AboAbonnieren

Kommentar zum GereonsplatzKölns Freiheit ist bedroht

Lesezeit 3 Minuten
gerlingquartier

  1. Auf dem Gereonshof im Gerling-Quartier dürfen sich Passanten nicht aufhalten.
  2. Mitarbeiter eines privaten Sicherheitsdienstes verscheuchen Besucher.
  3. Das aber bedroht nicht nur die Freiheit der Bürger in Köln, sondern noch mehr mehr. Ein Kommentar.

Städte sind für alle da. Für Reiche wie für Arme, hier gibt es Millionäre und Bettler, Studenten und Arbeiter, alteingesessene Traditionsfamilien mit großem Grundbesitz genauso wie Familien mit Kindern, die in die Stadt ziehen und Mühe haben, eine bezahlbare Wohnung zu finden.

Das war schon zur Römerzeit so. Und bereits im Mittelalter gab es in einer Stadt wie Köln Viertel, in denen vor allem das gut situierte Bürgertum zu Hause war – und es gab solche, in denen es eher einfach zuging. Die Adresse, das Umfeld, der Stadtteil waren – und sind es bis heute – Statussymbol und Distinktionsmerkmal.

Die Stadtmauer jedoch umfing die ganze Stadt. Und schützte Reiche wie Arme gemeinsam. Zwischen den einzelnen Vierteln gab es keine Mauern, bis heute nicht: Wer Lust hat, über die Straßen in der Marienburg zu spazieren, kann das genauso tun wie in Zollstock oder in Chorweiler. Genau diese Freiheit ist es, die eine Stadt ausmacht.

Das könnte Sie auch interessieren:

Doch nicht nur die Freiheit, sondern auch die Vielfalt ist bedroht, wenn in einer Stadt immer mehr Zäune aufgestellt werden, reale wie unsichtbare. Wer, wie am Gereonshof im Kölner Gerling-Areal, Passanten nur noch auf einem schmalen Band über einen Platz schleust und sie ansonsten verscheuchen lässt, gefährdet das Ideal der europäischen Stadt, in der der öffentliche Raum eben allen zugänglich ist. Und zwar unabhängig vom Inhalt des Geldbeutels und der persönlichen Wohnadresse.

Es spricht dabei gar nichts gegen das Modell, eine ehemalige Konzernzentrale in ein hochpreisiges Wohnviertel umzuwandeln. Für das Gerling-Areal, das trotz der gewöhnungsbedürftigen Architektursprache mit ihren deutlichen Anleihen an den Monumentalstil der Nationalsozialisten eine Art Gesamtkunstwerk ist – zumal ein in großen Teilen erhaltenes – war die Konversion der Schlüssel für den Weiterbestand.

Der öffentliche Raum muss frei erlebbar bleiben

Doch selbst wenn es nicht um ein Denkmal der Architektur- und Stadtgeschichte ginge, sondern nur um einen ganz normalen Investorenbau: Der öffentliche Raum, der über Jahrzehnte frei zugänglich war – und dazu zählte eben auch der gesamte Gereonshof – muss weiterhin frei erlebbar bleiben. Auch all diejenigen, die der Platz nicht – wie von Ex-OB Jürgen Roters erhofft – an die Piazza Navona erinnert und die sich vielleicht auch gar nicht lange an den von Hitlers Lieblingsbildhauer Arno Breker gestalteten Brunnen ergehen möchten, müssen sich dort aufhalten dürfen.

Das sieht inzwischen auch die Oberbürgermeisterin so, wenn sie sagt, dass die jetzige Situation „nicht hinnehmbar“ sei. Allerdings war es möglicherweise die von ihr heute geführte Verwaltung, die den Investoren viel weiter gehende Rechte einräumte, als seinerzeit von der Politik beschlossen. Hier gibt es großen Aufklärungsbedarf.

Schon jetzt aber muss der Gereonshof eine deutliche Mahnung sein, derartige Eingriffe in das innere Gefüge der Stadt, wie es sich seit Jahrhunderten bewährt hat, nicht zuzulassen.