Man habe beim Krankenstand vorsichtige Prognosen gemacht, hieß es von der KVB-Spitze. Aber neue Daten zeigen: Die Krankenquote liegt schon lange über dem Plan.
Krankenquote über dem PlanKVB-Spitze wusste seit Sommer von Problemen
Den neuen Stadtbahn-Fahrplan, den der Vorstand der Kölner Verkehrs-Betriebe in der vergangenen Woche vorgestellt hat, wurde bei einer Sondersitzung des Aufsichtsrates am Donnerstag bestätigt und gilt somit ab dem 1. März. Die Vorstandsvorsitzende Stefanie Haaks sagte dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ gegenüber, man werden „mit der Unterstützung des Aufsichtsrates jetzt unseren Stufenplan umsetzen, mit dem wir mehr Fahrplan-Stabilität für unsere Kunden erreichen und unser Fahrpersonal entlasten wollen.“
Aus Daten, die der Vorstand in der Sitzung präsentierte und die auch dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ vorliegen, geht hervor, dass das Problem der erhöhten Krankheitsquote keineswegs neu ist. Seit Juni 2021 liegt die Krankenquote bei Bus- und Bahnfahrern konstant über der planmäßigen Quote von elf Prozent. Mitglieder des Aufsichtsrates zeigten sich mit Blick auf die Zahlen verwundert darüber, dass der Vorstand das Problem nicht deutlich früher kommuniziert und entsprechende Anpassungen des Fahrplans auf den Weg gebracht hat.
Vorstand hätte Krise der Kölner Verkehrs-Betriebe kommen sehen können
Bereits im November 2021 lag die Krankenquote im Stadtbahn-Bereich bei mehr als 15 Prozent, ist dann leicht gesunken und im Februar und März erneut auf mehr als 15 Prozent gestiegen. Nach einem leichten Rückgang im Frühsommer stieg der Krankenstand im Verkehrsunternehmen seit Juni im Bahn- und Busbereich – mit kleinen Abweichungen – konstant an, bis sich die Situation im November 2022 zuspitzte und ein Krankenstand von etwa 20 Prozent bei Bahnfahrern konstatiert werden musste.
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Es folgen chaotische Winterzustände im öffentlichen Nahverkehr, die sich bis in das neue Jahr fortsetzten. Die Erklärung des Vorstandes, man habe bei der Planquote von elf Prozent einen Puffer eingerechnet und somit eher vorsichtig geschätzt, ist mit Blick auf die Daten nicht haltbar. Der Anstieg verlief ähnlich wie der Anstieg des Vorjahres, bloß auf einem höheren Grundniveau.
Für die nun ergriffenen Maßnahmen zeigte man hingegen geschlossen Verständnis, sowohl Politikerinnen und Politiker als auch der Betriebsrat begrüßen den neuen Fahrplan, der das Problem zwar nicht beheben wird, immerhin aber für deutlich mehr Verlässlichkeit sorgen dürfte. Man habe dem Fahrplan „schweren Herzens“ zugestimmt, heißt es von einem Mitglied des Aufsichtsrates, ein anderes spricht von einer „prekären Situation“.
Als prekär kann auch die Personalsituation insgesamt beschrieben werden: Mit mehr als 60 Kündigungen im Jahr 2022 haben fast dreimal so viele Fahrerinnen und Fahrer ihren Vertrag mit der KVB gekündigt als im Vorjahr, auch die Zahl der unterzeichneten Aufhebungsverträge hat sich deutlich erhöht. In den kommenden Jahren rechnet die KVB zudem mit mehr und mehr Fahrerinnen und Fahrern, die ihre Rente antreten, insgesamt 254 bis zum Jahr 2030.
KVB-Spitze stellt Pläne vor, um Personal zu gewinnen und zu halten
Um dem Trend etwas entgegenzusetzen, kündigte der Vorstand am Donnerstag mehrere Projekte an, um Personal zu halten und zu gewinnen. So wird die Fahrschule der KVB von 126 Plätzen im Jahr 2022 auf 173 Plätze im laufenden Jahr erhöht. Bis Jahresmitte sollen zudem kurzfristig 30 Busfahrer, die bereits über einen Führerschein der Klasse D verfügen und somit nach einer kurzen Anlern-Phase schnell einsteigen können, eingestellt werden. Kurzfristig werden auch ehemalige Fahrer rekrutiert, die eigentlich schon in Rente sind – bislang wurden sieben wiedereingestellt. Außerdem investiert das Verkehrsunternehmen nun mehr Geld in die Personalsuche.
Durch die schnelle und mittelfristige Aufstockung soll auch das vorhandene Personal entlastet werden. An Anreizsystemen für Fahrer, die an freien Tagen einspringen, werde derzeit gearbeitet, hat der Aufsichtsrat angekündigt. Dasselbe gilt für eine arbeitnehmerfreundlichere Gestaltung der Dienstpläne. Dabei steht das Unternehmen vor einer Problemspirale, die schwer aufzulösen ist: Je weniger Personal da ist, desto höher die Belastung für das vorhandene Personal. Und desto höher auch die Wahrscheinlichkeit für Unzufriedenheit, Erkrankungen und Kündigungen.
Der Aufsichtsrat will nun gemeinsam mit dem Vorstand den Blick nach vorne richten und begrüßt die Veränderungen, die das Unternehmen auf den Weg gebracht hat. Der Blick nach hinten, der durch die neuen Daten ermöglicht wird, zeigt aber auch, dass der Vorstand um Stefanie Haaks die Probleme viel früher hätte erkennen und benennen müssen.