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Lieblingsorte am DomPlatz für alles, was die Kölner lieben

Lesezeit 3 Minuten
Domschmied Alois Olmscheid (Figur Mitte, mit Hammer und Amboss) wurde von seinen Kollegen aus der Dombauhütte als Konsolenfigur an der Nordseite des Kölner Doms verewigt.

Domschmied Alois Olmscheid (Figur Mitte, mit Hammer und Amboss) wurde von seinen Kollegen aus der Dombauhütte als Konsolenfigur an der Nordseite des Kölner Doms verewigt.

Restaurierungen am Dom sollen heute möglichst originalgetreu sein. Aber manchmal drückt Dombaumeister Peter Füssenich ein Auge zu.

Es heißt, an der mittelalterlichen Fassade des Domchors gebe es eine kleine Figur, mit der sich Meister Gerhard, der erste Dombaumeister im 13. Jahrhundert, selbst verewigt habe. Tatsache oder Legende? Wer weiß das schon! Ganz sicher kann Meister Gerhards 18. namentlich bekannter Nachfolger, Dombaumeister Peter Füssenich, die Handwerkerporträts an der Dachgalerie des Nordquerhauses auf der Bahnhofseite zuordnen.

„Ein Ergebnis schöpferischer Denkmalpflege“, erklärt Füssenich. Dombaumeister Willy Weyres gab den Steinmetzen der Dombauhütte in den 1950er bis 1970er Jahren recht freie Hand bei der Ausbesserung und Erneuerung beschädigter Bauteile am Dom. So finden sich an den Fialen (Ziertürmchen) der Dachgalerie anstelle der üblichen Blattkapitelle auf einmal kleine Figürchen von Handwerkern mit ihren Werkzeugen. Domschmied Alois Olmscheid (1930 bis 2021) ist nicht nur am Hammer in seiner Rechten und an dem Amboss zu erkennen, auf den er den linken Arm aufstützt. „Auch die Gesichtszüge sind ziemlich gut getroffen“, sagt Füssenich. „Ich habe Alois Olmscheid, der von 1955 bis 1993 am Dom war, noch persönlich kennengelernt – und so hat er ausgesehen.“

Dombaumeister Peter Füssenich auf der Gerüstbrücke des Kölner Doms. Rechts im Hintergrund die Ziertürme, an denen sich Darstellungen von Mitarbeitern der Dombauhütte befinden.

Dombaumeister Peter Füssenich auf der Gerüstbrücke des Kölner Doms. Rechts im Hintergrund die Ziertürme, an denen sich Darstellungen von Mitarbeitern der Dombauhütte befinden.

Auf der Bahnhofseite hatte der Dom im Krieg besonders gelitten. Entsprechend viel gab es hier zu tun. Wenn man mit dem Aufzug der Dombauhütte bis zur Gerüstbrücke hochrattert, die auf 45 Meter hinüber unters Dach des Doms führt, sind die Reparaturen der Nachkriegszeit überall zu sehen. „Große Teile der Strebewerke und der Aufbauten wurden hier erneuert“, erklärt Füssenich.

Die damals verwendete Basaltlava hebt sich mit ihrem Dunkelgrau deutlich vom früher verbauten Schlaitdorfer Sandstein ab. „Im Zuge der Reparaturen haben sich die Mitarbeiter mit Billigung von Weyres nicht ganz so streng an die Vorgaben der Gotik oder des 19. Jahrhunderts gehalten, sondern sich an freiere Formen gewagt“, sagt Füssenich. So kamen Tanzmariechen an den Dom, die kess die Röcke heben, und Fußballer des 1. FC. „Alles, was Kölnerinnen und Kölner so lieben, sollte hier Platz finden.“

Dombaumeister Peter Füssenich sitzt auf der Brüstung des Dachumgangs am Nordquerhaus des Kölner Doms. Am Pfeiler hinter ihm Porträtdarstellungen von Mitarbeitern der Dombauhütte

Dombaumeister Peter Füssenich sitzt auf der Brüstung des Dachumgangs am Nordquerhaus des Kölner Doms. Am Pfeiler hinter ihm Porträtdarstellungen von Mitarbeitern der Dombauhütte

Die Gotik und ihr folgend das 19. Jahrhundert verstanden den Kathedralbau als ein vollendetes Abbild der Natur. Daher rührt die Pflanzen-Ornamentik, die das Erscheinungsbild des Doms prägt. „Vor allem das Akanthusblatt ist eine sehr typische gotische Form“, sagt Füssenich. Die Abweichungen des 20. Jahrhunderts sind die große Ausnahme.

Solche Extravaganzen würde er nicht mehr tolerieren? „Heute sind wir ein bisschen strenger und orientieren uns wieder stärker an der ursprünglichen Formensprache.“ Aber manchmal drückt Füssenich dann doch ein Auge zu: Für ein Porträt seiner Vorvorgängerin Barbara Schock-Werner auf der Südseite des Doms, ganz in der Nähe des von ihr initiierten Richter-Fensters, gab Füssenich gerne sein Okay. „Also, die kleinen Ausnahmen bleiben und dürfen sein, sie müssen sogar sein.“ Schließlich mache es den Dom aus, dass alle Generationen an ihm mitbauen und ihre Spuren hinterlassen.

Die Handwerkerporträts am Dom findet Füssenich auf doppelte Weise sprechend. „Wir haben in diesem Jahr an die Wiederbegründung der Dombauhütte vor genau 200 Jahren gedacht. Ohne das Handwerk wäre der Dom ganz sicher verfallen. Und auch heute wäre der Dom ohne die Fähigkeiten und Techniken, die wir in der Dombauhütte von Generation zu Generation weitergeben, nicht zu erhalten.“ Anders gesagt: „Der Dom ohne seine Dombauhütte – das ist unvorstellbar.“


Die Arbeit der Dombauhütte wird seit mehr als 180 Jahren zu großen Teilen finanziert vom „Zentral-Dombau-Verein“ (ZDV). Nähere Informationen finden Sie hier: www.zdv.de