Der Kölner Kabarettist Rainald Grebe spielt im Gloria Theater ein Abschiedskonzert ohne sein einstiges Markenzeichen.
„Elvis habe ich überlebt“Rainald Grebe und die Kapelle der Versöhnung feiern den Irrsinn des Lebens
Im Gloria ist es voll, die alternative Mittelschicht besetzt in bunten Shirts und Bier in der Hand den Saal und wartet gespannt. Der Abend soll schließlich ein Abschied sein. Den „Indianerschmuck“ hat Rainald Grebe vor einiger Zeit schon abgelegt und „Brandenburg“ ist kein Song aus seinem Repertoire mehr. Wie wird er also sein, ein Abschied vom Bekannten, wenn diese Markenzeichen fehlen?
Das Licht geht aus und die Kapelle betritt die Bühne. Grebe beginnt den Abend in weißem Hemd, Adidashose und einem Witz auf eigene Kosten. „Ich freue mich hier in Köln zu sein, in Düsseldorf habe ich meinen ersten Schlaganfall gehabt.“
Sie stimmen eine Ballade von Theodor Fontane an, eine Würdigung des verstorbenen Steuermannes John Maynard. Die Parallele ist unübersehbar, denn der Trommler der Band, Martin Brauer, ist 2021 vor seinem 50. Geburtstag überraschend verstorben. Der Abend, die Tour, ist eine Hommage an ihren Bandkollegen.
Schmerzvoller Abschied zwischen Klamauk und Gesellschaftskritik
Ob ein Abschied von ihm ein Abschied für sie als Gruppe sein wird, lassen sie offen. Auch Rainald Grebe stand vor einem Jahr nicht auf der Bühne, sondern lag in der Klinik. Dem Schlaganfall in Düsseldorf folgten zehn weitere, denn der Kölner hat eine unheilbare Autoimmunerkrankung. Dass er heute mit der Kapelle auftritt, um Martin Brauer zu verabschieden, ist beeindruckend.
Auch wenn Krankheit und Tod unübersehbar mit auf der Bühne stehen, die Lust an der Albernheit ist geblieben. Zwischendurch werden Fotos auf der Leinwand gezeigt. „Erkenne die Stadt anhand des Hotelzimmerteppichs“, fordert Grebe einen Kollegen im Off auf. Ist das nun ein kabarettistisches Konzert oder musikalisches Kabarett?
Nach der Pause verwandelt sich Grebe. Er trägt einen goldenen Kimono und hat den üblichen Federschmuck gegen eine Bartverlängerung ausgetauscht. Er wirft sie über den Kopf und es scheint, als wäre dies immer sein Markenzeichen gewesen. Jetzt werden stimmungsvolle Klassiker gespielt, die Bühnenscheinwerfer strahlen von der Band zum Publikum und wieder zurück. Wechseln von Rot und Gold zu blau und lila. „Das war das 20. Jahrhundert!“, ruft Grebe mit aufgerissenen Augen. Es folgen: „Ich bin der Präsident“ und „Massenkompatibel“.
Kölner Rainald Grebe im Gloria: Rassismus bleibt ein blinder Fleck
Genau wie seine Liedtexte liegen seine Witze, die sich grundsätzlich gegen alles und jeden richten, zwischen Klamauk und Gesellschaftskritik. Das Mittel der Wahl ist oft Ironie. Unpassend sind die Strophen um das N-Wort herum in dem Lied „Ich bin der Präsident“. Es scheint, als bleibt der Rassismus ein blinder Fleck. Das darf nicht sein, auch wenn im Mittelpunkt des Abends der Irrsinn des Lebens und die Freiheiten der Kunst gefeiert werden. „Gefäßfreundliche Kunst“, wie von Grebes Arzt verordnet, hält die Musiker nicht von zahlreichen Zugaben ab. Alle von ihnen, auch Martin Brauer, haben immerhin den King of Rock ’n’ Roll überlebt.