Zum sechsten Mal ist die Kölnerin Marie Kuster in Israel. Wie es ihr nach dem Hamas-Angriff in Tel Aviv geht, schilderte sie dem „Kölner Stadt-Anzeiger“.
Eindrücke nach dem Hamas-AngriffKölnerin in Tel Aviv: „Man fühlt sich sehr, sehr hilflos“
Marie Kuster ist routiniert, was Reisen durch Israel betrifft: Die Kölnerin ist seit dem 28. September zum sechsten Mal im Land. Sie kennt die Sicherheitsvorkehrungen, hat auch 2014 im Land gemeinsam mit ihrem Mann den gewalttätigen Gaza-Konflikt erlebt. Köster sagt am Sonntag zum „Kölner Stadt-Anzeiger“: „Wir sind so oft hier, wir wissen, was wir zu tun haben. Aber es ist wirklich von null auf hundert eskaliert.“
Kuster führt das Telefonat aus dem Krankenhaus in Tel Aviv, ihre 81-jährige Mutter hat eine Lungenentzündung. Der für Donnerstag angesetzte Rückflug ist fraglich für die Seniorin, sie muss sich erst im Krankenhaus erholen. Solange muss auch Kuster bleiben. Ob ihr Mann und der vierjährige Sohn möglicherweise schon früher fliegen können, klärt die Familie gerade. Am Samstag, dem ersten Tag der Angriffe, hatte Kuster sich noch nicht ins Krankenhaus getraut, am Sonntag nahm sie den Bus, erzählt sie. Sie sagt: „Im Krankenhaus ist meine Mutter am sichersten.“ Über den Samstag sagt Kuster: „Um 7 Uhr kam der erste Alarm, um 10 Uhr war Krieg.“
Studienreise nach Tel Aviv abgesagt
Seit 1979 hat die Stadt Köln eine Städtepartnerschaft mit Tel Aviv, Kuster ist aktives Mitglied des Partnerschaftsvereins, ihr Mann hat Vorfahren im Land. Zu den Beweggründen sagt sie: „Ich liebe die Stadt sehr und wollte die Verbindung stärken.“ Ähnlich äußert sich die Vorsitzende des Vereins, das langjährige frühere SPD-Stadtratsmitglied Monika Möller. Eigentlich wäre am gestrigen Sonntagmorgen ihr Flieger nach Tel Aviv gestartet, der Partnerschaftsverein hatte eine Studienreise für 28 Teilnehmer organisiert, die meisten davon aus Köln.
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Möller sagte die Tour Samstagfrüh ab, nachdem ihre Kontakte sie früh über die Lage vor Ort informiert hatten. In einem Statement teilt der Verein am Samstag mit: „Durch eine lange geplante Bürgerreise, die morgen beginnen sollte, wollten wir die Beziehungen zu unserer Partnerstadt vertiefen. Wir bedauern sehr, dass wir dieses Vorhaben jetzt nicht umsetzen können.“ Und: „Allen Opfern dieses Angriffs gilt unser Mitgefühl. Zu unserer Partnerstadt Tel Aviv-Yafo und dem ganzen Staat Israel stehen wir in tiefer Verbundenheit und Solidarität.“
Schutz im Treppenhaus gesucht
Vor Ort erlebt Marie Kuster momentan, wie der Alltag in Kriegszeiten aussieht: Ihre Familie hält sich im Appartement auf, verfolgt die Anweisungen über die Sicherheits-App auf dem Handy, checkt zudem die Nachrichten der Zeitung „Haaretz“. Einen Luftschutzbunker hat ihr Gebäude nicht. Hören die Kusters also wie am Samstag den Alarm, gehen sie ins Treppenhaus, suchen dort Schutz. Laut Kuster ist ein solcher Alarm in Israel immer mal möglich, „doch dann kam schnell der zweite, wir haben unsere Bekannte kontaktiert und es war schnell klar, dass es schwieriger wird“.
Kuster legt Wert darauf, dass sie nicht unverantwortlich gehandelt habe, weil sie ihre Mutter und ihr Kind mitgenommen habe. „Es war nicht abzusehen, sonst wären wir niemals geflogen.“ Zur Frage, ob sie Angst hat, sagt sie: „Wären mein Kind und meine Mutter nicht, wäre ich relativ entspannt.“ Ein Foto will sie nicht von sich zeigen.
Nach dem Beginn der Angriffe hat sich Familie Kuster beim Auswärtigen Amt registriert. Zu Hause im Appartement in Tel Aviv versuchen die Eltern, den Sohn so gut es geht zu beschäftigen. Kuster sagt: „Man fühlt sich sehr, sehr hilflos.“