„Größte Sorge vor dem Herbst“Wachsende Existenzsorgen bei Kölner Gastronomen
Köln – Eigentlich könnte es in der Gastronomie-Branche endlich bergauf gehen. Nach über zwei Jahren Pandemie mit monatelangen Schließungen, aufwendigen Hygienemaßnahmen, Umbauten, Impfstatus-Kontrollen, Maskenpflicht, Kontaktnachverfolgung, Beschränkung der Gäste-Anzahl. Der Sommer ist da, die Corona-Einschränkungen in Kneipen und Restaurants sind längst aufgehoben. Alles könnte also wieder gut sein. Könnte.
Doch sind es düstere Aussichten, die Gastronom Daniel Rabe in einem emotionalen Text in den sozialen Medien zeichnet, um auf die Not der Gastronomen aufmerksam zu machen: „Die letzten zweieinhalb Jahre waren schwer genug und es wird leider nicht leichter werden, im Gegenteil.“ Rabe geht davon aus, dass die „ohnehin schon explodierenden Energie- und Lebensmittelpreise“ weiter steigen: „Und zwar drastisch. Lange sind wir von verdoppelten Preisen ausgegangen, mittlerweile ist eine Verdreifachung fast sicher.“
Kölner Gastronom: „Haben größte Sorge vor dem Herbst“
Nur für das Gas in seiner „Bagatelle“ in der Südstadt rechnet der Vorsitzende der Interessengemeinschaft Gastro mit Mehrkosten in Höhe von 45.000 Euro im Jahr. „Das ist auch für einen gut laufenden Betrieb schwer zu stemmen, für erhebliche Teile der Branche wird das jetzt schon wieder existenziell“, so Rabe. Hinzu kämen Lebensmittelpreise, „die in einer Geschwindigkeit steigen, dass es einem schwindelig wird“. Und dann sei da immer noch die Sache mit Corona: Die Gäste seien vorsichtiger geworden, die aktuelle Sommerwelle sorge vermehrt für Stornierungen „und wir haben größte Sorge vor dem Herbst“, bekennt Rabe.
Die gesamte Branche befindet sich nach Worten von Thorsten Hellwig vom Deutschen Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) in einer kniffligen Situation: Nach zwei schwierigen Coronajahren mit „verheerenden Umsatzeinbußen“ kamen der Ukraine-Krieg und die damit verbundenen Preissteigerungen noch oben drauf. Die gestiegenen Kosten für Energie und Lebensmittel bereiteten den Gastronomen aktuell die größten Sorgen.
Dehoga: Preiserhöhungen werden kommen
Dazu kämen weitere Kosten durch deutliche Lohnerhöhungen seit Anfang Mai sowie weiterhin die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie und der Personalmangel – „das wird perspektivisch so bleiben, es ist kein Ende in Sicht“, sagt Hellwig. Daher werde es „in vielen Betrieben zwangsläufig zu Preisanpassungen“ für Speisen und Getränke kommen. „Gastronomen stecken in einem Dilemma, denn die gestiegenen Kosten für Lebensmittel und Energie treffen die Gäste ja auch“, sagt Hellwig. Das Geld sitzt bei den Menschen also nicht mehr so locker.
„Gruber's Restaurant“ im Agnesviertel und die „Kölsch-Kultur“ in Klettenberg sind den Weg der Preiserhöhung – wie viele andere Kölner Gastronomen - bereits gegangen. „Wir mussten handeln, sonst hätten wir unwirtschaftlich gearbeitet“, sagt „Kölsch-Kultur“-Wirt Thomas Mick. „Ich habe jedes einzelne Gericht kalkuliert – je nach Einkaufskosten“, erklärt Mick. Das Wiener Schnitzel mit Pommes und Salat sei um einen Euro teurer geworden und koste nun 14,90 Euro, für ein Hüftsteak zahle der Gast nun 23,90 Euro statt vorher 19,90 Euro. Das Rinderfilet habe man momentan von der Karte gestrichen: „Das Kilo Fleisch ist um elf Euro teurer geworden. Ich hätte fast 40 Euro nehmen müssen, damit es sich gelohnt hätte.“
Kölner Wirt: „Bleibt der Gastronomie treu"
Franz Gruber hat versucht, seine Preise „so human wie möglich“ anzupassen: Die Gerichte seien durchschnittlich ein bis drei Euro erhöht worden. „Anders ging es nicht mehr“, sagt Gruber. Die Mehrheit der Gäste habe verständnisvoll reagiert. Dennoch stellt Mick fest, dass viele Stammkunden seltener kommen, weil sie es sich nicht mehr so häufig leisten könnten essen zu gehen. „Es bleibt spannend, wie Gastronomen mit dieser Situation umgehen werden. Ich rechne damit, dass es ein Kneipen-Sterben geben wird.“
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Genau das versucht Daniel Rabe zu verhindert. Sein Text endet mit einem flammenden Appell: „Bleibt der Gastronomie treu, habt etwas Verständnis für gestiegene Preise und seid lieb zu unseren Kellner*innen – die sind ein rares und schützenswertes Gut.“