AboAbonnieren

Kölnmesse richtet Deutschen Pavillon ausKölner Campus mitten in der Wüste

Lesezeit 5 Minuten
Neuer Inhalt (10)

So könnte der Pavillon im Herbst aussehen.

Köln – Ein bisschen aufgeregt ist das Expo-Team der Kölnmesse schon. Kein Wunder, schließlich ist es für Bau und Organisation des Deutschen Pavillons auf der Weltausstellung in Dubai verantwortlich, und die beginnt schon in dreieinhalb Monaten. Es gibt noch einiges zu tun: Zwar steht der Pavillon bereits, aber es müssen die Exponate platziert, der Innenausbau vorangetrieben, 180 Mitarbeiter wie Hostessen, Fahrer und Haustechniker geschult und das Bühnenprogramm zusammengestellt werden. Der Druck ist groß: „Immerhin repräsentieren wir Deutschland gegenüber geschätzt drei Millionen Menschen, die im Pavillon erwartet werden“, sagte der Direktor des Deutschen Pavillons, Sebastian Rosito.

Auf der Weltausstellung stellen sich 192 Länder unter dem Thema „Connecting Minds, Creating the Future“ vor. Es geht es um die großen Zukunftsthemen: Mobilität, Nachhaltigkeit und Chancen. Die Kölnmesse hatte 2016 den Zuschlag vom Bundeswirtschaftsministerium erhalten, den Deutschen Bau zu gestalten. Grund dafür dürfte sein, dass die Kölner einiges an Expo-Erfahrung mitbringen: Bereits vor zehn Jahren habe man das Konzept für den Pavillon auf der Expo in Shanghai präsentiert, sagte Denis Steker, Geschäftsbereichsleiter International bei der Messe. Auch in Vancouver, Sevilla, Lissabon sowie im japanischen Aichi waren die Kölner in der Vergangenheit zum Zuge gekommen.

Ausstellung in Dubai

Nun also Dubai. Der Deutsche Pavillon widmet sich auf 4700 Quadratmetern dem Thema Nachhaltigkeit. Das Gebäude liegt prominent am Hauptweg der Expo in Sichtweite des zentralen Al-Wasl-Platzes, auf dem sich auch der Pavillon der Gastgeber befindet, der von Stararchitekt Santiago Calatrava entworfen wurde. Der Pavillon des Berliner Architektenbüros Lava soll an ein Campus-Gelände erinnern, das sich aber 27 Meter in die Höhe zieht. Unter einer Gebäudehülle liegen mehrere kubusförmige Räume, in denen Exponate zu sehen sind. Herzstück des Pavillons ist das offene, transparente und teils aus dem Bau ragende Atrium, in dem unter anderem Plätze zum Verweilen, ein Restaurant (Angerer & Obermayr) und eine Bühne untergebracht sind. Digitale Technik sorgt dafür, dass die Exponate mit den Besuchern in drei Sprachen kommunizieren, in Deutsch, Englisch und Arabisch.

Neuer Inhalt (9)

So sah der Bau im März aus.

Der Rundgang, der vom 1. Oktober bis zum 31. März zu sehen ist, ist einem Studium nachempfunden. Den Besuchern wird in einer Einführungsveranstaltung das Anthropozän, das Zeitalter der Menschen, vorgestellt. „Alles, was Menschen machen, hat Auswirkungen auf die Umwelt“, sagt Rosito. Die Menschen hätten daher die Chance, das Leben auf der Erde zum Guten oder zum Schlechten zu wenden. Im zweiten Raum, der Welcome Hall, erwartet die Gäste eine Überraschung: Hier haben die Macher ein Bällebad mit 155.000 digitalen gelben Kugeln errichtet, die als Informationsträger fungieren. Jeder dieser Bälle stellt deutsche Erfinder oder Menschen vor, die sich für die Umwelt engagieren. Andere erzählen Geschichten oder Fakten zum Thema Nachhaltigkeit.

