Areal längst gekauftTürkisches Generalkonsulat will zurück nach Köln
- Bereits 2013 hatte der damalige Generalkonsul der Türkei verkündet, dass der türkische Staat ein 5200 Quadratmeter großes Areal an der Stolberger Straße 325 gekauft habe.
- Wenige Meter entfernt, an der Stolberger Straße 317 befindet sich der Dachverband der alevitischen Gemeinden Deutschland.
Braunsfeld – Das türkische Generalkonsulat, bislang an der Luxemburger Straße in Hürth (Rhein-Erft-Kreis) ansässig, will zurück nach Köln. Bereits 2013 hatte der damalige Generalkonsul der Türkei verkündet, dass der türkische Staat ein 5200 Quadratmeter großes Areal an der Stolberger Straße 325 gekauft habe. Spätestens 2016 wolle man umziehen. Geschehen ist bislang noch nichts.
Eine andere wichtige türkische Organisation, der deutschlandweite Hauptsitz des Zentralverbands islamischer Kulturen (VIKZ), zieht jedoch nun an dieselbe Straße, Hausnummer 370. Wenige Meter entfernt, an der Stolberger Straße 317 befindet sich der Dachverband der alevitischen Gemeinden Deutschland. Das künftige Miteinander der Organisationen gleicher Herkunft, aber sehr unterschiedlicher politischer und religiöser Ausrichtung dürfte nicht ganz einfach werden. Zum künftigen Miteinander wollte sich das türkische Generalkonsulat nicht äußern.
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Der Zentralverband islamischer Kulturen und seine Pläne
Der Zentralverband islamischer Kulturen (VIKZ) ist einer der ältesten und größten islamischen Dachverbände Deutschlands und eine Religionsgemeinschaft, die den sunnitischen Islam vertritt. Der Verband hat bislang seinen Hauptsitz an der Vogelsanger Straße in Ehrenfeld. An der Stolberger Straße soll ein 16.000 Quadratmeter großer Neubau, mit Büros und Tagungsräumen, einem Gästehaus, einem Wohnheim für männliche Studenten, einem Multifunktionsraum für Veranstaltungen und einem Gebetsraum für bis zu 900 Menschen entstehen. Der Verband bietet religiöse, soziale und kulturelle Dienste an. Dazu gehören Gebete, Pilgerfahrten, aber auch Hausaufgabenbetreuung oder Nachhilfe für Jugendliche. Zudem bildet er Imane aus – also jene Muslime, die in den Moscheen die Gemeindeleitung übernehmen. Im Frühjahr 2019 soll der Bau beginnen, 2022 möchte der Verband einziehen.
Die Alevitische Gemeinde und ihr Verhältnis zum türkischen Staat
Die alevetische Gemeinde vertritt eine völlig eigenständige Glaubenslehre, die Ähnlichkeiten mit dem schiitischen Islam aufweist. Viele Kurden sind Aleviten. Die Angehörigen dieser Religion erkennen die Mehrheit der für Sunniten geltenden Verbote und Gebote aus dem Koran nicht an. Bereits seit der osmanischen Zeit werden sie in der Türkei unterdrückt. Auch wenn unter Atatürk viele Massaker an Aleviten begangen wurden, unterstützten sie seinen Laizismus. Sie forderten schon immer einen weltlichen Rechtsstaat und die Demokratie – und distanzieren sich stark von der radikalen Auslegung des Korans, den die regierende AKP-Partei unter Erdogan propagiert. In der Türkei geraten sie daher zunehmend unter Druck. Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) warnt vor den Auswirkungen, die dies auch auf das Verhältnis der Religionsgemeinschaften in Deutschland haben kann. „Der Islamisierungskurs von Präsident Recep Tayyip Erdogan kann auch zu Spannungen zwischen Sunniten und Aleviten in unserem Land beitragen“, erklärte der Nahostreferent der GfbV, Kamal Sido. Schließlich hätten die Menschen über Medien Kontakt mit der Türkei und besuchten dort Verwandte. „Bei Demonstrationen türkischer Muslime hört man mittlerweile immer wieder den Ruf »Allahu Akbar«, unter dem Islamisten Minderheiten metzeln“, so Sido. Viele würden sich Sorgen machen.
Das meint die Kölner Politikerin Lale Agkün
Die SPD-Politikerin Lale Akgün hält die räumliche Nähe der Organisationen deswegen für problematisch. „Es wird dadurch vor allem für die alevitische Gemeinde nicht einfacher werden. Das VIKZ ist eine sehr konservative muslimische Organisation und das Generalkonsulat, als Teil des türkischen Staates, transportiert den Islam nach Braunsfeld, den Erdogan predigt“, sagt sie. „Die Aleviten haben in der Türkei unter starken Ausgrenzungen zu leiden.“ Vor einigen Jahren habe man eine Brücke über den Bosporus nach Yavuz Sultan Selim benannt, der in einer Nacht 40 000 Aleviten umgebracht haben soll. Bestenfalls würde man die Aleviten in der Nachbarschaft ignorieren.
Das sagt die Polizei
Die Kölner Polizei hat im Hinblick auf die Sicherheit der Aleviten keine Bedenken. „Wir haben keine Hinweise darauf, dass sich durch den Zuzug des VIKZ und de Generalkonsulats eine Gefahr für die Alevtische Gemeinde ergibt“, sagt Polizeisprecher Christoph Gilles. „Ich kann verstehen, dass es vordergründig so wirkt, als brauche wenn man an einige Demonstrationen in Köln denkt. Herr Erdogan braucht nur mit dem Finger zu schnippen und dann stehen hier 30.000 Leute auf der Deutzer Werft. Umgekehrt kann die PKK jederzeit ebenso viel Menschen mobilisieren.“ Allerdings sei bisher auch immer bekannt gewesen, wo sich das Gebäude der Alevitischen Gemeinde befindet und habe es noch nie Anfeindungen vor Ort gegeben. Nur dadurch, dass andere türkische Institutionen nun räumlich näher an sie heranrücken, würde daran wohl nicht ändern.
Die Stellungnahme der türkischen Organisationen
So weist auch das VIKZ jeglichen Einfluss, den die türkische Politik und künftige Anwesenheit des türkischen Generalkonsulat auf sein Verhalten haben könnte, von sich. „Wir sind seit 40 Jahren in Deutschland beheimatet, nach deutschem Vereinsrecht gegründet und ein völlig unabhängiger Verband“, sagt Pressesprecher Seyfi Ögütlü. „Der VIKZ orientiert sich am deutschen Grundgesetz. Er erhält von keinem Staat finanzielle Unterstützung und steht unter keinem Einfluss irgendwelcher Staaten. Er bildet er seit vielen Jahren seine Imame in Deutschland selbst aus“. Das VIKZ stehe der Gesellschaft und anderen Religionen offen gegenüber stehe. Es pflege einen interkulturellen Austausch mit den christlichen Kirchen und der jüdischen Gemeinde.
Die Alevitische Gemeinde schweigt – vielsagend. Auf ihrer Homepage ist zu lesen, dass ihrer Ansicht nach Sicherheitswarnungen seitens der Bundesregierung für Türkei-Reisende dazu führen, dass Menschen mundtot gemacht würden und sich nicht mehr kritisch zu Erdogan und seiner diktatorischen Politik äußern könnten.