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Kommentar

Betroffene berichtet
Die Schulplatzvergabe in Köln ist für Familien ein unwürdiges Spiel

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Lesezeit 3 Minuten
24.02.2025 Köln. Das Dreikönigsgymnasium. Die Schule war während der Sanierung von 2022-2024 in einem Provisorium aus Container untergebracht. Foto: Alexander Schwaiger

Das Dreikönigsgymnasium in Köln-Bilderstöckchen ist saniert´und erweitert worden. 

Viele Viertklässler sind nicht an einer weiterführenden Schule angenommen worden. Die Stadt sagt nicht, wie viele Plätze genau noch frei sind.

Sollte Ihnen in den nächsten Tagen eine verdächtige Person auffallen, die sich in der Nähe von Gymnasien herumdrückt - das könnte ich sein. Denn ich brauche einen Schulplatz für mein Kind und die Stadt Köln hat das als so eine Art Strategie-Spiel inszeniert. Die Spielregeln gehen so: Es gibt nicht genug Schulplätze im Viertel. Und gewinnen können nur die mit den stärksten Nerven.

Erste Runde: Taktik. Der Tag der offenen Tür am Wunschgymnasium war total überlaufen. Im Nachbarviertel war die Lage entspannter – aber dort gab es schon im Vorjahr nicht genug Plätze. Jetzt gilt es, eine Entscheidung zu treffen. Wie werden die anderen Eltern reagieren? Stürzen sich alle auf das top-sanierte Gebäude oder geben Sie vielleicht doch der Neueröffnung eine Chance?

Nun wird gelost. Wer dabei einen Schulplatz gewinnt, kann sich entspannen und ist raus. Die anderen spielen noch eine weitere Runde. Und damit es auch weiter spannend bleibt, hat die Stadt Köln sich einen besonderen Clou ausgedacht: Sie verrät zwar, an welcher Schule es noch freie Plätze gibt. Aber nicht wie viele! Fies, oder?

Also ist detektivisches Geschick gefragt. Denn wer das trotzdem herausbekommt, ist klar im Vorteil: Schließlich möchte man sich und dem Kind eine weitere Enttäuschung ersparen. Und lieber an einer Schule mit 30 freien Plätzen anmelden als an einer mit drei. Und jetzt wissen Sie auch, was ich gerade mit dunkler Sonnenbrille vor Kölner Gymnasien mache: verdeckt ermitteln.

Schulplätze in Köln: Gewinnen können nur die mit den stärksten Nerven

Wenn die Absage im Briefkasten liegt, hängen sich verzweifelte Eltern wie ich natürlich erstmal sofort ans Telefon und schreiben tränenreiche Mails. Nette Schulen haben dann Mitleid und verraten unter der Hand (und gegen die Spielregeln der Stadt Köln), wie viele freie Plätze es noch gibt. Das können Sie dann auch in dieser Zeitung nachlesen.

Bei anderen ist der Schwierigkeitsgrad höher und nur für Fortgeschrittene zu knacken: Kein Wort dringt nach außen - egal, ob die Eltern mit Kuchen kommen, mit Geldscheinen wedeln oder einen Zusammenbruch vor dem Sekretariat inszenieren. Selbst niedliche Viertklässler mit großen, traurigen Augen helfen in dieser Phase des Spiels nicht unbedingt weiter.

Und so kommt es, dass aus den netten Eltern der Klassenkameraden plötzlich Konkurrenten im Kampf um die letzten Schulplätze werden. Wer jetzt seine Karten offen auf den Tisch legt, könnte schließlich auch noch in der zweiten Runde verlieren.

Dieses Verfahren bringt das Schlechteste im Menschen hervor. Es hinterlässt traurige Kinder, nervöse Eltern und überlastete Schul-Sekretariate, bei denen das Telefon nicht mehr still steht und die Postfächer überquellen. Liebe Stadt Köln: Das ist ein unwürdiges Spiel.