Neuer Inhalt (4)

Das Organisationsteam der Kölnmesse

Anschließend kommen die Besucher zum Hauptteil der Ausstellung, den verschiedenen Laboratorien (Labs), in denen sich alles um die Umwelt dreht. Im Energy-Lab werden Ideen vorgestellt, wie klimafreundlicher Strom künftig erzeugt, gespeichert und transportiert werden kann. Für die Entwicklung einer Keramik, die Strom verlustfrei bei minus 206 Grad Celsius transportiert, erhielten zwei deutsche Physiker 1987 den Nobelpreis. Mit der Weiterentwicklung und dem Beweis der Praxistauglichkeit ebnet das Exponat Ampa-City des Unternehmens Eon den Weg für eine Technologie für die Energieübertragung in künftigen Energienetzen.

Neuer Inhalt (4)

Innen wird eine Campus-Landschaft nachgebaut.

Im Future-City-Lab geht es um nachhaltig errichtete Stadtviertel, Logistik und Transportmittel. Der Siebensitzer Lilium-Jet etwa zeigt die Vision von nachhaltigen und leicht zugänglichen regionalen Verkehrsdienstleistungen im Hochgeschwindigkeitsbereich. Der elektronische Jet startet und landet senkrecht und kombiniert geräuscharmes Fliegen mit starker Kapazität und hoher Leistungsfähigkeit. Im Biodiversity-Lab werden Ideen präsentiert, wie man die Artenvielfalt erhalten kann. Von geschätzten zehn Millionen Arten, die es auf der Erde gibt, sind nur zwei Millionen beschrieben worden. Die Taxamap, erstellt von Marin Freiberg vom Deutsches Zentrum für integrative Biodiversitätsforschung und der Universität Leipzig, zeigt alle heute bekannten landlebenden Arten. Zu den Höhepunkten der Schau gehört für Rosito ein Mobile aus Bildschirmen, dass in diesem Raum aufgebaut wird. Schließlich erwartet die Gäste in der Graduation Hall eine 360-Grad-Bildschirm-Show mit Filmen, Tönen und Musik. Die Besucher können zur Show auf Schaukeln Platz nehmen, die Schaukeln funktionieren aber nur, wenn die meisten mitmachen. „50 Menschen, die zusammen schaukeln und die Show genießen – das wird der Knaller“, sagt Rosito.

Pandemie bremste Bauarbeiten

Eigentlich hätte die Ausstellung bereits im vergangenen Jahr stattfinden sollen. Doch die Corona-Pandemie machte den Organisatoren einen Strich durch die Rechnung. So mussten die laufenden Bauarbeiten heruntergefahren werden, Verträge mit Firmen verlängert oder erneuert werden und die Exponate eingelagert werden. Bei einigen Installationen habe eine sachgemäße Einlagerung bei stabiler Temperatur gereicht, andere mussten bewegt und genutzt werden. Vor der Verschiffung wurden dann alle Exponate samt Medientechnik erneut getestet und schließlich verpackt, teilte Marco Hückel von facts & fiction mit. Auch für zwei Drittel der bereits akquirierten Mitarbeiter, die abgesprungen seien, musste Ersatz gesorgt werden, so Rosito.

Das könnte Sie auch interessieren:

In diesem Jahr liefen daher die Arbeiten auf Hochtouren: Im Februar des Jahres wurde der Bau fertig: Im Schnitt waren täglich 166 Bauarbeiter auf der Baustelle und errichteten unter der Leitung der Baufirma Nüssli Adunic in rund 472.000 Arbeitsstunden den Pavillon. Mitte April trafen die Exponate und die notwendige Medientechnik beim Deutschen Pavillon in Dubai ein. Insgesamt wurden zwölf 40-Fuß-Container, drei 20-Fuß-Container sowie mehrere Einzelsendungen ausgepackt. Dass es vielleicht nicht sehr nachhaltig ist, wenn Millionen Menschen zu einer Ausstellung fliegen, sieht Steker nicht. Schließlich habe man bei der Expo in einem Rundgang viele Länder kennenzulernen. „Letztlich geht es um Völkerverständigung, ein Thema, das nie aktueller als heute war.“