechteinhaber. „Der Zoll wendet sich an uns und schickt oft Fotos der angehaltenen Ware. Darauf erkennt man dann meistens schon sehr gut, ob es sich um eine Fälschung handelt. Und falls ja, werden die Produkte vernichtet“, sagt Fachanwalt Thomas Schulte-Beckhausen von der Kölner Kanzlei Loschelder. Schulte-Beckhausens Mandant ist ein weltweit bekannter Luxushersteller.

Die Verkäufer sitzen meistens in China, an die kommen Sie schwer ran
Fachanwalt Thomas Schulte-Beckhausen

Die meisten Fake-Produkte kommen aus dem asiatischen Raum und der Türkei. Die Händler juristisch belangen zu wollen, ist oft vergebliche Mühe. „Die Verkäufer sitzen meistens in China, an die kommen Sie schwer ran“, sagt Schulte-Beckhausen. Die Käufer machen sich in der Regel nur dann strafbar, wenn sie die Ware nicht für den Eigenbedarf nutzen, sondern weiterverkaufen wollen.

Markenschutz ist das eine. Aber Billigimitate schädigen nicht nur die Wirtschaft und gefährden hierzulande Arbeitsplätze, sondern unter Umständen auch die Gesundheit. „Wir hatten schon nachgemachte Akkus, die explodiert sind“, sagt Jens Ahland vom Zoll. Ein Team der ARD hat zuletzt den Weg eines gefälschten „Kanken“-Rucksacks der Marke Fjällräven von Deutschland bis in eine chinesische Fälscherfabrik in einem Wohnhaus zurückverfolgt – die Arbeitsbedingungen dort waren chaotisch, der Rucksack selbst steckte voller Giftstoffe.

Wer aus Geiz bewusst Billig-Kopien kauft, nimmt das Risiko in Kauf. Laut einer Studie hat mehr als ein Drittel der Deutschen schon mindestens einmal eine Fälschung erworben, die Hälfte war sich dessen vorher bewusst. Doch viele Kunden fallen auch unwissentlich auf Fälscher herein. Der Preis sei immer das beste Warnsignal, sagt Jens Ahland: „Wenn ein vermeintliches Markenprodukt sehr günstig ist, würde ich die Finger davon lassen.“ Zudem empfehle sich immer ein genauer Blick auf das Impressum und die Aufmachung der Verkaufsplattform.

Bitter für diejenigen, die Post vom Zoll bekommen haben, ist nicht nur, dass das bestellte Fake-Produkt einbehalten wird. Es drohen auch weitere Kosten: Der Rechteinhaber der Marke kann dem Kunden im äußersten Fall die Lagerungsgebühren beim Zollamt, die Anwaltsgebühren sowie die Kosten für die Vernichtung in Rechnung stellen.